Beschluss des Innenministeriums Was das Verbot des Compact-Magazins bedeutet
Als zentrales Sprachrohr der rechtsextremistischen Szene wurde das Compact-Magazin lange vom Verfassungsschutz beobachtet, jetzt ist es verboten. Was genau vom Verbot betroffen ist und welchen Einfluss das Magazin hatte - ein Überblick.
- Wofür ist Compact bekannt?
- Womit begründet Faeser das Verbot?
- Was ist jetzt genau verboten?
- Wie viel Einfluss hat Compact?
- Wer ist Jürgen Elsässer?
- Hat das Verbot Auswirkungen für die AfD?
- Wie ungewöhnlich ist ein Medien-Verbot?
Das Bundesinnenministerium hat das rechtsextremistische Compact-Magazin verboten. Es sei ein "zentrales Sprachrohr der rechtsextremistischen Szene", begründete Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) das Verbot. Scharfe Kritik kommt von der AfD: Die Entscheidung sei ein "schwerer Schlag gegen die Pressefreiheit", sagten die Parteivorsitzenden Alice Weidel und Tino Chrupalla in einer gemeinsamen Erklärung. Sie warfen Faeser vor, ihre Kompetenzen zu missbrauchen.
Wofür ist Compact bekannt?
Seit 2010 erscheint das im Boulevardstil aufgemachte Compact-Magazin monatlich. Sein Chefredakteur Jürgen Elsässer tritt zudem regelmäßig bei Veranstaltungen auf. Durch Videos und Onlineangebote erreicht das Medienunternehmen inzwischen auch über den Kreis der Leserinnen und Leser des gedruckten Magazins hinaus ein größeres Publikum.
Das Magazin fiel in der Vergangenheit immer wieder durch polarisierende Beiträge und Behauptungen auf. Im Blatt wurde beispielsweise von einer "Asylbombe" gesprochen und auf einem Titelbild kürzlich behauptet, dass "deutsche Generale den Angriff auf Russland planen". Unlängst zeigte Compact den Thüringer AfD-Landesvorsitzenden Björn Höcke neben dem früheren US-Präsidenten Donald Trump mit der Schlagzeile "2024 Die Wende". Führende Politiker werden in dem Magazin immer wieder als "Verbrecher" beschimpft - mit Ausnahme von Vertretern der AfD.
Womit begründet Faeser das Verbot?
Das Innenministerium ist zu dem Schluss gekommen, dass Menschen durch Publikationen und Veranstaltungen von Compact aufgewiegelt und "zu Handlungen gegen die verfassungsmäßige Ordnung animiert werden" können. Dabei verweist es auf "antisemitische, rassistische, minderheitenfeindliche, geschichtsrevisionistische und verschwörungstheoretische Inhalte". Das Medienunternehmen agitiert nach Einschätzung des Verfassungsschutzes nicht nur gegen die Bundesregierung, sondern auch "allgemein gegen das politische System".
Laut dem Ministerium bedient sich Compact einer "Widerstands- und Revolutionsrhetorik" und nutzt "verzerrende und manipulative Darstellungen". Rechtlich handelt es sich bei dem Schritt um ein Vereinsverbot - laut Innenministerium können auch Unternehmen unter bestimmten Voraussetzungen darüber verboten werden.
Was ist jetzt genau verboten?
Verboten sind von nun an der Verkauf des Magazins, die Website sowie Symbole, die dem Magazin zugeordnet werden. Dazu gehört auch die sogenannte "Blaue Welle". Dieses noch relativ neue Symbol hat Chefredakteur Elsässer für eine Kampagne gewählt, mit der er einen Regierungswechsel nach der nächsten Bundestagswahl im September 2025 befördern wollte. Blau ist die Farbe der AfD, deren Vertreter allerdings teilweise Bedenken gegen die Kampagne geäußert hatten, wohl weil man eine mögliche neue Parteispenden-Affäre befürchtete.
Wie viel Einfluss hat Compact?
