Sicherheits- und Verteidigungspolitik Wie viel Mitsprache hat der Bundestag?
Das Bundesverfassungsgericht beschäftigt sich heute mit den Informationspflichten der Bundesregierung gegenüber dem Parlament. Dabei geht es um Fragen der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik.
Wie viel Mitsprache hat der Bundestag, wenn es um europäische Fragen geht? Wann muss die Bundesregierung das Parlament informieren? Schon öfter musste das Bundesverfassungsgericht über diese Fragen entscheiden. Denn immer wieder wendet sich die Opposition an das höchste deutsche Gericht, wenn sie den Eindruck hat: Die Regierung will das Parlament übergehen.
Diesmal sind es die Grünen und die Linkspartei, die sich in Karlsruhe beschweren. Sie finden, sie hätten informiert werden müssen, als es um die europäische Außen- und Sicherheitspolitik ging. Im Mai 2015 wollte der Rat der EU einen Beschluss über eine Militäroperation fassen. Schleuser im südlichen Mittelmeer sollten bekämpft werden. Das Ganze lief später unter dem Namen "Operation Sophia".
"Es geht um einen institutionellen Konflikt"
Die Bundesregierung hatte für die EU ein Konzept vorbereitet. Nur der Bundestag bekam das Konzept nicht zu lesen - obwohl sich verschiedene Bundestagsabgeordnete immer wieder darum bemühten. Für den Grünen Jürgen Trittin, der auch damals mehr wissen wollte, ist das eine grundsätzliche Frage: "Es geht um einen institutionellen Konflikt. Der institutionelle Konflikt ist: Ist die Außen- und Sicherheitspolitik exklusiv Sache der Bundesregierung? Oder unterliegt sie der Mitkontrolle und der Mitgestaltung des Deutschen Bundestages?"
Auch wenn die Grünen mittlerweile an der Regierung beteiligt sind, muss aus seiner Sicht das Bundesverfassungsgericht trotzdem klären, "dass Informationen, die uns in allen anderen Politikbereichen der EU selbstverständlich und sofort zur Verfügung gestellt werden." Davon könne es in diesen Zeiten der gemeinsamen Außen und Sicherheitspolitik keine Ausnahme für geben, meint Trittin.
Die Bundesregierung beruft sich darauf, dass sie jedenfalls bei der Außenpolitik freie Hand habe. Hier gehe es gerade nicht um Angelegenheiten der EU, bei denen eine Information Pflicht wäre. Sondern hier hätten die Staaten nur als Staatenbund im Rahmen der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik gehandelt.
Inwieweit muss der Bundestag eingebunden werden?
Das Verfassungsgericht verlangte schon in früheren Entscheidungen, dass der Bundestag umfassend und zum frühestmöglichen Zeitpunkt über die Verhandlungslinie der Bundesregierung informiert werden muss - auch bei Themen mit Bezug zum Ausland, etwa als es 2015 um das dritte Hilfspaket für Griechenland ging.
Deswegen sei zu klären, so die Vizepräsidentin des Gerichts, Doris König, ob diese Pflicht zur förmlichen Unterrichtung des Parlaments auch für die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik in der EU gilt. "Weiterhin ist zu prüfen, ob, und wenn ja, welchen Grenzen die Unterrichtungspflicht unterliegt."
Gut möglich, dass das Gericht heute in seinem Urteil genauer beschreiben wird, inwieweit der Bundestag bei der Außenpolitik eingebunden werden muss. Gerade in Zeiten des Krieges gegen die Ukraine könnte das politisch ziemlich wichtig werden.