Diskussion in der Bundespolitik Parteien streiten über Gründe für AfD-Hoch
Das Umfragehoch der AfD löst Streit über die Verantwortung dafür aus. Die Regierung sei schuld, meint die Union. Bundeskanzler Scholz verweist dagegen auf rechte Tendenzen in anderen Ländern und spricht von "Schlechte-Laune-Parteien".
Die AfD an zweiter Stelle, gleichauf mit der SPD. Das galt lange als undenkbar. Nun erreicht die Partei erstmals im ARD-DeutschlandTrend bei der Sonntagsfrage 18 Prozent. Alles nur Schuld der Regierung, meint der CDU-Parteivorsitzende Friedrich Merz. "Wenn wir eine handwerklich und politisch gut arbeitende Regierung hätten, dann läge die AfD nicht bei 18 Prozent", so Merz im ZDF-heute-journal. Insbesondere die Grünen nimmt Merz dabei ins Visier. "Die Menschen in Deutschland sind diese Art der Bevormundung einfach leid. Und damit machen sie sich jetzt Luft."
An der Haltung seiner Partei zur AfD änderten allerdings auch die guten Umfrageergebnisse nichts, stellt Merz klar: "Solange ich Parteivorsitzender der CDU bin, wird es keinerlei Zusammenarbeit mit dieser Partei geben." Die AfD sei ausländerfeindlich und antisemitisch.
Scholz sieht "Zeit der Umbrüche" als Ursache
Bundeskanzler Scholz hatte sich am Samstag bei einer Veranstaltung der Wochenzeitung "Die Zeit" zu dem Thema geäußert. Dort verwies er vor allem auf andere Länder, in denen rechtsextreme Parteien ebenfalls stärker geworden seien. Er sprach von "Schlechte-Laune-Parteien" und erklärte die Entwicklung auch mit Unsicherheiten in einer "Zeit der Umbrüche" mit vielen gleichzeitigen großen Problemen. Scholz nannte Corona, den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und den Klimawandel.
AfD: "Trauriges Politkabarett der Laienspieltruppe"
Die AfD-Vorsitzende Alice Weidel wies die Bezeichnung ihrer Partei als "Schlechte-Laune-Partei" durch Scholz zurück. "Den Bürgern ist tatsächlich das Lachen gründlich vergangen", sagte Weidel der Deutschen Presse-Agentur. "Das liegt aber nicht an einer vermeintlich übellaunigen AfD, sondern an einer Laienspieltruppe, die im Bundeskabinett täglich ein trauriges Politkabarett abliefert."
Zwar liegt die Union bei der Sonntagsfrage mit 29 Prozent vorn, für die Mehrheit der AfD-Anhänger scheint sie allerdings keine Option zu sein. 67 Prozent gaben an, sich aktuell vor allem aus Distanz und Enttäuschung gegenüber den anderen Parteien für die AfD zu entscheiden.
"Diese Zahlen lassen uns nicht kalt", sagte der CDU-Generalsekretär Mario Czaja im ARD-Bericht aus Berlin. "Ein Großteil der Menschen, die derzeit unzufrieden mit der Bundesregierung sind, sehen in uns noch nicht die politische Alternative, um in diesem Land eine bessere Regierung zu haben. Daran haben wir zu arbeiten." Aber es liege auf der Hand, dass für die jetzige Situation die Bundesregierung verantwortlich sei.
Djir-Sarai: "Selbstkritik gilt für alle Parteien"
Widerspruch kommt vom Generalsekretär der FDP, Bijan Djir-Sarai. "Politik bekommt ein Glaubwürdigkeitsproblem, wenn wir die Menschen nicht mitnehmen." Die Selbstkritik gelte für alle Parteien. "Wenn die Menschen das Gefühl haben, die Politik hat sich von der Realität entfernt, dann bekommt die Politik ein Glaubwürdigkeitsproblem." Alle Parteien seien aufgerufen, sachlich und nüchtern die Herausforderungen anzupacken und Lösungen anzubieten.
Innerhalb der Ampelkoalition hatte es in den vergangenen Monaten vor allem beim Thema Heizungsgesetz andauernde Diskussionen gegeben. Grünen-Fraktionsgeschäftsführerin Irene Mihalic warf der FDP vor, sich wie eine Opposition mit Ministerämtern zu verhalten. Djir-Sarai wies diese Kritik im Bericht aus Berlin von sich. Es gehe nicht darum, die Energiewende zu verzögern oder um ein Taktieren.
Keine Prognose zum Heizungsgesetz
Die Menschen seien verunsichert, sie wüssten nicht, was auf sie zukomme. "Deshalb haben wir eine intensive, eine sachliche Debatte, um am Ende des Tages zu einem guten Gesetz zu kommen", erklärte der FDP-Generalsekretär.
Er begrüße, dass Wirtschaftsminister Robert Habeck jetzt auf die Kritiker zugehe. Wichtig sei, dass kein Gesetz entstünde, das den Sozialstaat überfordert. "Ich kann hier keine Prognose abgeben, bis wann ein Ergebnis möglich ist", erklärte Djir-Sarai. "Ob das vor der Sommerpause sein wird oder nach der Sommerpause. Das ist für mich nicht entscheidend. Sondern entscheidend ist sehr konkret, was dabei erreicht wird." Die Sommerpause beginnt am 7. Juli.