SPD-Chef im ARD-Sommerinterview Klingbeil fordert schnelle Einigung beim Haushalt
Im Herbst soll der Bundestag über den Haushalt für 2025 beraten. Doch noch immer gibt es offene Fragen. Im ARD-Sommerinterview fordert SPD-Chef Klingbeil eine zeitnahe Einigung - und kritisiert den Kommunikationsstil in der Ampelkoalition.
SPD-Chef Lars Klingbeil hat den erneuten Streit in der Ampelkoalition über den Haushalt 2025 scharf kritisiert. "Diese ganze Aufführung, die wir in der letzten Woche erlebt haben, war völlig unnötig, sie war überflüssig, sie hat das Land noch mal zusätzlich verunsichert", sagte Klingbeil im ARD-Sommerinterview.
Er forderte die Regierung dazu auf, den Streit schnell zu lösen. Es sei der Job einer Bundesregierung, dem Parlament einen Haushalt zu übergeben, sagte er. "Das muss jetzt in der nächsten Woche auch passieren." Die offenen Fragen halte er für lösbar. Er gehe davon aus, dass "alle verstanden haben, worum es geht".
"Stil und Kommunikation nicht gut"
Klingbeil kritisierte vor allem den öffentlichen Streit um einzelne Verhandlungspunkte. Für ihn gebe es beispielsweise "keinen Haushalt, wo Rentenkürzungen drin sind", und darüber müsse man auch verhandeln.
Es gehe "aber eben auch um den Stil und die Kommunikation, und das war in der letzten Woche nicht gut". Die Aufregung etwa um Äußerungen von Finanzminister Christian Lindner "wäre in der letzten Woche wirklich vermeidbar gewesen".
Seine Überzeugung sei "nicht, dass man gegeneinander arbeitet, sondern miteinander, dass man die Probleme und Herausforderungen, die da sind, löst und dass man immer das Wohl der Bürgerinnen und Bürger in den Mittelpunkt stellt".
Er halte es für richtig, "dass man anders Politik macht, als es gerade in der Regierung getan wird", und er sei überzeugt davon, dass dann auch die Umfragewerte für die drei Regierungsparteien besser wären. "Es gibt keine Geländegewinne in einer Regierung."
"Kein Recht auf Faulheit"
Klingbeil verteidigte zudem die von der Bundesregierung geplante Reform des Bürgergelds. Viele Menschen in Deutschland empfänden Teile des Bürgergelds als ungerecht. Dabei gehe es um 16.000 Menschen, "die sich jeglicher Mitarbeit mit dem Staat verweigern, die also Solidarität des Staates ausnutzen, sich zurücklehnen und sagen, 'ich muss nichts machen'". Denen müsse man klar sagen, "es gibt kein Recht auf Faulheit".
Aus diesem Grund habe die Koalition beim Bürgergeld nachgeschärft und Sanktionen für diejenigen beschlossen, die sich der Jobaufnahme verweigern oder bei der Schwarzarbeit erwischt werden, obwohl sie Bürgergeld bekommen.
Klingbeil beklagte gleichzeitig, "wie hemmungslos mittlerweile über den Sozialstaat geredet wird". Er sei stolz auf einen Sozialstaat, der Menschen, die hinfallen, wieder aufhelfe und Solidarität ausstrahle.
Höhere Löhne sollen Abstand zum Bürgergeld bringen
Es gebe das wachsende Ungerechtigkeitsempfinden auch, weil der Abstand zwischen dem Bürgergeld und niedrigen Löhnen sehr gering sei. Allerdings gebe es auch ein Existenzminimum, das durch ein Bundesverfassungsgerichtsurteil festgelegt sei. Die Lösung dafür sieht Klingbeil in höheren Löhnen. "Wer arbeitet, wer sich anstrengt, muss davon vernünftig leben."
Der SPD-Chef plädierte erneut für eine Erhöhung des Mindestlohns. Auch das noch in dieser Legislaturperiode geplante Tariftreuegesetz, das dafür sorgen solle, öffentliche Aufträge nur noch an Unternehmen zu vergeben, die nach Tarifverträgen bezahlen, werde das Lohnabstandsproblem verringern.
Scholz "ist unser Kanzler, bleibt unser Kanzler"
Trotz aller Differenzen in der Koalition und schlechter Umfragewerte für seine Partei stellte sich Klingbeil hinter den häufig in der Kritik stehenden Bundeskanzler. Olaf Scholz "ist unser Kanzler, er bleibt der Kanzler und wir werden alles dafür tun, dass er bei der nächsten Bundestagswahl wieder unser Kanzler wird".
Scholz werde in den 13 Monaten bis zur Bundestagswahl "vorneweg marschieren, wird kämpfen, die ganze Partei mit ihm, um Vertrauen zurückzuholen." Der Wahlkampf habe noch gar nicht begonnen. "Der fängt in ein paar Monaten an, und dafür wird die SPD gut aufgestellt sein."
Erstmal gehe es aber jetzt darum zu regieren und die Projekte durchzubringen, die für die SPD eine Relevanz hätten.