Zwei Männer leihen E-Tretroller der Marke Tier aus.
faq

Entwurf des Verkehrsministers Diese neuen Regeln für E-Scooter werden diskutiert

Stand: 30.07.2024 11:15 Uhr

Seit mehr als fünf Jahren sind E-Scooter auf Deutschlands Straßen erlaubt. Nun will das Verkehrsministerium die wenigen Vorschriften nachschärfen. Angedacht ist neben einer Angleichung an Regeln zum Radverkehr auch eine Blinkerpflicht.

Was ist die Ausgangslage?

Bislang gibt es für E-Scooter relativ wenige Regeln - das soll sich nun ändern. Das Verkehrsministerium hat deshalb einen Referentenentwurf vorgelegt, der die Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung und anderer Vorschriften ändern soll. Dies sei bereits bei der Zulassung 2019 so vorgesehen gewesen, hieß es vom Ministerium.

Es geht dabei um sogenannte verhaltensrechtliche Regelungen. Im Kern bedeutet das: Die Regelungen zu E-Scootern sollen, wo es möglich ist, denen zum Radverkehr angeglichen werden. Das bedeutet zum Beispiel: Roller-Fahrer sollen künftig wie auch Radfahrer bei einer roten Ampel den Grünpfeil nutzen dürfen.

Der Entwurf enthält laut Ministerium zudem den Vorschlag, dass auf jenen Gehwegen oder Fußgängerzonen, die für den Radverkehr freigegeben sind, auch E-Scooter in Schrittgeschwindigkeit fahren dürfen. Wie bisher sei bei solchen Freigaben Schrittgeschwindigkeit einzuhalten und in besonderem Maße auf Fußgänger Rücksicht zu nehmen. 

Wann soll die neue Verordnung in Kraft treten?

Nach Angaben des Verkehrsministeriums soll die neue Verordnung im April 2025 in Kraft treten. Städten und Kommunen wird allerdings dann ein Jahr Zeit gegeben, die neuen Regeln für E-Scooter an jene für den Radverkehr anzugleichen. Es besteht also eine Übergangsfrist.

Länder und Verbände können bis 9. August Stellung zum Entwurf des Verkehrsministeriums nehmen. Auch der Bundesrat muss dann den Änderungen zustimmen.

Warum besteht eine Übergangsfrist für die Kommunen?

In der Übergangsfrist könnten die Kommunen beispielsweise prüfen, ob auf Gehwegen oder Fußgängerzonen, die für den Radverkehr freigegebenen sind, ein Verbot für Elektrokleinstfahrzeuge ausgesprochen werden sollte. Die zuständigen Behörden vor Ort könnten dann entscheiden, ob auch E-Scooter auf einzelnen für Fahrräder freigegebenen Gehwegen erlaubt seien oder nicht, erklärte das Verkehrsministerium.

Warum sollen Blinker zur Pflicht werden?

Neu soll auch sein, dass neu zugelassene E-Scooter grundsätzlich mit einem Blinker ausgestattet sein müssen. Gelten soll das laut Entwurf von Anfang 2027 an. Nach einer Marktanalyse zeichne sich der Trend ab, dass neuere Fahrzeuge zunehmend schon standardmäßig über Blinker verfügen. 

Viele Menschen empfänden es als unsicher, auf einem E-Scooter das Abbiegen per Hand anzuzeigen, hält die Bundesanstalt für Straßenwesen fest. Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat begrüßte es, dass es künftig verbindliche Blinker bei neuen Rollern geben solle. Auf E-Scootern könne das Handzeichen, für das der Lenker nur noch mit einer Hand gehalten werde, zu instabiler Fahrweise führen.

Was stört den Fußgänger-Verband an den Plänen?

Der Fachverband Fußverkehr (FUSS) bezeichnete die Pläne als eine "grobe Attacke" auf die Menschen zu Fuß. Verkehrsminister Volker Wissing wolle die Roller auf mehr Gehwegen und in mehr Fußgängerzonen zulassen, lautet der Vorwurf.

Der Verband stört sich auch daran, dass der Referentenentwurf vorsieht, dass E-Scooter-Fahrer nicht mehr wie bisher einen Mindestabstand von 1,5 Metern einhalten müssen, wenn sie Fußgänger überholen. Stattdessen sollen auch hier die Vorgaben aus dem Radverkehr gelten. Leih-E-Scooter würden oft gefährlich und chaotisch gefahren, kritisiert der FUSS.

Der Verband lehnt auch die Idee Wissings ab, dass in der Straßenverkehrsordnung für Roller zukünftig das gleiche Parkrecht gelten soll wie für Fahrräder. Der Verkehrsminister würde damit "das Abstell-Chaos verfestigen", erklärte der FUSS. Stattdessen sollten nach einer Übergangszeit ab Anfang 2026 E-Scooter auf Gehwegen nur noch auf markierten Flächen abgestellt werden dürfen, schlägt der Verband vor.

Welche Vorbehalte hat der ADAC?

Aus Sicht des ADAC bleibt ein zentrales Problem unberücksichtigt: Passanten, die bei einem Unfall mit einem E-Scooter verletzt werden, sind nämlich weiterhin nicht rechtlich abgesichert.

Bei den Rollern bestehe bisher aufgrund ihrer Geschwindigkeit von maximal 20 Kilometern pro Stunde keine Gefährdungshaftung, sagte eine Sprecherin des Automobilclubs. "Daher muss derjenige, der heute schuldlos durch einen E-Scooter zu Schaden kommt, dem E-Scooter-Fahrer ein persönliches Verschulden nachweisen, um von der Versicherung Schadenersatz zu erhalten."

Was sagt der TÜV zu den Anpassungen?

Beim TÜV-Verband stoßen die Vorschläge aus dem Verkehrsministerium auf Anklang. Es sei notwendig, die Sicherheit und Akzeptanz der E-Scooter zu verbessern, vor allem vor dem Hintergrund der steigenden Beliebtheit, sagte der Fachbereichsleiter Fahrzeug und Mobilität, Richard Goebelt.

Insbesondere die angedachten Anpassungen an die technischen Anforderungen der Fahrzeuge seien essenziell, um die Betriebssicherheit der E-Scooter zu steigern. Goebelt nannte etwa die Einführung der Blinker, eine Verschärfung der Batterieprüfungen oder voneinander unabhängige Vorder- und Hinterradbremsen.

Was sind die häufigsten Ursachen für Unfälle?

Im vergangenen Jahr hat sich die Zahl der Todesopfer und Verletzten bei E-Scooter-Unfällen verdoppelt. 22 Menschen starben nach Angaben des Statistischen Bundesamts auf Deutschlands Straßen, 2022 waren es elf Tote gewesen. 

Insgesamt gab es 9425 E-Scooter-Unfälle, bei denen Menschen verletzt wurden. Das waren 14,1 Prozent mehr als im Jahr davor. Viele Roller-Fahrer hätten sich demnach nicht daran gehalten, auf vorgesehene Fahrradwege oder Schutzstreifen zu fahren, denn das Fahren auf Gehwegen ist verboten.

Fast genauso häufig war das Fahren unter Alkoholeinfluss Grund für einen Unfall. Zu besonders vielen Unfälle kam es demnach in Großstädten.