Bericht über Geheimtreffen AfD-Politiker diskutieren offenbar Vertreibungsplan
AfD-Politiker und ein bekannter Rechtsextremer sollen sich laut "Correctiv" zu einem Geheimtreffen zusammengefunden haben. Ein Thema war offenbar die Vertreibung von Millionen von Menschen aus Deutschland - auch solcher mit deutschem Pass.
Bei einem bislang öffentlich nicht bekannten Treffen sollen AfD-Politiker mit dem österreichischen Rechtsextremisten Martin Sellner und privaten Unterstützern über einen Masterplan beraten haben, der die Vertreibung von Millionen von Menschen aus Deutschland vorsieht. Das berichtet das Medienhaus "Correctiv". Auch zwei CDU-Mitglieder seien demnach zugegen gewesen, Mitglieder der Werteunion.
Eingeladen zu der Zusammenkunft hatte demnach unter anderen der ehemalige Mitbesitzer der Bäckerei-Selbstbedienungskette "Backwerk", Hans Christian Limmer, bislang einer der Eigner der Restaurant-Franchisemarke "Hans im Glück". Das Unternehmen trennte sich inzwischen von Limmer.
Das Rechercheteam von "Correctiv" hat das Treffen vor Ort dokumentiert, das im November in einem Hotel bei Potsdam stattfand. Einige Dokumente wurden "Correctiv" auch von Greenpeace zur Verfügung gestellt.
5.000 Euro für einen "Masterplan"
In einem Einladungsbrief für die Zusammenkunft, der "Correctiv" vorliegt, heißt es: Bei der Veranstaltung werde ein "Strategiekonzept im Sinne eines Masterplans" vorgestellt. Und: Die "Chancen, unser Land wieder auf einen normalen und gesunden Kurs zu bringen", seien "so groß wie nie zuvor". Für die Teilnahme werde eine "Mindestspende von 5.000 Euro" erhoben.
Diese Spende solle deutlich machen, dass "die Sammlung von Unterstützungsmitteln eine Kernaufgabe unserer Runde ist", heißt es in dem von Unternehmer Limmer und dem bekannten Rechtsextremen Gernot Mörig unterschriebenen Brief. In einem weiteren Einladungsschreiben von Mörig heißt es: "Das Gesamtkonzept im Sinne eines Masterplans wird kein Geringerer als Martin Sellner einleitend vorstellen."
Der Rechtsextremist Martin Sellner stand offenbar im Zentrum des Treffens.
Vertreibung von Deutschen?
Mehrere Quellen gaben gegenüber "Correctiv"-Reportern die Aussagen aus der Konferenz wieder. Im Zentrum der Zusammenkunft stand demnach ein von Sellner - dem langjährigen Kopf der "Identitären Bewegung" - vorgetragenes rechtsextremes Konzept, das die AfD offiziell von sich weist: die "Remigration" auch von deutschen Staatsbürgern mit Zuwanderungsgeschichte.
Das beträfe Millionen von Menschen, die aus Deutschland vertrieben werden sollen. Teilnehmer am Treffen erklärten, wie genau sie diese Strategie gemeinsam in die Tat umsetzen wollen, sollte die AfD in Regierungsverantwortung gelangen.
Offenbar Zustimmung von AfD-Politikern
Während des Treffens zeigten sich die anwesenden AfD-Politikerinnen und -Politiker laut "Correctiv" mit dem vorgestellten Konzept einverstanden. So ergänzte der anwesende AfD-Fraktionsvorsitzende Sachsen-Anhalts, Ulrich Siegmund: Man müsse in seinem Bundesland dafür sorgen, dass es "für dieses Klientel möglichst unattraktiv zu leben" werde.
Die AfD-Bundestagsabgeordnete Gerrit Huy sagte, sie verfolge das skizzierte Ziel schon länger und habe bei ihrem Parteieintritt selbst schon ein "Remigrationskonzept mitgebracht".
Einer der Besucher des Treffens war der persönliche Referent von Parteichefin Alice Weidel, Roland Hartwig. Vor allem seine Teilnahme zeigt, dass rechtsextremes Gedankengut bis in die Spitze des Bundesverbandes der Partei hineinragt. Hartwig sagte der "Correctiv"-Recherche zufolge bei dem Treffen zu, die inhaltlichen Pläne des Treffens in die Partei zu tragen.
"Correctiv" konfrontierte viele der Teilnehmer zu ihren beim Treffen getroffenen Aussagen. Gernot Mörig, der sich auf die Fragen hin als "alleiniger Veranstalter" bezeichnete, wies darauf hin, es habe keine Teilnahmebedingung, schon gar nicht in Form einer Spende, gegeben - obwohl es in seiner Einladung anders stand.
Teilnehmer widersprechen
Zu dem besprochenen "Remigrationskonzept" sagte Mörig, er erinnere sich an die Aussagen des Neonazis Sellner anders - denn hätte er sie "bewusst wahrgenommen", so hätte er sicherlich widersprochen. Ähnlich äußert sich der Unternehmer Limmer. Er weist darauf hin, anders als Mörig nicht Organisator und Planer der Veranstaltung gewesen zu sein. Auch würde er "immer widersprechen", wenn jemand "deutsche Staatsangehörige als Staatsbürger zweiter Klasse behandeln wollte".
Sachsen-Anhalts AfD-Fraktionsvorsitzender Siegmund betonte in seiner Antwort auf die Fragen, er sei als "Privatperson" und nicht in seiner Funktion als Abgeordneter für die AfD bei dem Treffen gewesen. In seiner Antwort über die Anwaltskanzlei Höcker lässt Siegmund offen, wie er dem Konzept der "Remigration" gegenübersteht. Er schreibt lediglich, dass er Menschen "nicht gesetzeswidrig ausweisen" wolle.
Sellner sowie der AfD-Politiker Hartwig und die AfD-Abgeordnete Huy antworteten "Correctiv" ebenso wie der AfD-Bundesvorstand bis Redaktionsschluss nicht auf die Fragen.