Leistungen für Asylbewerber Ampel einigt sich auf Regeln für Bezahlkarte
Der Kompromiss steht: Die Regierungsparteien haben sich auf eine Gesetzesgrundlage geeinigt, um die Bezahlkarte für Asylbewerber und Geflüchtete rechtlich abzusichern. Vor allem die Bundesländer hatten in den vergangenen Wochen Druck gemacht.
Die Ampel-Fraktionen haben sich nach wochenlangem Streit auf einen Entwurf für eine bundesweite Rechtsgrundlage zur Einführung einer Bezahlkarte für Geflüchtete und Asylbewerber geeinigt. Damit werde "der Wunsch der Länder umgesetzt", teilten die Regierungsfraktionen von SPD, Grünen und FDP in einer gemeinsamen Erklärung mit.
"Bezahlkarten waren bisher auch schon möglich, aber wir haben nun noch einen gemeinsamen, rechtssicheren Rahmen geschaffen", sagte die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Dagmar Schmidt. Sie erklärte, der angestrebte Rechtsrahmen sichere, dass alle notwendigen Bedarfe vor Ort gesichert werden können - mit der Karte oder als Geldleistung.
Länder pochten auf Rechtssicherheit
Der Grünen-Politiker Andreas Audretsch unterstrich, Dinge wie Taschengeld für den Schulausflug, das Busticket für den Weg zum Ausbildungsplatz oder Strom- oder Internetanschluss müssten bei der Einführung der Bezahlkarte garantiert werden. Dies sei nun gewährleistet. Die Grünen hatten immer wieder die Sorge geäußert, dass eine drastische Bargeldbeschränkung dazu führen könnte, dass Flüchtlinge bei Kiosken oder im Second-Hand-Geschäft kaum bezahlen können.
Der FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler erklärte nun, dass die von der Ministerpräsidentenkonferenz und vom Bundeskabinett beschlossenen Vereinbarungen "ohne inhaltliche Änderungen" umgesetzt würden.
Bund und Länder hatten sich im November auf eine möglichst bundeseinheitliche Bezahlkarte für Flüchtlinge geeinigt. 14 Bundesländer planen ein gemeinsames System. Bayern und Mecklenburg-Vorpommern wollen eigene Bezahlkarten. Die Karte soll im Wesentlichen wie eine normale Geldkarte funktionieren, zugleich aber Überweisungen ins Ausland ausschließen und den Bezug von Bargeld beschränken.
Grüne sahen noch Klärungsbedarf
Am 1. März stimmte das Bundeskabinett für einen Gesetzesvorschlag von Sozialminister Hubertus Heil, um die geplante Bezahlkarte mit einem Bundesgesetz abzusichern. Anschließend meldeten die Grünen aber Klärungsbedarf zu Details an.
Geplant ist laut dem nun vorgelegten Entwurf, dass die Bezahlkarte explizit als eine Option ins Asylbewerberleistungsgesetz aufgenommen wird - neben den bereits bestehenden Möglichkeiten von Geld- oder Sachleistungen. Sie stelle ein taugliches Mittel dar, um beispielsweise Geldzahlungen an Schleuser zu unterbinden.
Die Bundesländer können demnach entscheiden, ob sie die Karte einführen und wie sie die Nutzung konkret ausgestalten. Damit werde "den individuellen Bedürfnissen und Umständen vor Ort" Rechnung getragen. "Die Regelung ermöglicht den Leistungsbehörden auch im Rahmen der Ermessensausübung Umstände zu berücksichtigen, aufgrund derer der Einsatz einer Bezahlkarte im Einzelfall nicht zweckmäßig erscheint", heißt es im Entwurf.
Außerdem wird in der Formulierungshilfe festgehalten, dass die Leistungsbehörden selbst entscheiden können, wieviel Bargeld die Karteninhaber innerhalb eines bestimmten Zeitraums abheben können.
Vorlage ab nächster Woche im Bundestag?
Einige Punkte bleiben jedoch offen, die abschließend geklärt werden sollen. Dazu gehört die Frage, ob bei Personengruppen wie Erwerbstätigen, Auszubildenden oder Studierenden eine Ausnahme von der Bezahlkarte gemacht wird. In der kommenden Woche kommt in Berlin das Bundestagsplenum wieder zusammen. Die Bezahlkarte könnte dann auf der Tagesordnung des Parlaments stehen.
FDP-Fraktionsvize Köhler sagte, die Länder hätten nun die Möglichkeit, ihren Beitrag zu einer "neuen Migrations-Realpolitik zu leisten, indem sie einen der wesentlichen Pull-Faktoren für irreguläre Einwanderung ausschalten".
Kritik von Anwälten und Pro Asyl
Bei Pro Asyl hält man dieses Argument für nicht stichhaltig. Mit den Plänen der Ampel habe in der Flüchtlingspolitik "einmal mehr der Populismus über sachliche Argumente gesiegt", erklärte die Organisation. "In der Praxis werden so vielerorts geflüchtete Menschen noch stärker ausgegrenzt und selbst in kleinsten Alltagsentscheidungen eingeschränkt werden." Von der Flucht vor Verfolgung oder Krieg würden sich Migranten "aber auch von der Bezahlkarte nicht abhalten lassen".
Kritik an der Bezahlkarte kam auch vom Deutschen Anwaltverein (DAV), der vor einer "Vielzahl von Praxisproblemen" sowie einem erheblichen Mehraufwand für Verwaltung und Justiz warnte.
Nur teilweise zufrieden zeigte sich der Deutsche Städtetag. Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy sagte, es sei zwar gut, dass es nun eine Einigung gebe. Es fehle aber weiterhin "eine klare Regelung vom Bund, ob und welche Obergrenze für Bargeldauszahlungen gelten soll". Dies müssten jetzt die Bundesländer festlegen, am besten möglichst einheitlich.