Diskussion in der Ampel Uneinigkeit über Bezahlkarte für Asylbewerber
Der Streit um Bezahlkarten für Asylbewerber geht weiter. Eigentlich galt das Vorhaben als beschlossene Sache. Doch geplante Gesetzesänderungen, die die Umsetzung der Bezahlkarte ermöglichen sollen, sind nach Meinung der Grünen gar nicht nötig.
Im Streit um Gesetzesänderungen für die flächendeckende Einführung der Bezahlkarte für Asylbewerber hält die Kritik aus den Ländern an. Politiker aus Union und FDP werfen den Grünen vor, das bereits vereinbarte Projekt zu torpedieren. Auch aus der SPD kommen mahnende Stimmen.
Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) aus Sachsen-Anhalt sagte der "Bild"-Zeitung: "Von einem gemeinsamen Beschluss aller 16 Bundesländer mit dem Bundeskanzler und der Bundesregierung erwartet man Verlässlichkeit und eine zügige Umsetzung. Wenn nicht, wird das Vertrauen der Bevölkerung in die Bundespolitik weiter beschädigt." Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) forderte ein Machtwort des Kanzlers.
Bayerns Regierungschef Markus Söder (CSU) betonte, Bayern werde die Bezahlkarte auch ohne Regelung im Bund einführen. Der sozialpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Stephan Stracke (CSU), forderte in der "Welt", die Ampel müsse einen Gesetzentwurf für eine bundesweit einheitliche Bezahlkarte vorlegen: "Unser Asylsystem ist nicht dafür gedacht, dass Asylbewerber Geldleistungen in ihre Heimat oder an Schlepper überweisen."
SPD und FDP kritisieren Blockadehaltung
SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese mahnte den grünen Koalitionspartner: "Befindlichkeiten einzelner in einer Fraktion können nicht der Maßstab sein in diesen herausfordernden Zeiten." Die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) sagte: "Es muss möglich sein, innerhalb der Ampel-Koalition einen Kompromiss mitzutragen, der zwischen der Bundesregierung und 16 Landesregierungen unterschiedlichster Couleur abgestimmt ist." Zuvor hatten mehrere FDP-Politiker das Vorgehen der Grünen kritisiert.
FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai nannte es bei "Welt-TV" außerordentlich befremdlich, dass die Instrumente, die man gemeinsam vereinbart habe, plötzlich in Frage gestellt würden. Die Argumente gegen die Bezahlkarte seien "Ausreden". Dahinter stehe vielmehr die Vorstellung, dass man eine Migrationspolitik mit mehr Steuerung, Kontrolle und Begrenzung irregulärer Migration nicht wolle.
Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki drohte in der "Bild"-Zeitung mit einem vorzeitigen Ausstieg aus der Koalition: "Sollten die Grünen diesen minimalinvasiven Eingriff in das Asylbewerberleistungsgesetz tatsächlich torpedieren, stellt das die Fortsetzung der Koalition infrage." Mit ihrer Blockade würden die Grünen dazu beitragen, "dass sich immer mehr Menschen von der Politik der Bundesregierung abwenden und Zweifel an der Problemlösungskompetenz demokratischer Institutionen haben", kritisierte Kubicki weiter. "Wer den Kampf gegen Rechts gewinnen will, darf sich so nicht verhalten."
Grüne gegen Gesetzesänderungen
Die Grünen halten die derzeit bestehenden rechtlichen Regelungen für ausreichend, um die Bezahlkarte für Asylbewerber wie geplant bundesweit einzuführen. Daher wollten sie geplante Gesetzesänderungen etwa im Asylbewerberleistungsgesetz, die kommende Woche im Bundestag verabschiedet werden sollten, nicht mittragen.
Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Irene Mihalic, sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, sie verstehe nicht, "warum über etwas gestritten wird, was rechtlich längst möglich ist und nur noch umgesetzt werden muss". In Hamburg würden Bezahlkarten seit Donnerstag ausgegeben, in Bayern sollten sie in zwei Wochen starten. "Die Länder haben alle rechtlichen Möglichkeiten, die sie brauchen, und sie werden offenbar auch genutzt. Dies ist in der Koalition besprochen und wird auch vom Kanzleramt seit Monaten so vertreten", so Mihalic.
Bezahlkarten sollen Bargeld ersetzen
Bund und Länder hatten sich im November darauf verständigt, dass Asylbewerber zumindest einen Teil ihrer Leistungen künftig als Guthaben auf eine Bezahlkarte bekommen und damit bargeldlos bezahlen können. Die bundesweite Einführung soll unter anderem verhindern, dass Migranten Bargeld in ihre Heimatländer schicken.
Viele Details sind aber noch offen. Asylbewerber werden in den Erstaufnahmeeinrichtungen vornehmlich mit Sachleistungen versorgt, erhalten darüber hinaus aber einen Betrag zur Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens. Er beträgt bundesweit einheitlich 185 Euro pro Monat für alleinstehende Erwachsene.