Besitz von Kinderpornografie Kabinett macht Strafverschärfung teilweise rückgängig
Die Strafen für Besitz und Weiterverbreitung von Kinderpornografie sollen teils abgeschwächt werden. Ein Grund: Bislang mussten etwa auch Eltern bestraft werden, die Bilder weitergeleitet hatten, um Missstände aufzuzeigen.
Das Bundeskabinett hat nach Kritik aus der Praxis beschlossen, die im Juli 2021 in Kraft getretenen strafrechtlichen Bestimmungen zur Verbreitung von Darstellungen sexuellen Missbrauchs an Kindern in einigen Punkten wieder zu ändern. Unter anderem soll laut dem Gesetzentwurf die Mindesstrafe für die Verbreitung solchen Materials von einem Jahr auf sechs Monate und für die Beschaffung und den Besitz von einem Jahr auf drei Monate verringert werden.
Mit der Neufassung soll auch die automatische Einstufung als Verbrechen rückgängig gemacht werden. Der Unterschied zwischen einem Verbrechen und einem Vergehen ist vor allem für Staatsanwälte, Richter und Kriminalbeamte relevant. Denn bei einem Verbrechen können Gerichte ein Verfahren nicht einfach einstellen, wie es bei einem Vergehen möglich ist.
Bundesjustizminister Marco Buschmann erklärte, um den Staatsanwaltschaften und Gerichten die Möglichkeit zurückzugeben, flexibel und verhältnismäßig auf jeden Einzelfall angemessen reagieren zu können, werde man im Wesentlichen zur alten Rechtslage zurückkehren.
Kritik war aus der Justiz gekommen
Die Änderung des unteren Strafrahmens aus dem Jahr 2021 habe zu zahlreichen Problemen in der Praxis der Strafverfolgung geführt, so Buschmann weiter. Insbesondere drohe Menschen, die solches Material ungewollt - etwa im Rahmen einer WhatsApp-Eltern-Gruppe - zugespielt bekommen hätten, eine Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr. Vergleichbares gelte auch im Falle von Lehrerinnen und Lehrern, die bei Schülern kinderpornografisches Material auf dem Handy entdeckt und es weitergeleitet haben, um betroffene Eltern zu alarmieren.
Es sei deshalb dringender Wunsch insbesondere von Strafverfolgern, Staatsanwälten und Gerichten sowie der Landesjustizministerinnen und Landesjustizminister, hier zur alten Rechtslage zurückzukehren.
Großer Anteil jugendlicher Täterinnen und Täter
Die Einstufung als Vergehen - statt als Verbrechen - sei außerdem dringend erforderlich, um auf den großen Anteil jugendlicher Täterinnen und Täter angemessen und mit der gebotenen Flexibilität eingehen zu können, heißt es in dem Gesetzentwurf. Denn diese agierten in der Regel "aus einem für den jugendlichen Entwicklungsstand typischen Antrieb wie Unbedarftheit, Neugier, Abenteuerlust oder Imponierstreben".
Als Verbrechen gelten Taten, die im Strafgesetzbuch mit einer Mindeststrafe von einem Jahr Gefängnis belegt sind. Mit dem Gesetz zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder von 2021 wurden die entsprechenden Paragrafen im Gesetzbuch so geändert, dass das grundsätzlich auch im Bereich Kindesmissbrauch und Kinderpornografie gilt.
Höhere Maximalstrafen bleiben erhalten
Unter dem Eindruck der Missbrauchsvorfälle in Freiburg, Lügde und Bergisch-Gladbach hatte der Bundestag 2021 Jahren das Strafrecht verschärft und eine härtere Bestrafung von Missbrauchstätern beschlossen. Die Regierungsfraktionen Union und SPD hatten zuvor lange über die Reform gerungen.
Das Hauptziel des damals beschlossenen Gesetzes zur Bekämpfung von Verbreitung, Erwerb und Besitz sogenannter Kinderpornografie - die deutliche Strafverschärfung - wird durch die neuerliche Reform des entsprechenden Paragrafen des Strafgesetzbuches nach Auskunft des Bundesjustizministeriums nicht angetastet. Vor 2021 konnten Täterinnen und Täter mit maximal fünf Jahren Freiheitsstrafe für den Besitz, Erwerb oder die Verbreitung kinderpornografischen Materials bestraft werden, seitdem sind es zehn Jahre. Weil nun weniger schwere Fälle wieder als Vergehen eingestuft werden können, ist zudem laut Regierung die Priorisierung dringender Fälle wieder möglich.