Ampel-Haushaltseinigung Aufatmen - aber die Debatte geht weiter
Nach dem Durchbruch im Haushaltsstreit sickern immer mehr Einzelheiten durch. Die ersten Reaktionen der Ampel-Fraktionen machen klar: Die Debatten über die Kürzungen und die Schuldenbremse dürften weitergehen.
Die Ampel-Fraktionen haben mit Erleichterung auf die Einigung ihrer Koalitionsspitzen im Haushaltsstreit reagiert. Als wichtige Eckpunkte nannte SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich im ARD-Morgenmagazin, dass Investitionen gesichert seien und das Kindergeld um fünf Euro steigen werde. Die Fraktion werde sich den Haushaltsentwurf jetzt genau ansehen.
Die Debatte über die Schuldenbremse ist aber aus Sicht Mützenichs aber noch nicht vom Tisch. Es seien "eine Menge Kunstgriffe nötig" gewesen, um die Milliardenlücke im Bundeshaushalt 2025 zu schließen. Er behalte sich vor, über einen Notlagenbeschluss eine Ausnahme von der Schuldenbremse zu ermöglichen.
FDP-Fraktionschef Christian Dürr sieht anders als Mützenich dafür keinen Spielraum. Deutschland sei nun auf dem Kurs einer soliden Finanzpolitik. Es sei kein Geheimnis, dass die FDP im politischen Raum "hier und da oftmals alleine" dastehe. In der Öffentlichkeit sei das anders, sagte Dürr: "Die weite Mehrheit der Menschen in Deutschland befürwortet die Schuldenbremse, und deswegen ist es der Auftrag der FDP, das auch in Regierungsverantwortung umzusetzen."
Grüne erwarten schwierige Beratungen
Die Grünen-Fraktionsspitze lobte die verstärkte Familienförderung im Haushaltsentwurf 2025, kritisierte aber Kürzungen in etlichen Fachressorts. Wenn der Haushaltsplan in den Bundestag kommt, erwartet Co-Fraktionschefin Britta Haßelmann daher schwierige Beratungen. Man müsse sich die Frage stellen, ob der Regierungsentwurf dem Anspruch an innere und äußere Sicherheit und der Notwendigkeit von Investitionen gerecht werde.
Faeser zufrieden mit Mitteln für Innenministerium
Bundesinnenministerin Faeser zeigte sich zufrieden mit dem, was ihrem Ressort zugewiesen wurde. . "Der nächste Haushalt ist ein echter Sicherheitshaushalt", schrieb die SPD-Politikerin auf der Plattform X. Der Schutz der Menschen in Deutschland werde mit starken Investitionen in die innere Sicherheit gestärkt. Aus Regierungskreisen hieß es, auch im kommenden Jahr werde es 1.000 zusätzliche Polizistinnen und Polizisten bei der Bundespolizei geben.
Durchbruch nach wochenlangen Verhandlungen
Die Spitzen der Ampelkoalition hatten wochenlang über den Bundeshaushalt 2025 und das "Wachstumspaket" verhandelt. Dabei galt es, eine Lücke von rund zehn Milliarden Euro zu schließen. Zu Details ihrer Einigung äußerten sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) um 11 Uhr auf einer gemeinsamen Pressekonferenz.
Die SPD-Fraktion machte den Koalitionspartner FDP für das langwierige Verfahren verantwortlich. Der haushaltspolitische Sprecher, Dennis Rohde, kritisierte, Lindner habe es auch in diesem Jahr nicht geschafft, selbstständig einen Haushalt aufzustellen. "Eine aktive Rolle von Olaf Scholz war notwendig. Unser Bundeskanzler hat damit erneut staatstragende Verantwortung gezeigt." Auch Fraktionschef Mützenich sagte, dass sich Scholz so früh habe einschalten müsse, spreche nicht für denjenigen, der die unmittelbare Verantwortung für den Entwurf trage.
Deutliche Kritik aus der Opposition
Aus der Opposition kam deutliche Kritik an der Haushaltseinigung. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hält das Ergebnis nach eigenen Angaben für unzureichend. Es reiche nicht zu einer grundlegenden Wende. Söder sagte, Deutschland brauche eine "umfassende Fitnesskur, nicht Rheumadecke und Notfallpflaster".
CDU-Chef Friedrich Merz sagte im ARD-Morgenmagazin: "Wir brauchen die Schuldenbremse." Für den Bund müsse gelten, was im Grundgesetz steht. "So wie die Schuldenbremse angelegt ist, ist sie richtig."
Aus der Linkspartei kam gerade an der Einhaltung der Schuldenbremse Kritik. "Schon jetzt ist klar: Schuldenbremse einhalten, die Unternehmen entlasten, Bundeswehr aufrüsten und Steuern senken geht nur, wenn massiv bei den Sozialausgaben gekürzt wird", sagte Parteichefin Janine Wissler.
Mehr Geld für Familien
Laut Informationen des ARD-Hauptstadtstudios sieht die Einigung neben der Erhöhung des Kindergelds um fünf Euro vor, dass auch der Kindersofortzuschlag für bedürftige Familien im kommenden Jahr um fünf Euro steigt.
Außerdem soll sich laut Informationen der Nachrichtenagentur dpa der Kinderfreibetrag erhöhen: in diesem Jahr um 228 Euro auf 9.540 Euro, 2025 dann noch mal um 60 Euro auf dann 9600 Euro.
Zudem seien auch Investitionen des Bundes von jeweils zwei Milliarden Euro im Jahr 2025 und 2026 in die Kita-Qualität geplant. Die Mittel für Freiwilligendienste sollen auf dem Niveau bleiben, wie sie bis Ende 2023 von den Trägern abgerufen wurden.
Der Verteidigungsetat soll ersten Informationen nach um eine Milliarde Euro steigen. Das wäre allerdings nicht so viel, wie sich Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) gewünscht hatte. Er hatte sich für eine Erhöhung von mindestens 6,5 Milliarden Euro eingesetzt.
Förderung für private Investitionen
Auch beim "Wachstumspaket" ist sich die Koalition einig geworden. Das Paket soll der Konjunktur neuen Schwung verleihen. Derzeit halten sich viele Unternehmen mit Investitionen zurück, und auch der private Konsum stagniert weitestgehend.
Jetzt will die Regierung mit einem "Wachstumsturbo" ansetzen. Scholz hatte zuvor angekündigt, die Bundesregierung wolle private Investitionen fördern. Er stellte verbesserte steuerliche Abschreibungen für Firmen in Aussicht. Außerdem sollten die Erwerbstätigkeit von Eltern erleichtert und Arbeitsanreize erhöht werden, auch steuerlich.
Koalitionsspitzen im Haushaltsstress
Eine Einigung über den Haushalt 2025 sollte ursprünglich bis zum 3. Juli erreicht werden. Danach war der 17. Juli für den Kabinettsbeschluss im Gespräch. Um diesen Termin zu erreichen, war eine baldige Grundsatzeinigung nötig, weil die Ausarbeitung des Haushaltsgesetzes dann in der Regel noch etwa zehn Tage dauert.
Ab Mitte September befasst sich dann der Bundestag mit dem Haushaltsentwurf, der dann im November oder Dezember beschlossen werden könnte.