Haushaltsstreit Wo Lindner sparen will
Die Ampelkoalition braucht schnell ziemlich viel Geld. Von 17 Milliarden Euro spricht Finanzminister Lindner - und nennt drei Bereiche, in denen er sparen will. Die SPD hat andere Ideen.
Die Ampelkoalition ist auch am Wochenende intensiv auf der Suche nach Milliarden, um das Haushaltsloch für nächstes Jahr zu stopfen. Wobei auch nicht ganz klar ist, wie viel Geld genau fehlt. Der Finanzminister spricht von 17 Milliarden Euro. Und Christian Lindner konkretisierte nun auch, in welchen Bereichen er Einsparungen für möglich hält. "Wir werden uns mit drei großen Kostenblöcken beschäftigen müssen", sagte der FDP-Politiker den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Er nannte die Bereiche Soziales unter anderem mit dem Bürgergeld, internationale Finanzhilfen sowie nicht näher spezifizierte Förderprogramme.
Wo der Finanzminister sparen will
Für Soziales setze der Bund aktuell 45 Prozent seiner Ausgaben ein. "Da werden wir schauen, wie man treffsicherer werden kann", kündigte Lindner an. "Es geht beispielsweise darum, Menschen schneller in Arbeit zu bringen. Das nützt den Menschen und das nützt dem Bundeshaushalt. Für die Geflüchteten aus der Ukraine kommt zum Beispiel ein Jobturbo." Damit dürfte gemeint sein, dass sie hartnäckiger auf den Arbeitsmarkt vermittelt werden sollen.
Mit Blick auf das Bürgergeld wies der Finanzminister darauf hin, dass sich die Inflationsrate wesentlich besser entwickelt, als bei der Festlegung des Regelsatzes für 2024 prognostiziert. Die Inflation war im November auf 3,2 Prozent gesunken - die geplante Bürgergeld-Erhöhung ab Januar basiert noch auf einer Inflation von 9,9 Prozent, wie der sozialpolitische FDP-Fraktionssprecher Pascal Kober deutlich gemacht hatte. Lindner sagte: "Bei der anstehenden Prüfung des Abstands zwischen Löhnen und Sozialleistungen wird man sich daher das Anpassungsverfahren ansehen müssen. Denn es muss immer einen spürbaren Unterschied machen, ob jemand arbeitet oder nicht arbeitet."
Auch internationale Finanzhilfen und Förderprogramme nimmt Lindner ins Visier. Deutschland liege bei der Entwicklungszusammenarbeit und der internationalen Klimaschutz-Finanzierung vorne, sagte Lindner. "Wir können gerne auf Platz eins bleiben. Aber vielleicht lässt sich der Abstand zu Platz zwei reduzieren." Ziel könne eine "fairere internationale Lastenteilung" sein.
Zudem gebe es "zahlreiche Subventionen, bei denen zu fragen ist, ob sie ihre Ziele tatsächlich erfüllen oder nicht aus der Zeit gefallen sind", erklärte Lindner. Noch sei es aber zu früh, einzelne Programme zu benennen. "Das führt sonst zu einem Run auf Förderprogramme auf den letzten Metern."
Lindner dürfte bei seinen Sparvorschlägen mit Widerspruch innerhalb der Ampel kalkuliert haben. Die SPD lehnt Kürzungen im Sozialen strikt ab, die Grünen ebenfalls. Und gerade erst brachte Kanzler Olaf Scholz in Dubai seinen internationalen Klimaclub an den Start und sagte für die Bundesregierung umfangreiche Finanzhilfen zu.
SPD will über Steuererhöhungen reden
Die SPD will daher auch nicht nur über Einsparungen reden, sondern stellt den vereinbarten Verzicht auf Steuererhöhungen zur Disposition. Parteichef Lars Klingbeil sagte der Deutschen Presse-Agentur, im Koalitionsvertrag sei verabredet worden, dass Investitionen in die Zukunft des Landes mit Geld aus dem Corona-Topf finanziert werden sollten. "Daraus wurde abgeleitet, dass wir bei der Schuldenbremse zur Normallage zurückkehren und dass es keine Steuererhöhung braucht." Ersteres sei durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts weggebrochen. "Das heißt für uns als SPD natürlich auch, dass wir über die anderen beiden Dinge jetzt reden."
Steuererhöhungen wiederum lehnt die FDP strikt ab, genauso wie übrigens ein erneutes Aussetzen der Schuldenbremse für 2024. Auch wenn Lindner hier nun auch Gesprächsbereitschaft signalisierte. "Ich höre mir Argumente gerne an." Er sei aber "noch nicht" davon überzeugt, dass man eine neuerliche Aussetzung verfassungsmäßig tragfähig begründen könne. Die Lage an den Energiemärkten in Folge des Ukraine-Kriegs begründe nach seiner Auffassung keine Notlage mehr.
Warum überhaupt gespart werden muss
Das Bundesverfassungsgericht hatte die Umwidmung von 60 Milliarden Euro im Etat 2021 für nichtig erklärt. Das Geld war als Corona-Kredit bewilligt worden, sollte aber nachträglich für den Klimaschutz und die Modernisierung der Wirtschaft eingesetzt werden. Zugleich entschieden die Richter, der Staat dürfe sich Notkredite nicht für spätere Jahre zurücklegen. Das hat der Bund aber in Sondertöpfen getan - was nun zusätzliche Löcher in den Etat reißt. Lindner sieht für 2024 einen "Handlungsbedarf" von 17 Milliarden Euro.
In einem Bereich soll jedoch alles so bleiben, wie geplant: bei der Verteidigung. Kürzungen bei der Bundeswehr soll es angesichts der veränderten Bedrohungslage seit dem russischen Überfall auf die Ukraine nicht geben. "Der Verteidigungshaushalt bleibt unangetastet", versicherte Lindner.