Europawahl und Landtagswahlen Wie die Grünen 2024 punkten wollen
Der Grünen-Bundesvorstand will bei einer Klausurtagung die Weichen für das Wahljahr 2024 stellen. Ideen, wie die Partei auch in Ostdeutschland punkten will, gibt es bereits.
Tannengrün statt grell - so kann man das Selbstverständnis zusammenfassen. Seit dem Herbst nutzen die Grünen ein neues Design, neue Logos. Früher sollten die Farben möglichst "frisch" sein, jetzt ist alles gesetzter: Das Tannengrün stehe "symbolisch für die Rolle als Regierungspartei", so hat Bundesgeschäftsführerin Emily Büning den neuen Anstrich erklärt. Man sei "pragmatisch und abwägend". Die Farben der Verantwortung verdunkeln nun die Wahlplakate, die gerade in Berlin hängen.
Tannengrün zum Regieren - seit Herbst haben die Grünen ein neues Design.
Die Partei startet in ein schwieriges Wahljahr. Genau darauf bereitet sich der Bundesvorstand bei seiner Klausur in der Hauptstadt vor. Die Februar-Wahl in Berlin ist dabei vielleicht noch die einfachste Aufgabe: Es wird vor allem in grünen Hochburgen wie Pankow oder Charlottenburg-Wilmersdorf noch einmal gewählt. Dort waren bislang bis zu 24 Prozent drin. Wenn die Partei annähernd solche Werte erreicht, könnte das aus grüner Sicht schöne Schlagzeilen bei einer sonst recht bedeutungslosen Wahl bringen - und Rückenwind für die Europa- und Kommunalwahlen im Mai und Juni.
Welche Strategien helfen in Ostdeutschland?
Dass es Verluste geben wird, ist eigentlich allen klar: Bei der Europawahl 2019 erreichten die Grünen ein Rekordergebnis, wurden zweitstärkste Kraft mit gut 20 Prozent. Es waren andere Zeiten. Die Ampel ist in Umfragen unbeliebt. Die Grünen sind innerhalb der Koalition immerhin der Partner mit den stabilsten Werten, zwischen 13 und 15 Prozent, nie weit weg vom Bundestagswahlergebnis.
Die größte Herausforderung wartet im Herbst: Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg. Im Osten gibt es etliche Landkreise, in denen die Partei bei der vergangenen Bundestagswahl der Fünf-Prozent-Hürde nicht einmal nahe kam - von Elbe-Elster bis ins Eichsfeld.
Grüne brauchen dort besondere Strategien, um überhaupt gehört zu werden: "Es hilft, mal anders ins Gespräch einzusteigen", sagt Heiko Knopf, Stellvertretender Parteivorsitzender und im Bundesvorstand als Jenaer so etwas wie der Mann für den Osten.
"Ich starte oft mit einem 'Danke'", erklärt Knopf. "Vieles kommt vom Land, beispielsweise Energie, Nahrungsversorgung und Rohstoffe." Man müsse auch mal würdigen, dass dort "viele früh aufstehen". So will Knopf die Stimmung am Wahlkampfstand im Oderbruch oder im Altenburger Land heben.
Hoffen auf die Stimmen der Frauen
Es gibt einen Moment auf dem vergangenen Bundesparteitag im November 2023, der zeigt, welche Strategien den Grünen bei den drei Wahlen noch helfen könnten: Da steht Heiko Knopf auf der Bühne zusammen mit Delegierten aus dem Osten - und es sind zum großen Teil Frauen. Bei den Grünen sei Politik auch "familienfreundlich" organisierbar, das solle man überall weitererzählen, ruft Knopf damals.
Die Grünen hoffen im Osten auf die Stimmen der Frauen, heißt es aus Parteikreisen. Offiziell will man natürlich alle ansprechen. Aber Studien zeigen auch: Die AfD wird zu zwei Dritteln von Männern gewählt. Diese Anhänger seien "für uns nachweislich nicht erreichbar", sagt beispielsweise Brandenburgs grüner Spitzenkandidat Benjamin Raschke. Dagegen sind die Grünen traditionell eine Partei, die stärker Frauen anspricht.
Hinzu kommt, dass die Wahl in Polen gezeigt hat, wie man Rechtsaußen-Parteien besiegt: Die Bürgerkoalition um Donald Tusk hatte im Wahlkampf bewusst auf Themen gesetzt wie Familienplanung und ein modernes Frauenbild - und so versucht, die weibliche Wahlbeteiligung zu erhöhen.
"Menschen nicht vor den Kopf stoßen"
Die Parteispitze will sich zugleich nicht mehr in Kulturkämpfe, beispielsweise ums Gendern, verwickeln lassen. "Die Menschen nicht vor den Kopf stoßen", hat sich auch Heiko Knopf vorgenommen. Er setzt eher auf Fragen wie: Woher kommen die ganzen Fachkräfte, die nicht nur der Osten braucht? Dazu will der Bundesvorstand auf seiner Klausur beraten. Als Gäste haben sich die Grünen dafür Arbeitsagenturchefin Andrea Nahles und die IG-Metall-Vorsitzende Christiane Benner eingeladen.
Damit ihre Ideen bei den Wählern ankommen, setzen die Grünen auch auf Schützenhilfe aus anderen Regionen. Auf dem vergangenen Parteitag warb ein ganzer Stand mit einem schönen Sommer im Osten: "Lerne Thüringen, Sachsen oder Brandenburg beim Wahlkampfurlaub kennen", steht in der Broschüre dazu. Die Bilder werben mit jungen Gesichtern im Sonnenuntergang, ruhig schippernden Booten, Burgen und Elblandschaften. Ganz so entspannt dürfte es im Wahlkampf nicht werden.