Habecks Industriestrategie Mehr Subventionen, weniger Schuldenbremse
Wirtschaftsminister Habeck hat eine Strategie zur Stärkung der deutschen Industrie vorgestellt. Darin geht es auch um den Erhalt von energieintensiven Branchen und um Anreize für ältere Arbeitnehmer. Die Finanzierung könnte zum Problem werden.
Wirtschaftsminister Robert Habeck will Deutschland mit einer neuen Strategie wieder als starken Industriestandort positionieren und "in seiner ganzen Vielfalt erhalten". Das erklärte der Grünen-Politiker bei der Präsentation eines Strategiepapiers seines Ministeriums. Die Industrie sei nicht nur wirtschaftlich bedeutend, sondern trage auch "entscheidend zum sozialen Zusammenhalt unserer Gesellschaft bei und auch zu ihrer demokratischen Stabilität", sagte Habeck. Sie sei Teil der Identität des Landes.
Ein Ziel sei es, "unabhängiger von Autokratien in einer immer unsichereren Welt" zu werden, sagte der Minister. Er warb erneut für einen erheblichen Ausbau erneuerbarer Energien, günstigere Strompreise, weniger Bürokratie und die rasche Umsetzung der Vorhaben zur Einwanderung von Fachkräften. Die "Verbesserung der Angebotsbedingungen" müsse den Schwerpunkt der zweiten Halbzeit der Bundesregierung bilden, heißt es in dem Papier.
Steuererleichterungen und Anreize
Dafür plant Habeck eine stark auf staatliche Unterstützung ausgerichtete Industriepolitik, um auch energieintensive Grundstoffindustrien im Land zu halten. Seinem Papier zufolge soll auch langfristig in Deutschland etwa Glas, Zement und Papier produziert werden.
Der Grünen-Minister plädiert für Steuererleichterungen und Fördermittel für Unternehmensinvestitionen. Außerdem soll es Anreize geben für Menschen, die im Rentenalter weiter arbeiten möchten. Wer länger im Job bleibe, könne etwa den Arbeitgeberbeitrag zur Arbeitslosen- und Rentenversicherung direkt ausbezahlt bekommen. "Alternativ dazu wäre ein steuerlicher Freibetrag für sozialversicherungspflichtige Beschäftigte oberhalb der Regelaltersgrenze denkbar", heißt es in der Strategie.
Habeck stellt Schuldenbremse infrage
Die Finanzierung der Vorhaben wirft allerdings Fragen auf. In dem Papier steht: "Unsere Finanzverfassung ist in Zeiten entstanden, die noch von einer marktdominierten Globalisierung und von deutlich weniger geopolitischen Spannungen geprägt waren. Wir müssen als Land diskutieren, wie diese Regeln an die neuen Realitäten angepasst werden können." Die Kosten der notwendigen Erneuerung müssten "solidarisch gestemmt werden". Das könnte neuen Ärger mit Finanzminister Christian Lindner von der FDP bedeuten. In der Bundesregierung ist das Papier aus Habecks Ministerium noch nicht abgestimmt.
Der Wirtschaftsminister stellt für eine Stärkung der Industrie perspektivisch auch die Schuldenbremse infrage. Es sei nötig "zu überprüfen, ob die finanzpolitischen Spielregeln, die wir uns gegeben haben, noch zu dieser Zeit passen", sagte Habeck. Für diese Legislatur gelte zwar der Koalitionsvertrag inklusive der Schuldenbremse - man dürfe aber ja auch darüber hinaus denken.