Berlin vor Koalitionsverhandlungen SPD macht Weg frei für Gespräche mit CDU
Schwarz-Rot in Berlin ist wahrscheinlicher geworden: Der SPD-Landesvorstand stimmte für Koalitionsverhandlungen mit der CDU. In den tagesthemen verteidigte Regierungschefin Giffey die Entscheidung - aber in Teilen der SPD regt sich Widerstand.
Die SPD in Berlin will Koalitionsverhandlungen mit dem Wahlsieger CDU aufnehmen. Bisher regiert in der Bundeshauptstadt ein Bündnis aus SPD, Grünen und Linken. Nach Angaben des Landesvorsitzenden Raed Saleh fiel das Votum des Landesvorstands in geheimer Wahl mit 67,6 Prozent deutlich aus.
"Es wird harte Gespräche geben", kündigte er an. Um möglichst viele aus der Partei mitzunehmen, solle ein Mitgliedervotum die Entscheidung absegnen. "Wir haben mit der CDU festgestellt, dass es sehr große Schnittmengen gab und gibt", sagte auch die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey im Hinblick auf die Sondierungsgespräche.
"Ich mache das für Berlin"
Giffey wäre nicht mehr Regierungschefin, sollte das Bündnis zustande kommen, könnte aber mit einem wichtigen Senatsposten rechnen. Sie mache das "aus Verantwortung für Berlin und auch für die Sozialdemokratie", sagte sie in den tagesthemen. Es gehe darum, "dem Wahlergebnis Respekt zu zollen". Nach den Sondierungen mit der CDU gebe es "Hoffnung auf einen wirklichen Neubeginn in Berlin".
Giffey räumte in dem Interview auch ein, dass der mögliche Verzicht auf das Amt der Regierenden Bürgermeisterin für sie "ein sehr einschneidender Schnitt" sei. Sie klebe jedoch nicht an ihrem Amt. "Ich mache das aus Verantwortung für Berlin und auch für die Sozialdemokratie", sagte Giffey.
Auf die Frage, warum die SPD sich gegen die bisherige rot-grün-rote Koalition entschieden habe, antwortete Giffey, von der CDU habe man in den Sondierungsgesprächen "ganz deutliche" Signale bekommen, "die viel stärker auf das eingegangen sind, was der Sozialdemokratie wichtig ist". Die Sondierungen hätten größere Schnittmengen mit der SPD als mit dem bisherigen Bündnispartnern Grüne und Linke ergeben.
Jusos lehnen Koalition mit CDU ab
In möglichen Koalitionsverhandlungen mit der CDU wolle die SPD auch sozialdemokratische Inhalte wie soziale Gerechtigkeit, ökologische Entwicklung und den Einsatz für eine starke Wirtschaft unterbringen.
In der SPD gab es aber auch viele Stimmen gegen ein Bündnis mit der CDU. Vor allem die Jusos lehnen eine Koalition mit der CDU entschieden ab. "Die CDU passt nicht zu Berlin und nicht zur SPD", sagte die Berliner Co-Vorsitzende Sinem Taşan-Funke der Nachrichtenagentur dpa. "Wir werden uns jeder Bestrebung, eine Koalition mit der CDU zu bilden, entgegenstellen." Giffey sagte in den tagesthemen zu der Kritik, diese werde in die möglichen Koalitionsgespräche einfließen.
Wegner könnte statt Giffey Regierungschef werden
Auch Berlins CDU-Chef Kai Wegner ist offenbar für eine Koalition mit der SPD. Laut rbb-Informationen will er heute seinem Landesvorstand entsprechende Verhandlungen empfehlen. Dessen Zustimmung ist laut ARD-Korrespondentin Esther Neumeier sicher.
Neuer Regierender Bürgermeister würde in dem Fall Wegner. Einen Regierungschef in Berlin stellte die CDU zuletzt mit Eberhard Diepgen, der von 1984 bis 1989 und von 1991 bis 2001 amtierte.
Grüne warnen vor "Rückschrittskoalition"
Die Alternative wäre eine Fortsetzung der Koalition mit Grünen und Linken, mit denen die SPD seit 2016 regiert. Das Dreierbündnis hätte ebenfalls eine Mehrheit im neuen Abgeordnetenhaus.
Die grüne Spitzenkandidatin bei der Wiederholungswahl, Bettina Jarasch, kritisierte ein mögliches schwarz-rotes Bündnis: "Dass sich die SPD und die CDU nun offenkundig füreinander entscheiden, zeigt, das kommt, wovor wir im Wahlkampf immer gewarnt haben: eine Rückschrittskoalition." Die Grünen stünden zu ihrer Verantwortung für Berlin und hätten dies in "den jeweils ernsthaft geführten Sondierungsgesprächen" deutlich gemacht.
Seit 17. Februar hatten die Parteien in Sondierungsgesprächen ausgelotet, ob es eine gemeinsame Basis für Koalitionsverhandlungen und für eine Regierungsbildung gibt. Die CDU sprach je dreimal mit SPD und Grünen. SPD, Grüne und Linke kamen ebenfalls dreimal zusammen.