Landratswahl in Sonneberg Frust mit Berlin, Kreuz bei der AfD?
Heute wird im thüringischen Sonneberg ein neuer Landrat gewählt. In die Stichwahl gehen ein CDU- und ein AfD-Kandidat. Die Unzufriedenheit mancher Wähler mit der Bundespolitik könnte der AfD wichtige Stimmen bringen.
AfD-Kandidat Robert Sesselmann spricht nicht im Moment - zumindest nicht öffentlich. Bis zur heutigen Stichwahl zum Landrat im thüringischen Sonneberg wollte er gegenüber den Medien schweigen und "etwas Ruhe reinbringen", wie es aus Parteikreisen heißt.
Ein anderer spricht und kann seine Vorfreude kaum verbergen. Es ist Stefan Möller, Vize-Chef der AfD in Thüringen: "Ich bin überhaupt nicht siegessicher, aber ich habe eine große Hoffnung. Ich war zunächst verhalten optimistisch und bin mittlerweile deutlich optimistischer, natürlich auch auf Grund des Feedbacks, was wir dort bei den Auftritten, bei den Flyer-Einwurf-Aktionen, Haustürgesprächen bekommen. Das ist überragend positiv."
Die CDU geht von Tür zu Tür
800 Stimmen haben Sesselmann im ersten Wahlgang zur absoluten Mehrheit gefehlt. Nicht einmal jeder zweite der 48.299 Wahlberechtigten hat abgestimmt: 49 Prozent Wahlbeteiligung.
Morgen soll das anders werden. Dafür hat die CDU die Werbetrommel gerührt - wie am Donnerstagmittag in der Fußgängerzone der Kreisstadt Sonneberg. Die Sonne brennt, es ist unerträglich heiß. Beate Meißner lässt sich davon nicht stören. Die Landtagsabgeordnete hat mit ihrem Team einen Sonnenschirm am Info-Stand aufgebaut. Flyer liegen bereit, Kugelschreiber auch. Immer wieder sucht sie das Gespräch mit Passanten.
Meißner wirbt um Stimmen für Jürgen Köpper, den amtierenden Landrat. Die Aktion ist eine Ausnahme. Eigentlich fährt die CDU eine andere Strategie, erzählt Meißner: "Wir haben jetzt weniger Wahlkampfstände gemacht zu Tageszeiten, wo viele Menschen arbeiten, sondern sind mehr auf Tür-zu-Tür-Aktionen gegangen." Sie seien in den Abendstunden und am Samstag mit Unterstützung aus dem ganzen Land in die Gemeinden und Städte gegangen. "Wir versuchen so, vor allem die Nichtwähler zu mobilisieren und sie von der Wichtigkeit der Wahl am Sonntag zu überzeugen", so Meißner.
Kaum Landkreis-Themen, viel Bundespolitik
Dabei bekommen sie und ihre Kollegen von den Menschen hinter den Türen immer wieder das Gleiche zu hören: Es ist die Unzufriedenheit mit der Situation. Nicht so sehr der Lage im Landkreis - in Südthüringen spielt die Politik in Berlin derzeit die Hauptrolle, sie entscheidet, wo die Menschen ihr Kreuz machen.
Knut Korschewsky, Landtagsabgeordneter der Linken, lebt in Sonneberg und beobachtet seit Monaten, wie die Stimmung schlechter wird: "Da geht es nicht um abgehangen, weil Sonneberg am Rand von Thüringen liegt oder kurz vor Franken, sondern die Bundespolitik trägt im Moment nicht dazu bei, dass die Stimmung insgesamt besser wird."
Für den Linken-Politiker ist das der Hauptgrund für den Höhenflug des AfD-Kandidaten. Und tatsächlich - wer sich die Wahlplakate von Robert Sesselmann anschaut, findet kaum Landkreis-Themen, dafür viel Bundespolitik: Zuwanderung, Sicherheit, die ärztliche Versorgung, die Forderung nach der Abschaffung der Rundfunkgebühr.
Helfen Wahlempfehlungen?
Bei der CDU trotzen sie mit dem Slogan "Weil es jetzt um unseren Landkreis geht". Dazu hat sich hinter Köpper ein Parteien-Bündnis versammelt - Linke, SPD, Grüne und die FDP haben Wahlempfehlungen für ihn ausgesprochen. Ob das hilft?
Im Sonneberger Rathaus gibt es auf diese Frage nur Schulterzucken. Die Südthüringer gelten als stur, könnten solche Empfehlungen als Bevormundung auffassen. Deshalb sei dieser Aufruf der Parteien eine Gratwanderung, sagt der parteilose Bürgermeister Heiko Voigt: "Wir werden von außen bewertet und beobachtet und das ist natürlich immer unangenehm."
Das Beobachten wird weitergehen. Zunächst bis morgen Abend 18 Uhr. Dann schließen die Wahllokale im Landkreis Sonneberg. Knapp eine Stunde später könnte bereits feststehen, wer neuer Landrat wird.