Cannabis Thema im Bundesrat Warum die Legalisierung wackelt
Der Bundesrat stimmt heute über die Teillegalisierung von Cannabis ab - er kann sie durchwinken oder aufhalten. Die Entkriminalisierung der Droge beschäftigt Bund und Länder seit Monaten. Warum die Kritik anhält.
Anfang der Woche war Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) im Alarmmodus. "Das Gesetz steht noch mal auf Messers Schneide, aber wir werden die ganze Woche dafür kämpfen und ich hoffe, dass wir es trotzdem am Freitag durchbringen werden." In den Tagen zuvor wurde es immer wahrscheinlicher, dass der Bundesrat das Cannabis-Gesetz in den Vermittlungsausschuss schickt - ein Gremium von Bundesrat und Bundestag, um Kompromisse auszuhandeln.
Die Kritik aus den Ländern am Cannabis-Gesetz ist ganz unterschiedlich. Die Ministerpräsidenten der Union lehnen das Gesetz strikt ab. Die Teillegalisierung sei für junge Menschen gesundheitlich zu gefährlich. Sie befürchten, dass die Zahl der Drogenabhängigen deutlich steigen wird.
Zu dieser generellen Ablehnung kamen zunehmend Bedenken aus SPD-geführten Ländern und dem grün-geführten Baden-Württemberg. Minister aus verschiedenen Ampelparteien plädierten dafür, einzelne Bestimmungen zu ändern und vor allem den Start des Gesetzes zu verschieben.
Für Lauterbach ist dies eine gefährliche Mischung. "Die Länder, die es nicht wollen und auch Länder, die Änderungen wollen, die könnten sich verbinden", befürchtet er. "Und wenn es in den Vermittlungsausschuss geht, dann gibt es Möglichkeiten, das Gesetz am langen Arm verhungern zu lassen." Das Gesetz könnte im Ausschuss festhängen und damit letztlich scheitern, sorgt sich der Gesundheitsminister.
Dobrindt: Das Gesetz ist nicht "verbesserbar"
Verschiedene Stimmen aus den Reihen der Union ließen genau das vermuten und heizten Lauterbachs Alarmstimmung noch an. So schrieb Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer auf der Plattform X: Sein Ziel sei es, dass das Gesetz nie wieder den Vermittlungsausschuss verlässt - sollte dieser von den Ländern angerufen werden.
Ähnlich äußerte sich der Landesgruppenchef der CSU im Bundestag, Alexander Dobrindt, im Interview mit dem ARD-Hauptstadtstudio. "Dass der Bundesrat den Vermittlungsausschuss wahrscheinlich anruft, ist nur ein Zeichen, wie falsch dieses Gesetz auch ist. Trotzdem werden wir im Vermittlungsausschuss nicht daran arbeiten, aus diesem schlechten Cannabis-Gesetz ein weniger schlechtes Cannabis-Gesetz zu machen. Das ist nicht verbesserbar. Dieses Cannabis-Gesetz darf eigentlich aus dem Vermittlungsausschuss das Licht der Öffentlichkeit nicht mehr erreichen."
Zugeständnisse an die Länder
Aufgrund dieser und ähnlicher Aussagen scheint sich auf den letzten Metern vor der Bundesratssitzung die Stimmung bei den Ampelparteien in den Ländern gedreht zu haben. Die sächsische Gesundheitsministerin von der SPD, Petra Köpping, sagte: "Die Anrufung des Vermittlungsausschusses aus rein machtpolitischem Kalkül ist mit uns als SPD nicht zu machen."
Trotz Bedenken an der einen oder anderen Stelle des Gesetzes will niemand von ihnen, dass die Cannabis-Teillegalisierung komplett gekippt wird. Lauterbach versucht zudem mit Zugeständnissen an die Länder die Kritiker zu gewinnen: Für die geplanten Cannabis-Anbauvereine werden die Regeln verschärft. Darüber hinaus verspricht der SPD-Minister mehr Geld für die Präventionsarbeit.
Belastung der Justiz
Knackpunkt bleibt aber, wie mit Cannabis-Urteilen aus der Vergangenheit umgangen werden soll. Nach dem Gesetz müssen Tausende Urteile zu Delikten, die künftig nicht mehr strafbar sein sollen, auf den Prüfstand. Das würde aber die Justiz überlasten, heißt es aus den Ländern.
Dennoch wurde aus Lauterbachs Alarmstimmung am Anfang der Woche Zuversicht am Ende der Woche. "Ich gehe davon aus, dass wir das am Freitag schaffen werden. Aber es ist tatsächlich ein schwieriges Gesetz. Und wir werden allerdings für jeden einzelne Enthaltung oder Zustimmung kämpfen." Ob er diesen Kampf gewinnt, wird die Bundesratssitzung heute zeigen.