Regierung in der Haushaltskrise Merz droht mit neuer Haushaltsklage
CDU-Chef Merz droht der Regierung mit einer neuen Verfassungsklage, falls diese für den Haushalt 2024 wieder die Schuldenbremse aussetzt. Finanzminister Lindner erwartet harte Verhandlungen. Sachsens Ministerpräsident forderte Führung vom Bundeskanzler.
Nach dem Haushaltsurteil des Verfassungsgerichts muss die Ampelkoalition ihre Pläne für 2023 und 2024 überdenken. Sollte die Bundesregierung auch im kommenden Jahr die Schuldenbremse aussetzen, droht CDU-Chef Friedrich Merz mit einer erneuten Klage vor dem Bundesverfassungsgericht. "Wenn die Bundesregierung der Meinung ist, dass sie auch für 2024 eine außergewöhnliche Notlage feststellen lassen sollte, dann sehe ich dies nicht als verfassungskonform an, jedenfalls aus heutiger Sicht", sagte Merz. Dann werde die Union dagegen gegebenenfalls wieder vorgehen.
Mit Blick auf den Nachtragshaushalt für 2023 kündigte er Beratungen in der Fraktion an. Mit der von der Ampel geplanten Konstruktion scheine es aber einen Weg zu geben, den Nachtragshaushalt verfassungskonform auszugestalten.
Der CDU-Vorsitzende schloss sich der Auffassung von CSU-Chef Markus Söder an, dass es Neuwahlen geben sollte. "Je früher diese Regierung abgelöst wird, desto besser für Deutschland", sagte Merz. Die Europawahl im Juni 2024 sei ein möglicher Zeitpunkt.
Lindner bereitet Koalition auf harte Verhandlungen vor
Finanzminister Christian Lindner bereitet die Ampelfraktionen im Bundestag derweil auf harte Verhandlungen über den Haushalt für das kommende Jahr vor. "Für die endgültige Aufstellung des Bundeshaushalts 2024 werden noch erhebliche Kraftanstrengungen erforderlich sein", schrieb der FDP-Politiker in einem Brief an die Fraktionen von SPD, Grünen und FDP, der der Nachrichtenagentur dpa vorliegt. "Wir werden intensive Diskussionen führen müssen, die nicht immer einfach sein werden."
Das Karlsruher Haushaltsurteil mache weitreichende Änderungen am geplanten Haushalt für 2024 und an der Finanzplanung bis 2027 erforderlich, schreibt Lindner. "Als Bundesfinanzminister schlage ich vor, dass das Haushaltsverfahren 2024 mit ausreichender Sorgfalt geführt und Zeit für die parlamentarischen Beratungen vorgesehen wird." Gemeinsames Ziel sei, den Etat möglichst schnell zu verabschieden, dazu liege aber noch viel Arbeit vor der Koalition.
Dürr schwört auf Sparkurs ein
FDP-Fraktionschef Christian Dürr schwor die Bürgerinnen und Bürger auf einen Sparkurs in den nächsten Jahren ein. Er bekräftigte in den tagesthemen, dass die FDP zur Schuldenbremse stehe: "Ich halte es für richtig, sich an die Schuldenbremse zu halten und eine mögliche Notlage für das kommende Jahr zu beschließen." Der Staat müsse Maß halten, gerade in schwierigen Zeiten. "Das kennen die Menschen zu Hause. Wenn man nicht genug Geld hat, dann muss man maßhalten und auch Ausgaben kürzen. Da muss die Politik auch bei sich anfangen", sagte Dürr.
Kretschmer: Scholz muss in Haushaltskrise Führung zeigen
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer verlangte Führung vom Bundeskanzler: "Scholz ist der gewählte Kanzler, er muss führen und sich nicht immer nur treiben lassen", sagte der CDU-Politiker dem "Tagesspiegel". Es gehe darum, eine Staatskrise zu verhindern. Die Union sei zur Mitwirkung auf allen Ebenen bereit.
Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts erwarte er eine klare Prioritätensetzung, erklärte Kretschmer. Wenn nach Einsparungen klar werde, dass immer noch Geld für wichtige Zukunftsprojekte fehle, "können wir über alles reden - vorher nicht". Einsparpotenzial sieht der CDU-Bundesvize in der Migrationspolitik. "Wir geben 50 Milliarden Euro für Geflüchtete aus." Diese Politik sei falsch und gefährde den sozialen Frieden.
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst monierte, die Ampel habe es in zwei Jahren geschafft, den Ruf Deutschlands als Stabilitätsanker zu ruinieren. Der Kanzler habe es selbst in der Hand, das Ruder herumzureißen - "mit Ehrlichkeit statt immerwährenden Tricksereien", sagte der CDU-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Urteil des Bundesverfassungsgerichts
Das Bundesverfassungsgericht hatte die Umwidmung von 60 Milliarden Euro im Haushalt 2021 für nichtig erklärt. Das Geld war als Corona-Kredit bewilligt worden, sollte aber nachträglich für den Klimaschutz und die Modernisierung der Wirtschaft eingesetzt werden. Nun steht es nicht mehr zur Verfügung.
Zugleich entschieden die Richter, der Staat dürfe sich Notlagenkredite nicht für spätere Jahre auf Vorrat zurücklegen. Weil der Bund das aber gemacht hat, sollen für das laufende Jahr nun nachträglich Kredite über fast 45 Milliarden Euro genehmigt werden.