LNG-Gesetz im Bundestag Habeck, die Schweinswale und ein Dilemma
Wirtschaftsminister Habeck will mit dem "LNG-Beschleunigungsgesetz" in Rekordzeit Terminals für Flüssigerdgas errichten. Für den Grünen ist das ein Dilemma - oder doch nicht?
Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck von den Grünen ist in einem Dilemma. Einerseits will er, dass Deutschland möglichst schnell Alternativen zu russischem Erdgas bekommt. Andererseits sind ihm auch Schweinswale wichtig, wie er kürzlich bekannte. "Ich liebe Schweinswale", sagte er in einem Interview mit RTL. Er komme von der Küste und sei deshalb "vermutlich der größte Schweinswal-Fan in der Bundesregierung".
Aber derzeit geht es Habeck vor allem darum, in Rekordzeit Flüssigerdgasterminals an der deutschen Küste zu errichten. Erste Vorarbeiten in Wilhelmshaven haben bereits begonnen.
Habeck war bei dem sogenannten ersten Rammschlag vor Ort. Und mit dem "LNG-Beschleunigungsgesetz", das der Bundestag heute verabschieden dürfte, sollen die Arbeiten an mehreren möglichen Standorten nun umso schneller vorankommen. Das bedeutet stark verkürzte Fristen für die Bürgerbeteiligung, und die Umweltverträglichkeitsprüfungen sollen in deutlich vereinfachten Verfahren vorgenommen werden.
Kritik der Umweltverbände
An dieser Stelle kommen die Schweinswale ins Spiel. Umweltverbände befürchten eine Gefährdung der Tiere durch die Errichtung der Flüssiggasterminals, was eine ausgiebige Prüfung erforderlich mache. Und: Der Gesetzentwurf stelle grundlegende Beteiligungsmöglichkeiten in Frage, kritisiert der Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe Sascha Müller-Kraenner.
Ganz besonders problematisch ist aus Sicht der Umwelthilfe, dass jahrzehntelang erkämpfte Rechte völlig abgeschafft oder runtergekürzt würden. "Das geht auf ein absolutes Minimum zurück. Und dadurch verliert das Verfahren natürlich an Qualität", so Müller-Kraenner. Das führe dazu, dass am Schluss eventuell nur der Klageweg bleibe.
Widerspruch eingelegt
Bislang hat die Umwelthilfe nur einen ersten Widerspruch gegen das Projekt in Wilhelmshaven eingelegt und Akteneinsicht gefordert, aber noch keine Klagen angekündigt. Dennoch warnt Habeck schon jetzt vor den möglichen Folgen. "Umwelthilfe, macht es nicht. Im Zweifelsfall bringt uns Eure Klage in die größte Abhängigkeit von Putin. Das solltet ihr nicht tun an dieser Stelle."
Das "LNG-Beschleunigungsgesetz" bezieht sich explizit auf die geplanten Flüssiggasterminals, auf die drohende Versorgungsnotlage, falls Deutschland ohne russisches Gas auskommen muss. Es geht um die Möglichkeit, insgesamt elf LNG-Anlagen zu errichten - sowohl als schwimmende Terminals als auch als feste Hafenanlagen, deren Bau aufwendiger und zeitraubender ist.
Als denkbare Standorte sind im Gesetzentwurf sechs Häfen genannt: Brunsbüttel, Wilhelmshaven, Stade, Hamburg, Rostock und Lubmin. Das zügig erarbeitete Gesetz bezieht sich also auf konkrete Projekte, die mehr oder weniger aus der Not geboren sind durch den russischen Angriffskrieg in der Ukraine.
Auf andere Projekte übertragbar?
Aber das Gesetz steht auch für ein grundlegendes Ziel der Regierungsparteien SPD, Grüne und FDP - nämlich Planungs- und Genehmigungsverfahren für Infrastrukturprojekte deutlich zu beschleunigen. So hält FDP-Fraktionschef Christian Dürr das Gesetz "geradezu für eine Blaupause".
Es gehe darum, die Planungsbeschleunigung in Deutschland insgesamt voranzubringen. "Wir werden prüfen, inwiefern wir das auf andere Großprojekte übertragen können", so Dürr. Der FDP-Fraktionschef nennt als Beispiele Projekte zur Dekarbonisierung aber auch zur Digitalisierung des Landes.
Habecks Dilemma
Und die Grünen dringen vor allem darauf, den Ausbau der bei vielen Bürgern unbeliebten Windparks zu beschleunigen. Dafür soll ihnen per Gesetz ein überragendes öffentliches Interesse zugeschrieben werden, womit Einsprüche und Klagen dagegen weniger aussichtsreich werden dürften. Dieses rechtliche Konstrukt ist ein zentraler Bestandteil des sogenannten Osterpakets von Wirtschaftsminister Habeck, mit dem die Erneuerbaren Energien deutlich schneller ausgebaut werden sollen.
Fraglich ist deshalb, ob Habeck so unglücklich ist über das Dilemma, in dem er steckt - zwischen Flüssiggasterminal und Schweinswal. Der Krieg in der Ukraine und die Probleme mit der Energieversorgung könnten hierzulande viele Projekte beschleunigen, die bis vor Kurzem noch lang und hart umkämpft gewesen wären.