Debatte über Steuervorteile Warum die Ampel über Dienstwagen diskutiert
Die Ampel streitet über die Besteuerung der Dienstwagen. Wer will was in der Debatte? Was hat das mit dem 9-Euro-Ticket zu tun - und warum spricht die FDP von "linkem Framing"?
Für Christian Lindner ist schon der Begriff ideologisch besetzt: "Dienstwagenprivileg". Wenn die Grünen oder Umweltverbände vom sogenannten Dienstwagenprivileg sprächen, dann sei das "linkes Framing", findet der Bundesfinanzminister. Also eine manipulative Wortwahl.
Weder Lindner noch seine Partei, die FDP, sehen einen Anlass, die bestehenden Steuerregeln für Dienstwagen zu ändern. Im Zuge der Gerechtigkeits- und auch der Klimadebatte allerdings formiert sich zunehmend politischer Widerstand gegenüber dieser Haltung der Liberalen.
Statussymbol auf Firmenkosten
Viele Arbeitgeber überlassen ihren Beschäftigten Dienstwagen - oft ist das Auto Mittel zum Zweck, zum Beispiel bei Außendienstmitarbeitern, die mit dem Auto ihre Kundschaft aufsuchen. Höhere Positionen in bestimmten Unternehmen sind dagegen häufig auch damit verbunden, dass ein repräsentatives Fahrzeug zum Job gehört - ein Statussymbol auf Firmenkosten.
Sobald der Arbeitgeber dem Beschäftigten erlaubt, den Dienstwagen auch privat zu fahren, interessiert sich das Finanzamt dafür: Denn dann wird das Auto für den Arbeitnehmer zum geldwerten Vorteil - also praktisch zum Aufschlag auf sein Gehalt.
Streit um Besteuerung
Das Einkommensteuerrecht legt fest, dass der oder die Beschäftigte pro Monat pauschal ein Prozent vom Neupreis für das Auto versteuern muss - eben als geldwerten Vorteil. Bei einem Mittelklasse-Pkw für 50.000 Euro wären das also 500 Euro im Monat, für die der Arbeitnehmer Steuern und Sozialabgaben zahlen muss (verdient er so gut, dass er über der Bemessungsgrenze liegt, fallen nur Steuern an).
Als "Dienstwagenprivileg", also als eine besondere Begünstigung, wird diese Regelung vor allem deshalb bezeichnet, weil der tatsächliche wirtschaftliche Vorteil für den Beschäftigten höher liegen dürfte als das eine Prozent vom Neuwagenpreis: Denn viele Kosten des benutzten Autos wie Wertverlust, Reparaturen und oft auch das Tanken trägt ja der Arbeitgeber. Wäre der private Dienstwagen kein gutes Geschäft, dann würden ihn die meisten Betroffenen wohl auch ablehnen.
Die wahren Kosten
Tatsächlich geht das Umweltbundesamt davon aus, dass der geldwerte Vorteil durch einen privat genutzten Dienstwagen in Wahrheit doppelt so hoch liegt wie das eine Prozent vom Listenpreis. Sprich: Der Staat, also alle Steuerzahler, subventioniere privat genutzte Dienstwagen (unter denen, wie Umweltschützer anmerken, auch überproportional viele Spritfresser und SUVs seien).
Viele halten das nicht mehr für zeitgemäß - die Grünen im Bundestag, aber zuletzt auch die Wirtschaftsweise Veronika Grimm, halten das "Dienstwagenprivileg" für eine klimaschädliche Subvention, die die wahren Kosten des Autofahrens verschleiert.
Geld für das 9-Euro-Ticket
Drei bis fünf Milliarden Euro kostet die Dienstwagen-Regelung den Fiskus pro Jahr, schätzen Beobachter - genau dieses Geld würden die Grünen zum Beispiel lieber in eine Fortsetzung des 9-Euro-Tickets für den Nahverkehr stecken. Sie plädieren dafür, privat genutzte Dienstwagen deutlich höher zu besteuern - zum Beispiel gekoppelt an den CO2-Ausstoß des jeweiligen Fahrzeugs.
Den Einstieg in eine umweltbezogene Besteuerung hat der Gesetzgeber dabei längst vollzogen: Für elektrisch angetriebene Dienstwagen liegt der geldwerte Vorteil bei privater Nutzung nur bei einem Viertel Prozent des Neupreises; für Hybridfahrzeuge gilt ein halbes Prozent pro Monat. Einen solchen Dienstwagen privat zu fahren, ist für Beschäftigte also nochmals erheblich günstiger.
Für die deutsche Autoindustrie sind Dienstwagen im Übrigen ein gutes Geschäft: Knapp eine Million Fahrzeuge wurden im vergangenen Jahr auf ein Unternehmen angemeldet - rund jede dritte Neuzulassung. Allerdings fallen hierunter auch viele Kleinwagen, zum Beispiel für Pflegedienste. Der Begriff "Dienstwagenprivileg" aber meint wohl vor allem Firmen-Limousinen, die für Geringverdiener unerschwinglich bleiben.