Privilegien für Altkanzler Wie Schröder um seine Sonderrechte kämpft
Privilegien für einen Putin-Freund? Nein, befand der Haushaltsausschuss des Bundestags und entzog Altkanzler Schröder Büro samt Mitarbeitern. Schröder klagte. Nun entscheidet das Gericht.
Das waren noch Zeiten, als Altkanzler Gerhard Schröder noch Mitarbeiter hatte. "Es ist nicht meine Aufgabe nach Akten zu suchen. Meine Mitarbeiter suchen", sagte der heute 79-Jährige einst. Als er noch Kanzler war, suchten sie für ihn sowieso. Aber eben auch 17 lange Jahre danach - gemäß der Sonderrechte für Altkanzler: fünf Mitarbeiter, Fahrer, ein Büro von der SPD-Bundestagsfraktion gestellt. Mehr als 400.000 Euro pro Jahr auf Staatskosten.
Dann aber kam der Ukrainekrieg und aus dem Putinfreund Schröder wurde eine Persona non grata: "Wir sollten damit aufhören, ihn als Elder Statesman und Altkanzler wahrzunehmen", ätzte SPD-Chefin Saskia Esken, als Schröder der Ukraine Säbelrasseln vorgeworfen hatte und ganz Deutschland sich fragte, warum ein Altkanzler in diesen Zeiten auf Gehaltslisten russischer Energiekonzerne stehen konnte.
Eine Forderung stand schnell im Raum: "Dass die Privilegien für einen unverbesserlichen Putin-Lobbyisten beendet werden", so CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt.
Schröders Sonderrechte "ruhend gestellt"
Der Haushaltsausschuss des Bundestages nahm sich der Sache an. Mit dem Ergebnis: Schröder verlor seine Sonderrechte, also konkret die Mitarbeiter und das Büro. Aber von Wegnehmen könne nicht die Rede sein, sagt FDP-Obmann Otto Fricke dem ARD-Hauptstadtstudio: "Wir haben gar nicht entzogen, sondern wie wir sehr bewusst formuliert haben: 'ruhend gestellt'."
Der Altkanzler aber wollte keine Ruhe geben. Im Gegenteil: Er klagt vor dem Berliner Verwaltungsgericht. "Ich kann schon verzichten, das habe ich in meinem Leben lernen müssen. Gut verlieren, hmm." Eher nicht. Das hat Schröder schon vor Jahren klargestellt. Wobei er in diesem Fall auch nicht verzichten möchte - nicht auf Büro, Mitarbeiter und Fahrer.
Seine Anwälte halten den Beschluss des Haushaltsausschusses für rechtswidrig, da er willkürlich sei. Die Begründung lautete, Schröder nehme die "nachwirkenden Dienstpflichten" nicht mehr wahr, die aber seien ja gar nicht definiert. Haushaltspolitiker Fricke argumentiert, Schröder sei doch längst nicht mehr als Altkanzler für die Bundesrepublik unterwegs gewesen: "Wenn er aber nichts macht, was unsere Erkenntnis war und was auch das Kanzleramt bestätigt hat, muss man das Büro ruhend stellen."
Unliebsamen Altkanzler mundtot machen?
Helge Braun ist Vorsitzender des Haushaltsausschusses. Er sagt gegenüber dem ARD-Hauptstadtstudio, angesichts der Putin-Nähe werde dieser Altkanzler ohnehin wohl nie mehr für eine Bundesregierung Dienstpflichten wahrnehmen. "Und in einer solchen Situation, wo wir andere, jüngere ehemalige Amtsträger haben und bei Gerhard Schröder durch die Nähe zu Putin eine Repräsentation durch ihn zu einem Problem geworden ist, ist auch hier damit zu rechnen, dass in Zukunft solche Arbeitsaufwände nicht mehr anfallen."
Geht es aber am Ende nicht auch darum, einen unliebsamen Altkanzler samt dessen unerfreulicher Russlandnähe mundtot zu machen? Haushälter Fricke winkt ab. Es gehe eben nicht um Rache - und auch nicht darum, dass die Mehrheit jetzt einfach entscheide, was jemand sagen dürfe.
Schröders Anwälte aber monieren, dass der Altkanzler nicht einmal angehört worden sei, und sprechen von einem Verstoß gegen die Menschenwürde. Von Würde spricht auch Braun: "Ich hätte es als würdevoller empfunden, wenn Gerhard Schröder nach der langen Zeit und in der jetzigen Situation die Entscheidung des Haushaltsausschusses einfach akzeptiert hätte."
Jemand wie Schröder aber akzeptiert nicht einfach. Der Mann ist selbst Jurist. Ein guter obendrein, wie er vor langer Zeit mal über sich selbst sagte. Und ein Kämpfer sei er auch, attestierte ihm einst Altkanzlerin Merkel, die übrigens ihre noch größere Büroausstattung samt noch mehr Mitarbeitern weiterhin hat.
Merkels Sonderrechte klar unterschieden
Aber auch für Merkel gilt künftig, dass der Haushaltsausschuss bei jeder anstehenden Verlängerung der Sonderrechte vom Kanzleramt erfragen wird, was diese Altkanzlerin an nachwirkenden Dienstpflichten denn genau für die Bundesrepublik geleistet hat.
"Und wenn, wie jetzt bei Gerhard Schröder von der Art und dem Umfang her die Leistungen nicht mehr gerechtfertigt sind, dann sind wir es dem Steuerzahler auch schuldig zu sagen: An der Stelle müssen Leistungen auch einmal enden", sagt Braun, der den Fall Schröder allerdings klar von den Sonderrechten der Altkanzlerin unterschieden wissen möchte. Schröder selbst sieht die Dinge bekanntlich anders.
Am Donnerstagvormittag tagt das Verwaltungsgericht Berlin. Die zweite Kammer hat dann das Wort. Beobachter erwarten, dass es schnell geht. "Aber vor Gericht und auf Hoher See bist Du in Gottes Hand", zitiert Jurist Fricke eine bekannte Redewendung. Er ist allerdings ziemlich sicher, dass das Gericht es schwer haben dürfte, überhaupt eine Anspruchsgrundlage des Altkanzlers zu finden. Sollte Schröder sich dennoch durchsetzen, geht Fricke davon aus, dass die Bundesregierung in die nächste Instanz gehen werde.