Schleswig-Holstein Landwirte hindern Habeck an Verlassen von Fähre
Wirtschaftsminister Habeck ist im schleswig-holsteinischen Schlüttsiel von Bauern daran gehindert worden, eine Fähre zu verlassen. Er musste daraufhin auf die Hallig Hooge zurückkehren. Der Protest rief parteiübergreifend scharfe Kritik hervor.
Wütende Bauern haben Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) in Schlüttsiel in Schleswig-Holstein am Verlassen einer Fähre gehindert. Sie blockierten den Anleger, wie ein Polizeisprecher sagte. Habeck, der auch Wirtschaftsminister ist, habe deshalb wieder auf die Hallig Hooge zurückkehren müssen. Dabei hätten 25 bis 30 Menschen versucht, die Fähre am Ablegen zu hindern.
Nach Angaben der Polizei handelte es sich insgesamt um mehr als hundert Demonstranten. Rund 30 Beamte seien im Einsatz gewesen. Sie hätten auch Pfefferspray eingesetzt, sagte ein Polizeisprecher. Ob es Verletzte gegeben hat, ist nicht bekannt.
Ministerium: Sicherheitslage ließ Gespräch nicht zu
Eine Sprecherin Habecks sagte am Abend, der Minister sei gerne bereit gewesen, mit den Landwirten zu sprechen. "Leider ließ die Sicherheitslage ein Gespräch mit allen Landwirten nicht zu, das von Minister Habeck gemachte Gesprächsangebot mit einzelnen Landwirten wurde leider nicht angenommen."
Laut Polizei beruhigte sich die Lage schnell, als die Fähre abgelegt hatte. Anzeigen lagen am Abend nicht vor. "Landfriedensbruch steht schon im Raum", sagte ein Polizeisprecher auf die Frage, ob trotzdem ermittelt werde.
Bundesregierung: Blockade "beschämend"
Die Bundesregierung bezeichnete die Protestaktion als beschämend. "Bei allem Verständnis für eine lebendige Protestkultur: Eine solche Verrohung der politischen Sitten sollte keinem egal sein", schrieb Regierungssprecher Steffen Hebestreit auf der Plattform X. Die Blockade von Habecks Ankunft im Fährhafen Schlüttsiel "ist beschämend und verstößt gegen die Regeln des demokratischen Miteinanders", hieß es.
Justizminister Marco Buschmann (FDP) schrieb auf X: "Dass man auch mal wütend ist: geschenkt. Aber klar ist: Gewalt gegen Menschen oder Sachen hat in der politischen Auseinandersetzung nichts verloren! Das diskreditiert das Anliegen vieler Landwirte, die friedlich demonstrieren." Auch Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) meldete sich auf X zu Wort: "Dort, wo Worte durch Gepöbel und Argumente durch Gewalt ersetzt werden, ist eine demokratische Grenze überschritten."
"Eine radikale Minderheit, die anderes im Schilde führt"
Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) sagte im ARD-Morgenmagazin, er habe großes Verständnis dafür "wenn unsere Landwirtinnen und Landwirte ihre Position einbringen". Die Bundesregierung habe ja auch zugehört und ihre Position korrigiert. Aber bei dem Vorfall in Schlüttsiel gehe es nicht um Landwirtschaft. "Das sind Leute, (...) die haben feuchte Träume von Umstürzen - und das wird es nicht geben. Um es sehr klar zu sagen: Das ist nicht akzeptabel." Özdemir betonte, in Schlüttsiel seien "nicht die deutschen Bauern" aufgetreten, sondern eine kleine, radikale Minderheit, die anderes im Schilde führe. "Ich kann alle nur auffordern und bitten, sich davon deutlich zu distanzieren."
Der frühere CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak erklärte auf X, es werde hier eine Grenze überschritten. "Wer die Ampel inhaltlich laut kritisiert, darf jetzt nicht schweigen. Das geht so nicht!"
Bauernverband hält Maßnahmen für unzureichend
Die Bauern sind seit Wochen empört wegen dem von der Ampel-Koalition geplanten Abbau von Subventionen. Am Donnerstag reagierte die Bundesregierung dann auf die massiven Bauernproteste: Die Koalition will auf die Abschaffung der Kfz-Steuerbefreiung für die Landwirtschaft verzichten.
Die Abschaffung der Steuerbegünstigung beim Agrardiesel soll gestreckt und in mehreren Schritten vollzogen werden, wie der Sprecher der Bundesregierung in Berlin mitteilte. Der Deutsche Bauernverband hält die Maßnahmen aber für unzureichend - und hält an einer ab Montag geplanten Aktionswoche fest.