AfD und der FC Bundestag Das Wundern von Bern
Der FC Bundestag fährt in einer "interfraktionellen Dienstreise" zur EM der Parlamentsmannschaften in die Schweiz. Eigentlich wollte der Verein den AfD-Spieler zu Hause lassen. Jetzt muss er mit, soll aber nicht auflaufen.
Nichts weniger als "Das Wunder von Bern 2.0" wollen die Spieler des FC Bundestag liefern. Bei den Europäischen Parlaments-Meisterschaften in der Schweiz wollen hoch motivierte Abgeordnete des Deutschen Bundestags ihr Land und den Bundestag würdig vertreten. Kein Geringerer als Trainerlegende Felix Magath soll sie dafür trainieren. Beste Voraussetzungen, Deutschland ist schließlich eine Turniermannschaft.
Allerdings steckt der Club in einem politisch-sportlichen Dilemma: Seit Jahrzehnten rühmt sich der Verein, dass das Parteibuch der Abgeordneten beim Parlamentsfußball keine Rolle spielen soll. Mit den Vertretern der AfD wollen viele der Abgeordneten aber nicht zusammen spielen. Zu einschneidend, sagt eine Mehrheit in der Mannschaft, waren die Recherchen von Correctiv zu dem demokratiezersetzenden Geheimtreffen in Potsdam, an dem auch AfD-Mitglieder teilnahmen. Alarmiert sind die Spieler zusätzlich von Meldungen über bis zu 100 rechtsextreme Mitarbeiter der AfD im Parlament.
"Unser Signal ist eindeutig"
Darum beschloss der FC Bundestag schon vor einigen Wochen, AfD-Mitglieder auszuschließen. 29 Spieler waren bei der Abstimmung dafür, elf dagegen, zwei enthielten sich. Es geht um vier Abgeordnete der AfD: Malte Kaufmann, Jörn König, Petr Bystron sowie Wolfgang Wiehle - letztere wurden allerdings schon länger nicht mehr im Spielbetrieb wahrgenommen.
Der Mannschaftskapitän Mahmut Özdemir von der SPD verteidigt den Ausschluss der AfD. Die Menschen und der organisierte Sport schauten auf diesen besonderen Verein. Zahlreiche angesetzte Spiele des FC Bundestag seien von gegnerischen Mannschaften schon abgesagt worden. Niemand wolle die auf dem Platz einem AfD-Abgeordneten gegenüberstehen.
"Unser Signal ist eindeutig, wir dulden im FC Bundestag keine Mitglieder der AfD, die mit dem Rechtsextremismus paktieren oder das mindestens billigend in Kauf nehmen", sagt Özdemir. "Jeder einzelne AfD-Kollege kann sich nun überlegen, ob ihm die Mitgliedschaft in der AfD oder die Mitgliedschaft im FC Bundestag wichtiger ist."
Mitfahren, aber nicht mitspielen
Soweit allerdings nur die Theorie. Zum langersehnten Turnier in der Schweiz reist nun doch ein Spieler aus der AfD, trotz des eindeutigen Votums der Mannschaft. Das kann der Kapitän nur so erklären: "Da es sich bei der Reise zur 51. Parlamentarier-EM in der Schweiz um eine interfraktionelle Dienstreise handelt, haben alle Fraktionen die Möglichkeit, an der Reise teilzunehmen."
Der Spieler aus der AfD ist Malte Kaufmann. Und der ist sauer. Ihm sei bereits mitgeteilt worden, dass der FC Bundestag ihn in Bern gar nicht aufstellen werde. "Die nehmen mich nur mit, damit ihre Dienstreise genehmigt und vom Bundestag, also von Steuergeldern, bezahlt wird. Da müssen alle Parteien gefragt werden, sonst darf keiner mit", sagte Kaufmann dem ARD-Hauptstadtstudio. Er werde mitfahren - auch wenn er nicht auf den Platz kommt.
Zu Reisekosten schweigt der Club
Aus seiner Sicht ungerecht, denn in anderen Teams spielen befreundete Parteien wie die FPÖ aus Österreich oder auch die rechtspopulistische Partei Die Finnen. Vor diesem Hintergrund klagt die AfD inzwischen gegen den Ausschluss aus dem Verein.
Das Dilemma lässt sich vor dem Ausflug in die Schweiz nicht mehr lösen. Auf die Frage, ob die Abgeordneten nicht die Reise privat zahlen könnten, damit es keine "interfraktionelle Reise" wäre, teilt der FC Bundestag am Dienstag mit: "Dieses Vorgehen ist seit vielen Jahren Tradition. Bisher gab es keinen Grund, davon abzuweichen, da der Austausch der Parlamentarier:innen verschiedener Parlamente einen hohen Stellenwert genießt. In der gestrigen Vorstandsitzung haben wir uns mit der Frage bereits auseinandergesetzt und entschieden, für das nächste Jahr einen anderen Modus zu prüfen."
Zu Frage der Reisekosten schweigt der Club. Jeder Abgeordnete organisiere seine Reise nach Bern selbst, heißt es knapp. Wer zahlt, ist damit nicht gesagt.