Nach eigenen Angaben hat das Magazin eine Auflage von etwa 40.000 Exemplaren, was allerdings nicht unabhängig geprüft wurde. Der YouTube-Kanal "Compact TV" hat rund 345.000 Abonnenten. Nach Einschätzung des Bundesinnenministeriums ist Compact ein "zentraler Akteur bei der Vernetzung der 'Neuen Rechten'". Mit "Neue Rechte" wird eine Szene beschrieben, die Vorstellungen von einem ethnisch homogenen Staat mit autoritären Zügen vertritt und sich gleichzeitig von Rechten absetzt, die sich auf den Nationalsozialismus berufen.
Enge Verbindungen unterhält das Medienunternehmen unter anderem zur rechtsextremistischen Identitären Bewegung sowie zur Rechtsaußen-Strömung der AfD. Laut Verfassungsschutz gehört auch die Regionalpartei "Freie Sachsen" zum engeren Kreis.
Wer ist Jürgen Elsässer?
Der 67-jährige Chefredakteur des Compact-Magazins hat eine bewegte politische Geschichte hinter sich. Als Autor und Aktivist war der frühere Lehrer einst im ganz linken Spektrum verortet. Nach 2005 bewegte sich Elsässer immer weiter in Richtung Rechtsaußen.
Während andere Journalistinnen und Journalisten bei Parteitagen der AfD gelegentlich auf offener Bühne angegangen werden, bewegt sich der Compact-Chefredakteur dort völlig frei.
"Natürlich ist die AfD ein wichtiger Faktor", sagte er etwa bei einer Veranstaltung unter freiem Himmel im thüringischen Sonneberg. Zugleich äußerte er gewisse Sympathien für das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) sowie für den russischen Präsidenten Wladimir Putin, den er als "Staatsmann, der sich für sein Volk, sein Land und seinen Staat einsetzt", bezeichnet.
Hat das Verbot Auswirkungen für die AfD?
Das Compact-Verbot betrifft die AfD nicht direkt, aber vor allem dem Rechtsaußen-Flügel der Partei geht dadurch eine Plattform für die Verbreitung seiner Inhalte verloren. Der AfD-Bundestagsabgeordnete Jürgen Braun schrieb bei X, Elsässers "altkommunistischer Stil" schade in der Summe der AfD mehr, als er ihr nützen würde. Dennoch unterstütze er Compact gegen das "verfassungswidrige Verbot".
Nach Auffassung der Bundesgeschäftsführerin der Linken, Katina Schubert, sei in der Folge des Compact-Verbots auch die Prüfung eines AfD-Verbots "unumgänglich". Sie findet: "Das Verbot vom rechten Hetzblatt darf nicht nur ein symbolischer Paukenschlag bleiben." Die AfD wird aktuell vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall beobachtet. Ob perspektivisch eine Einstufung der Gesamtpartei als gesichert rechtsextremistische Bestrebung durch den Inlandsgeheimdienst folgen könnte, ist momentan noch nicht absehbar.
Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung sind als einzige Verfassungsorgane jeweils berechtigt, einen Antrag auf ein Parteiverbot zu stellen. Die Entscheidung über einen solchen Antrag trifft das Bundesverfassungsgericht. Eine Voraussetzung ist, dass man der jeweiligen Partei eine aggressiv-kämpferische Haltung nachweisen kann.
Wie ungewöhnlich ist ein Medien-Verbot?
Die Bundesregierung betont häufig, wie wichtig ihr die Pressefreiheit ist. Ein Medienunternehmen zu verbieten ist daher ein Schritt, der reiflich überlegt und gut begründet sein muss. Das hohe Gut der Pressefreiheit muss in solchen fällen gegen die Argumente abgewogen werden, die für ein Verbot sprechen. In seiner Zeit als Bundesinnenminister hatte Thomas de Maizière (CDU) 2016 die rechtsextremistische Internetplattform "Altermedia Deutschland" verboten. Ex-Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) machte 2019 die Mezopotamien Verlag und Vertrieb GmbH und die MIR Multimedia GmbH als Teilorganisationen der kurdischen Arbeiterpartei PKK dicht.
Quelle: dpa