Perspektiven für Bauen Merz nutzt Agrardebatte für Generalabrechnung
Nach den Bauernprotesten hat sich die Ampelkoalition auf einen Fahrplan für Reformen verständigt. Die Bundestagsdebatte nutzte CDU-Chef Merz zu einer Generalabrechnung mit der Regierung.
Carina Konrad ist Landwirtin aus dem Hunsrück und FDP-Politikerin. Sie liest im Parlament Zeitungsüberschriften vor: "Landwirte protestieren gegen Agrarpolitik der Bundesregegierung" "In ganz Deutschland rollen die Traktoren". "Treckerdemo: Bauern auf dem Weg".
All das, sagt Konrad, stand jedoch nicht diese Woche in der Zeitung, sondern bereits im Jahr 2019. Ihre Botschaft: Krach mit den Bauern gab es auch schon vor der Ampel-Regierung. Landwirtschaftsminister Cem Özdemir von den Grünen erinnert daran, dass das Ministerium 16 Jahre lang unionsgeführt war.
Trotz Gegenwind will Agrarminister Özdemir weiter eine Tierwohlabgabe einführen.
Özdemir wirbt für Tierwohlabgabe
Dennoch sei jetzt nicht die Zeit für Schuldzuweisungen, sondern für einen parteiübergreifenden Schulterschluss - zum Beispiel bei der schon lange diskutierten Tierwohlabgabe. Es gehe um nur wenige Cent Aufschlag pro Kilo Fleisch, sagt Özdemir, auch wenn er einräumt: "Wenn die Currywurst ein paar Cent teurer wird, dann ist die Furcht vor dem Shitstorm halt groß."
Dennoch braucht es aus seiner Sicht endlich diese Abgabe, um eine bessere Tierhaltung zu bezahlen. Özdemir kündigt zudem an, das Kartellamt einzuschalten, um Preise für landwirtschaftliche Produkte und die Rolle des Handels prüfen zu lassen.
Kritik an Leitfragen für zukunftssichere Landwirtschaft
Die Ampelfraktionen wollen nach den massiven Bauernprotesten bis Ende März ihre Pläne für eine zukunftssichere Landwirtschaft zusammentragen und die dann bis zum Sommer beschließen. Dafür haben sie Leitfragen formuliert: etwa zu Bürokratieabbau, alternativen Treibstoffen und Steuererleichterungen.
Für CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt ist das eine Farce: "Sie haben sieben Fragen an die Ampelregierung. Das ist doch kein Agrarantrag, das ist agrarpolitischer Insolvenzantrag, den sie hier vorlegen."
Dobrindts Antwort lautet: Die Subventionen für den Agrardiesel dürften nicht angetastet werden. Dass die Ampel die Streichung nun über drei Jahre strecken will, reicht ihm nicht: "Nehmen Sie Steuererhöhung zurück, und sie bekommen Ruhe in dieses Land."
Kaum vorstellbar, dass die Regierungskoalition da mitgehen wird. Landwirtschaftsminister Özdemir nannte den jetzigen Kompromiss erneut fair und vertretbar. Die Ampel habe einen Fehler korrigiert und die anfangs zu großen Belastungen für die Landwirte teilweise zurückgenommen.
Merz rechnet mit Regierung ab
Einer sorgte für Unruhe und viele Zwischenrufe im Bundestag: CDU-Chef Friedrich Merz. Denn er sprach viel über die Ampel im Allgemeinen und so gut wie gar nicht über Agrarpolitik: "Sie regieren gegen die Mehrheit der Bevölkerung und der Wählerinnen und Wähler in Deutschland."
Migrationspolitik, AfD-Verbot, Klientelpolitik: Merz ging zum Generalangriff über. Sein Vorwurf: Die Regierung treibe die Menschen so auch in die Arme der Rechtspopulisten. Das konterte SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch: "Wenn sie eine Debatte zur Agrarpolitik dazu nutzen, um das Thema Migration hier zu spielen, dann ist das mehr als befremdlich."
Miersch ergänzte: Ja, die Demokratie komme unter Druck. Aber gerade deshalb habe auch der Oppositionschef eine große Verantwortung.