Berlin: Einsatzkräfte der Polizei stehen vor einem Gebäude der Freien Universität, an dessen Wänden israelfeindliche Parolen zu lesen sind.

Abstimmung im Bundestag Resolution gegen Antisemitismus an Unis angenommen

Stand: 30.01.2025 09:58 Uhr

Im Rahmen propalästinensischer Proteste gab es an Hochschulen auch antiisraelische und antisemitische Parolen. Dagegen stellt sich der Bundestag mit einem parteiübergreifenden Beschluss. Daran gibt es auch Kritik.

Nach zahlreichen antisemitischen Vorfällen an deutschen Schulen und Hochschulen hat sich der Bundestag fraktionsübergreifend gegen Judenfeindlichkeit im Bildungs- und Wissenschaftsbetrieb gewandt. Eine Mehrheit der Abgeordneten verabschiedete am Mittwochabend eine entsprechende Resolution. Getragen wurde sie von SPD, Union, Grünen und FDP. Auch die AfD stimmte zu, das BSW stimmte dagegen, die Linke enthielt sich.

Nach dem Hamas-Angriff auf Israel vom 7. Oktober 2023 war es in Deutschland wiederholt zu Vorfällen und Protesten gekommen, bei denen etwa Hochschulgebäude besetzt wurden. Dabei waren auch israelfeindliche und antisemitische Parolen verbreitet worden.

Der Umgang damit spaltete die Wissenschafts-Landschaft. So führte etwa die Räumung eines Protestcamps an der Freien Universität in Berlin zu Kritik von etwa 100 Hochschuldozentinnen und -dozenten.

Klare Positionierung gegen Boykottaufrufe

Die Bundesregierung soll nach dem Willen des Bundestags nun unter anderem für mehr Förderung von Antisemitismusforschung und jüdischer Gegenwartsforschung sorgen. Auch soll sie sich weiterhin gegen einen Boykott der Kooperation mit der israelischen Wissenschaft stellen.

Aktivitäten von Gruppierungen, die israelbezogenen Antisemitismus etwa in Form von Boykottaufrufen verbreiteten, seien zu unterbinden. Schulen und Hochschulen müssten darin unterstützt werden, ihre rechtlichen Möglichkeiten gegen antisemitisches Verhalten vollständig auszuschöpfen. Dazu gehöre auch der Ausschluss von Schülern und Studierenden von Unterricht und Studium.

Besuch einer Gedenstätte sollte für Schüler verpflichtend werden

Schülerinnen und Schüler sollten mindestens einmal in ihrer Schullaufbahn eine Gedenkstätte besuchen. Auch die Auseinandersetzung mit aktuellem jüdischen Leben, etwa durch Besuche von Synagogen, soll laut der Resolution verstärkt unterstützt werden. Lehrkräfte sollten besser aus- und weitergebildet und der deutsch-israelische Austausch ausgebaut werden.

Im Wissenschaftsbetrieb müsse dafür Sorge getragen werden, dass sich jüdische Studierende, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Lehrende an Hochschulen sicher fühlen können. Nötig seien flächendeckend Beauftragte für Antisemitismus. Lehrende sollten für das Thema sensibilisiert und im Umgang damit geschult werden. Zugleich betont der Bundestag, sichergestellt bleiben solle, dass "Fördermittel des Bundes ausschließlich nach dem Maßstab der wissenschaftlichen Exzellenz vergeben werden".

Hochschulrektorenkonferenz gegen Resolution

Die Linke kritisierte die Resolution. Deren Bildungspolitikerin Nicole Gohlke warf den Initiatoren vor, statt Brücken zu bauen und Räume für Dialog zu schaffen, werde der Einsatz von Polizei und Geheimdiensten gefordert. 

Die Forderungen und Empfehlungen des Bundestags haben keine direkte rechtliche Wirkung. Die Hochschulrektorenkonferenz hatte sich schon im November gegen die Resolution gewandt und betont, dass staatliche Fördermittel allein nach wissenschaftsgeleiteten Prinzipien und Verfahren verteilt werden sollten. Auch sei die Diskussion über die Definition von Antisemitismus Aufgabe der Wissenschaft. Im Übrigen werde von den Hochschulen - im Rahmen ihrer Autonomie - schon viel unternommen, um klar gegen Antisemitismus Stellung zu beziehen.

Im November hatte der Bundestag bereits mit einer allgemeiner gehaltenen Resolution seine Haltung gegen Antisemitismus bekräftigt. Dabei ging es unter anderem darum, keine Organisationen und Projekte mehr zu fördern, die Antisemitismus verbreiten oder das Existenzrecht Israels infrage stellen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 30. Januar 2025 um 08:54 Uhr.