Brandanschlag auf jüdische Gemeinde Zentralrat der Juden spricht von "Terror"
Nach dem Großangriff auf Israel nimmt auch in Berlin die Gewalt zu. Zuletzt warfen Unbekannte Molotow-Cocktails in Richtung einer Synagoge. Der Zentralrat der Juden spricht von einem "Terroranschlag".
Der versuchte Brandanschlag auf eine Synagoge in Berlin hat Entsetzen ausgelöst. "Es ist ganz klar, dass wir nicht hinnehmen werden und niemals hinnehmen werden, wenn gegen jüdische Einrichtungen Anschläge verübt werden", sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Kairo. Er kündigte verstärkte Sicherheitsvorkehrungen an.
"Dieser Brandanschlag ist die konsequente Fortsetzung der Verherrlichung des Hamas-Terrors auf deutschen Straßen. Der 'Tag des Zorns' ist nicht nur eine Phrase. Es ist psychischer Terror, der in konkrete Anschläge mündet", erklärte der Zentralrat der Juden, der von einem "Terroranschlag" auf die Einrichtung sprach. "Aus Worten werden Taten". Die "Vernichtungsideologie" der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas gegen alles Jüdische wirke auch in Deutschland.
Die israelische Botschaft in Berlin erklärte, Israel vertraue darauf, dass die deutschen Strafverfolgungsbehörden den Fall mit "unnachgiebiger Strenge behandeln".
Staatsschutz ermittelt
Nach Angaben der Polizei hatten zwei vermummte Unbekannte in der vergangenen Nacht Brandsätze in Richtung der Synagoge geworfen, die das Gebäude jedoch nicht erreichten. Dort ist neben einer Synagoge eine jüdische Kita untergebracht.
Nach Angaben von Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) verhinderte die Anwesenheit der Polizei, dass die Täter nahe genug an das Gebäude an der Brunnenstraße herangekommen seien, um ihr Ziel tatsächlich zu treffen. Der für politisch motivierte Taten zuständige Staatsschutz ermittelt wegen versuchter schwerer Brandstiftung.
Noch während der Ermittlungen am Tatort kam es laut Polizei vor der Synagoge zu einem weiteren Vorfall: Gegen 8 Uhr sei ein 30-Jähriger mit einem E-Scooter vorgefahren, habe diesen weggeworfen und sei auf das Gebäude zugelaufen. Polizisten hätten den Mann gestoppt und ihn vorläufig festgenommen, hieß es. Der 30-Jährige habe sich gewehrt und dabei volksverhetzende sowie israelfeindliche Parolen gerufen.
"Haben ein Problem mit Antisemitismus"
"Das ist einfach ein Wahnsinn, was sich hier gerade Bahn bricht", sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Irene Mihalic, in Berlin. "Wir haben in Deutschland ein Problem mit Antisemitismus und mit israelbezogenem Antisemitismus."
Diese Tat "trifft uns ins Herz", schrieb Berlins Vize-Regierungschefin Franziska Giffey auf der Plattform X, vormals Twitter. Die SPD-Landesvorsitzende rief zugleich die Bewohner der Hauptstadt zu Wachsamkeit auf. Berlin werde entschlossen und mit allen Mitteln der Sicherheitsbehörden jüdisches Leben schützen. "Das ist auch eine Aufgabe aller Berlinerinnen und Berliner", so Giffey.
Bundestag zu Kampf gegen Antisemitismus
"Es ist unerträglich", kommentierte die FDP-Bundestagsfraktion auf X den versuchten Brandanschlag. "Jüdisches Leben ist fester Bestandteil unseres Landes. Diese Gewalt hat hier nichts verloren!", schrieb sie.
Der Bundestag diskutiert heute über den Kampf gegen Antisemitismus und den Umgang mit pro-palästinensischen Demonstrationen. Die von den Ampel-Fraktionen und der Union beantragte Debatte soll klären, wie mit Israelfeindlichkeit und Sympathiebekundungen mit der Terrororganisation Hamas im Land weiter verfahren wird.
GdP: Mehr als 20 Einsatzkräfte verletzt
In der Nacht kam es im Berliner Stadtteil Neukölln erneut zu Ausschreitungen. Es gab größere Einsätze für Polizei und Feuerwehr. Nach Angaben der Berliner Gewerkschaft der Polizei (GdP) wurden dabei mehr als 20 Einsatzkräfte verletzt. Auf sie seien an der Sonnenallee, am Hermannplatz und am Pariser Platz Steine und Pyrotechnik geworfen worden, teilte die Gewerkschaft mit.
"Die Bilder vom gestrigen Abend zeigen deutlich, dass wir auf den Straßen der Hauptstadt die Auswirkungen eines Glaubenskriegs erleben und unsere Einsatzkräfte zu Zielscheiben eines religiösen Fanatismus werden, der sich mit zunehmender militärischer Lage noch stärker zeigen wird", erklärte GdP-Landeschef Stephan Weh.
Versammlung abgesagt
Innensenatorin Spranger betonte, dass die Sicherheitsbehörden unterschiedlichste Szenarien in den Bewertungen der Sicherheitslage vorgedacht habe. "Genau deshalb haben wir ja die Schutzmaßnahmen erhöht. Genau deshalb waren auch gestern wieder Polizistinnen und Polizisten im Einsatz, haben Straftaten verhindert sowie Straftäter und Straftäterinnen festgenommen."
Die Berliner Polizei untersagte indes eine für heute geplante Versammlung unter dem Titel "Jugend gegen Rassismus" sowie sämtliche bis 25. Oktober geplante Ersatzveranstaltungen. Es bestehe die unmittelbare Gefahr, dass es bei der Versammlung zu volksverhetzenden, antisemitischen Ausrufen, Gewaltverherrlichungen, dem Vermitteln von Gewaltbereitschaft und dadurch zu Einschüchterungen sowie Gewalttätigkeiten komme, begründete die Polizei die Entscheidung.