Habecks Industriestrategie Subventionen, Investitionen - und ein drohender Ärger
Wirtschaftsminister Habeck will heute seine neue Industriestrategie vorstellen. Nach dem Konzept, das der "Süddeutschen Zeitung" vorliegt, setzt er auf staatliche Unterstützung und will die Schuldenbremse lockern. Das dürfte neuen Ärger mit der FDP geben.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) plant eine stark auf staatliche Unterstützung ausgerichtete Industriepolitik - und will dafür die Schuldenbremse lockern. Das Ziel: den Standort Deutschland stärken, den Wohlstand erneuern und für mehr wirtschaftliche Sicherheit sorgen.
"Es sei der Debattenvorschlag des Wirtschaftsministers für Deutschlands künftige Industriestrategie", heißt es gegenüber dem ARD-Hauptstadtstudio aus dem Bundeswirtschaftsministerium.
Zuerst hatte die "Süddeutsche Zeitung" berichtet. Auf 46 Seiten hat Habeck laut "SZ" seine Ideen zusammenfassen lassen. Das Konzept sieht demnach neben schnelleren Genehmigungsverfahren und Infrastrukturinvestitionen auch einen zeitlich befristeten, vom Staat subventionierten Industriestrompreis vor.
Habeck will seine Pläne, die die Industrie als deutschen Markenkern betrachten, am Mittag in Berlin vorstellen. Die Kernbotschaft des Papiers: "Wir wollen Deutschland als starken Industriestandort in seiner ganzen Vielfalt erhalten. Vom Weltkonzern über die mittelständischen Hidden Champions bis zum Kleinbetrieb. Von der energieintensiven Grundstoffindustrie über den Maschinen- und Fahrzeugbau bis zur Raumfahrt." Auch die energieintensive Grundstoffindustrie solle weiterhin präsent sein.
Ziel: Unabhängiger werden von Autokratien
Das Konzeptpapier verweist auf die Veränderungen insbesondere durch die Coronapandemie und den russischen Angriff auf die Ukraine: Lieferketten wie die nach China erwiesen sich als instabil, Abhängigkeiten von einzelnen Akteuren wie Russland in Energiefragen als große Nachteile. "Wenn wir Wertschöpfungsketten diversifizieren und gleichzeitig Wertschöpfung in Deutschland und Europa erhalten und neu aufbauen, macht uns das unabhängiger von Autokratien in einer immer unsichereren Welt", heißt es laut "SZ" in dem Papier.
Es müsse daher viel Geld in die Hand genommen werden: für den Ausbau der erneuerbaren Energien, der Stromnetze und der Wasserstoffindustrie, die Sanierung von Schienen, Brücken und Straßen und steuerliche Anreize für Investitionen.
Habeck bekennt sich in dem Papier auch zu neuen Technologien zur Speicherung von CO2 in unterirdischen Lagerstätten. Die werden in seiner eigenen Partei allerdings sehr kritisch gesehen.
Habeck will an energieintensiven Betrieben festhalten
Habeck erteilt Vorschlägen eine Absage, Deutschland solle angesichts ungünstiger Bedingungen für die Produktion von günstigem Sonnen- und Windstrom auf besonders energieintensive Betriebe etwa aus der Chemie-, Glas- oder Zementindustrie künftig verzichten. Dem Papier zufolge soll auch langfristig in Deutschland etwa Glas, Zement und Papier produziert werden, auch wenn die Voraussetzungen zur Produktion von günstigem Strom verhältnismäßig schlecht sind.
Bei der Frage der Finanzierung scheint ein Konflikt mit dem Koalitionspartner FDP absehbar. Denn Habeck stellt die Schuldenbremse infrage, auf deren Einhaltung insbesondere FDP-Chef Christian Lindner pocht. "Unsere Finanzverfassung ist in Zeiten entstanden, die noch von einer marktdominierten Globalisierung und von deutlich weniger geopolitischen Spannungen geprägt war", zitiert die "SZ" dazu aus dem Papier: "Wir müssen als Land diskutieren, wie diese Regeln spätestens in der nächsten Legislaturperiode an die neuen Realitäten angepasst werden können."