Nach Ernennung von Pistorius Kritik an fehlender Parität im Kabinett
Und noch ein Mann: Mit der Ernennung von Boris Pistorius zum Verteidigungsminister ist die Geschlechterparität im Kabinett aus dem Gleichgewicht geraten. Die hatte Kanzler Scholz vor seiner Wahl zugesichert. Kritik kommt von den Grünen und Linken.
Es war eines seiner Wahlversprechen: "Ein von mir als Bundeskanzler geführtes Kabinett ist mindestens zur Hälfte mit Frauen besetzt", sagte Bundeskanzler Olaf Scholz noch im November 2020. Doch durch die Ernennung von Boris Pistorius als neuer Verteidigungsminister ist das Gleichgewicht der Geschlechter im Kabinett gestört.
Bisher waren es acht Männer und acht Frauen, nun werden es neun Männer und sieben Frauen sein - der Kanzler selbst nicht mitgezählt. Vor allem von den Grünen und Linken erntet Scholz dafür Kritik.
Gebel: Kanzler hat keinen Platz für starke Frauen
Die Grünen machten klar, dass ihnen die Parität "extrem wichtig" sei. Fraktionschefin Katharina Dröge sagte, Pistorius sei zwar geeignet und qualifiziert. "Aber unser Selbstverständnis ist es, dass im Jahre 2023 ein Kabinett paritätisch besetzt ist." Es hätte auch erneut eine Frau als Verteidigungsministerin geben können. Frauen seien mindestens gleich qualifiziert.
Scholz habe keinen Platz für starke Frauen an seinem Kabinettstisch, schreibt die Berliner Grünen-Fraktionsvorsitzende Silke Gebel auf Twitter.
Kritik kommt auch von Linken-Chefin Janine Wissler: Mit der Benennung von Boris Pistorius verabschiedet Scholz sich von der Parität innerhalb der Ampel-Regierung", sagte die Politikerin dem Nachrichtenportal "t-online".
Söder: Parität ist offiziell abgehakt
CSU-Chef Markus Söder schloss sich der Kritik an: "Parität ist jetzt offiziell abgehakt von der Ampel", sagte der bayrische Ministerpräsident. Mit der Entscheidung von Scholz sei jetzt endgültig klar, dass Parität der Geschlechter in der Bundesregierung keine Rolle mehr spiele.
Auf Twitter äußerte sich die CDU-Abgeordnete und Bundestags-Vizepräsidentin Yvonne Magwas: "Der Wind weht und schon ist es wieder vorbei mit der Parität bei der SPD. Sehr bedauerlich. Hätte es bei Angela Merkel nicht gegeben."
Klingbeil: Parität bleibt der SPD wichtig
SPD-Chef Lars Klingbeil verteidigte Scholz: Die Frage der Parität sei dem Bundeskanzler und der SPD-Parteispitze wichtig. "Die bleibt auch wichtig", versicherte er. "Aber wir hatten jetzt in den vergangenen Tagen in einer konkreten Personalfrage zu entscheiden. Und Boris Pistorius ist der richtige für diesen Job - und danach haben wir entschieden."
Schieflage könnte sich noch verstärken
Keine Kritik kommt vom Koalitionspartner FDP. Die Partei betonte, es solle nicht nach Geschlecht entschieden werden. Sie selbst hatte drei Männer und eine Frau ins Kabinett geschickt. Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki bezeichnete die Entscheidung für Pistorius als eine gute Wahl. "Gott sei Dank hat sich die SPD von dem Unsinn verabschiedet, Positionen zwingend nach Geschlecht oder regionalem Proporz als nach Kompetenz zu besetzen", sagte der FDP-Politiker der "Rheinischen Post".
In den vergangenen Tagen war über einen Ringtausch spekuliert worden, um die Parität wiederherzustellen. Dazu hat sich Scholz bislang nicht geäußert. Und das Problem könnte sich noch verschärfen, falls Innenministerin Nancy Faeser Anfang Februar ihre Spitzenkandidatur für die Landtagswahl in Hessen erklären sollte.