Pandemie in Deutschland Ärzte halten Volksfeste für vertretbar
In München ist das Oktoberfest gestartet - erstmals seit dem Beginn der Pandemie. Mediziner geben sich entspannt. "Die Corona-Lage ist aktuell gut beherrschbar", sagte der frühere Hausärztechef Weigeldt.
Die Hausärzte in Deutschland halten die Volksfeste im Herbst angesichts der aktuellen Corona-Situation für vertretbar. "Die Corona-Lage ist aktuell gut beherrschbar", sagte der frühere Chef des Deutschen Hausärzteverbands, Ulrich Weigeldt, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Zwar sei davon auszugehen, dass die Infektionszahlen im Herbst wieder steigen, allerdings sei die Ausgangssituation in diesem Jahr "viel besser" als in den vorangegangenen Pandemie-Jahren.
"Zum einen führt die aktuell dominante Omikron-Variante zu deutlich milderen Verläufen, außerdem besteht in der Bevölkerung durch die Impfungen sowie durchgemachte Infektionen eine viel breitere Immunität", sagte Weigeldt. "Genau wie der Restaurant- oder Kneipenbesuch, gehören Volksfeste zum Leben der Menschen dazu", betonte er.
Spinner: Keine Überlastung der Kliniken
Um diese zu erhalten und auszubauen, forderte Weigeldt aber, die Impfkampagne wieder zum Laufen zu bringen. Insbesondere stärker gefährdete Gruppen sollten sich zeitnah mit einer vierten Impfung schützen, riet Weigeldt. Auch gebe es noch große Impflücken beispielsweise bei der ersten Auffrischungsimpfung.
Auch der Pandemiebeauftragte des Universitätsklinikums rechts der Isar der TU München, Christoph Spinner, äußerte sich entspannt, obwohl er nach dem Oktoberfest und anderen Volksfesten mit einer Corona-Welle rechnet. "Die Zahl der Atemwegserkrankungen insgesamt ist aktuell auf dem Niveau der Vor-Pandemiejahre", sagte er.
Spinner erwartet durch das Oktoberfest zwar einen zwei- bis dreifachen Anstieg der Corona-Infektionszahlen, aber keine Überlastung der Kliniken. Allerdings rät er Menschen mit erhöhtem Risiko, wegen der Ansteckungsgefahr auf einen Besuch zu verzichten oder zumindest die Bierzelte zu meiden. "Klar sind vor allem vulnerable Gruppen, wie Immunsupprimierte, weiter von schwerem Covid-19-Verlauf gefährdet."
Söder sieht neue Phase
Auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach riet Vorerkrankten von einem Besuch auf dem Oktoberfest ab. "Alle anderen sollten sich vor einem Zeltbesuch aus Rücksicht auf andere testen lassen", sagte der SPD-Politiker der Nachrichtenagentur dpa. Dass das Volksfest wieder stattfinde, sei vertretbar. "Die Impfbereitschaft, das Verständnis für die Maßnahmen, die Vorsicht der Bevölkerung machen es möglich."
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder geht davon aus, dass die Zahl der Infektionen nach dem Oktoberfest steigen wird. Das sei die Erfahrung der bisherigen Feste, sagte er dem "Münchner Merkur". "Gleichzeitig messen wir aber zum Glück nirgends eine übermäßige Belastung der Krankenhäuser. Das spricht dafür, dass wir bei Corona in einer neuen Phase sind."
Der Staat werde vulnerable Gruppen schützen, aber keine Feiern verbieten. "Schützen ja, absperren nein", sagte Söder. "Man darf die Wiesn auch genießen". Corona sei nicht vorbei, aber zum Glück anders als noch vor einem Jahr.
Wiesn ohne Corona-Auflagen
In München hat heute nach zwei Jahren Corona-Zwangspause das 187. Oktoberfest begonnen. Bereits Stunden vor der offiziellen Eröffnung bildeten sich lange Schlangen an den Eingängen. Die Wiesn ist auch dieses Jahr umzäunt, an den Eingängen gibt es stichprobenartige Kontrollen.
Zwar darf ohne Corona-Auflagen gefeiert werden. Die Gefahr ist aber nicht komplett gebannt. Die Behörden mahnten Besucher, bei Erkältungssymptomen einen Test zu machen und zum Schutz anderer nicht krank zum Fest zu kommen. Im Herbst stehen noch zahlreiche weitere Volksfeste in Deutschland an.