Verteidigungspolitik Mehr Rüstung trotz knapper Kassen
Allen ist klar, dass Europa bei der Verteidigung trotz knapper Kassen mehr tun muss. Ein Weg aus deutscher Sicht sind Rüstungskooperationen. Manches davon wirkt unspektakulär - kann aber wegweisend sein.
Die Zeremonie auf der Marinebasis in Norwegen dauert keine zehn Minuten. Dann haben der deutsche und der norwegische Verteidigungsminister den Grundstein für ein neues U-Boot-Instandsetzungszentrum gelegt.
Was unspektakulär klingt, ist Teil des deutsch-norwegischen U-Boot-Programms - und das gilt als wegweisend. Die beiden Länder haben die neuen U-Boote zusammen entwickelt. Sie lassen sie gemeinsam bauen und werden sie auch gemeinsam nutzen und warten. Eine neue Form der Rüstungskooperation, betont Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius. Eine Blaupause auch für die NATO.
Teure Alleingänge in der NATO
Denn noch macht in der NATO jedes Land in rüstungspolitischen Fragen weitgehend seins. Schließlich geht es um die nationale Sicherheit. Um Schlüsseltechnologien, die Rüstungsindustrie im eigenen Land, um Arbeitsplätze, aber auch um Wettbewerbsbestimmungen und nationales Recht.
Wozu das führt, hat Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz unlängst bei einer Rede bei der Körber-Stiftung auf den Punkt gebracht. Die europäischen NATO-Staaten unterhielten zurzeit 178 Waffensysteme, erklärte der CDU-Chef. Die Vereinigten Staaten lediglich 30. Europa habe allein 17 verschiedene Kampfpanzer und 29 verschiedene Typen von Fregatten und Zerstörern.
"Nachhaltig ist das nicht"
Da sind zum Beispiel die Fregatten der Nansen-Klasse, die nur Norwegen nutzt. Gute Schiffe, wie Verteidigungsminister Bjørn Arild Gram betont, von denen es aber nur wenige gebe. Entsprechend teuer seien sie - auch im Unterhalt: "Nachhaltig ist das nicht." Weshalb man auch in diesem Bereich Partner sucht.
Deutschland hat bereits Interesse bekundet und hofft auf den Zuschlag. Immerhin arbeitet man bereits bei den U-Booten und bei der Entwicklung einer neuen Überschallrakete erfolgreich zusammen.
Mehr Nutzen, weniger Kosten
Die Vorteile solcher Rüstungskooperationen liegen aus Sicht des deutschen Verteidigungsministers auf der Hand: Dopplungen werden vermieden, Kompetenzen besser genutzt. Es kann Geld gespart werden, weil Entwicklungskosten nur einmal anfallen und höhere Stückzahlen geordert werden können.
Es geht aber auch darum, einheitliche Standards zu haben - um sich gegenseitig mit Personal, mit Munition oder auch Ersatzteilen aushelfen zu können. Wie wichtig mehr "Interoperabilität" wäre, hat sich nicht zuletzt bei den Waffenlieferungen an die Ukraine gezeigt.
Was es schwierig macht
Auch wenn es viele gute Argumente für mehr Rüstungskooperationen auf europäischer Ebene gibt: Ein politischer Selbstläufer ist es bisher trotzdem nicht. Es geht um viel Geld, um nationale Interessen, Sicherheit und Vertrauen.
Wie komplex es ist, lässt sich am deutsch-französischen Prestigeprojekt ablesen: der Entwicklung und dem Bau eines neuen Kampfpanzers. Schon das Aufsetzen des Projekts zog sich hin, weil die wirtschaftlichen und politischen Interessen genau austariert werden mussten. Am Ende gelang es, weil die Verteidigungsminister einen Draht zueinander haben.
Erste Schritte
So mühsam und langwierig es auch ist, miteinander ins Geschäft zu kommen: Verteidigungsminister Pistorius hält weitere Rüstungskooperationen für zwingend erforderlich. Auch, um trotz knapper Kassen der eigenen Verantwortung für mehr Sicherheit in Europa nachzukommen.
Deutschland hat bereits eine ganze Reihe von Projekten angestoßen. Es sind erste Schritte, die eine Richtung aufzeigen, in die es gehen könnte. Es lässt sich allerdings auch erahnen, wie weit die Europäer noch von gesamteuropäischen Lösungen entfernt sind. Und das nicht nur mit Blick auf die Finanzierung.