Mission in Mali Und was macht nun die Bundeswehr?
Frankreich beendet seinen Mali-Einsatz - und reißt damit eine Lücke. Einen automatischen Abzug der Bundeswehr bedeutet das nicht, die Bundesregierung hält sich noch alles offen. Doch der Druck auf die Koalition wächst.
In Afghanistan war die Sache schnell klar: Sobald die USA den Abzug verkündeten, war unvermeidlich, dass zeitgleich auch die Bundeswehr das Land verlassen würde. Ganz so eindeutig sind die Dinge in Mali nicht: Dass der wichtigste Truppensteller Frankreich sich zurückzieht, hat nicht zwingend den Abzug der Deutschen zur Folge.
Aber Auswirkungen hat es natürlich schon. Denn Paris reißt mit der Entscheidung eine Lücke. So unterhalten die Franzosen ein Feldlazarett und haben Kampfhubschrauber in Mali stationiert - beides spielt eine entscheidende Rolle für die Sicherheit der Bundeswehr.
Lambrecht: "Wer kann das übernehmen?"
Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht sagt: "Das ist wichtig für unsere Soldatinnen und Soldaten. Und daher kommt es jetzt darauf an, auch sehr zügig über eine Kompensation der französischen Fähigkeiten zu sprechen: Wer kann das übernehmen?" Das sei wichtig für die Entscheidung, wie man mit den Bundeswehr-Missionen umgehe, ob und wie man sie verlängere.
Nach einem automatischen und schnellen Abzug der rund 1300 deutschen Soldatinnen und Soldaten klingt das also nicht. Wobei die Ministerin einen deutlichen Unterschied macht zwischen den beiden Missionen, an denen die Bundeswehr beteiligt ist: Da ist zum einen der Stabilisierungseinsatz der Vereinten Nationen namens MINUSMA - die wohl gefährlichste UN-Mission überhaupt. Sie hat zwar nicht die Ausbreitung von islamistischen Terroristen stoppen können, garantiert aber doch einen gewissen Schutz für die Zivilisten.
Und dann ist da zum anderen die Trainingsmission der Europäischen Union namens EUTM: "Ich muss sagen, dass ich sehr skeptisch bin, was eine Verlängerung von EUTM Mali angeht", bekundete Lambrecht jetzt.
Gewissenskrise wegen Militärregierung
Eines der Hauptprobleme: Seit vergangenem Jahr wird Mali von Militärs regiert, die sich an die Macht putschten. Für diese Junta Streitkräfte auszubilden, stürzt Deutschland und die EU gleichermaßen in eine Gewissenskrise. Zudem sind bislang alle Versuche gescheitert, die Militärs dazu zu bringen, die versprochenen, aber auf die lange Bank geschobenen Wahlen in Mali vorzuziehen. Und die Putschisten setzen zunehmend auf eine militärische Zusammenarbeit mit Russland.
Das Dilemma: Soll Deutschland weiter mit Anti-Demokraten zusammenarbeiten, die gar auf russische Söldner setzen - oder einen Abzug mit vermutlich verheerenden Folgen für die ganze Region riskieren?
Otte fordert "robusten Schutz" für Bundeswehr
Vor diesen Folgen warnt auch der CDU-Verteidigungspolitiker Henning Otte: Im Interview mit dem ARD-Hauptstadtstudio fordert er von Bundeskanzler Olaf Scholz und dem Bundeskabinett, den deutschen Soldaten nach dem Abzug der Franzosen "robusten Schutz zur Verfügung zu stellen". Sollte der Bundesregierung dazu der Mut fehlen, müsste sie den Einsatz beenden, meint Otte. Das hätte aus seiner Sicht fatale Folgen: "Deutschland würde Mali im Kampf gegen den Terror alleine lassen. Die Sahel-Zone würde vom Terror destabilisiert werden, und Deutschland würde den Vereinten Nationen in ihrem Bemühen um die Region in den Rücken fallen."
Für die AfD hingegen ist die Sache klar: Nachdem in Mali nun auch noch das Argument der Bündnissolidarität mit Frankreich entfalle, müsse die Bundesregierung den Abzug der Bundeswehr "unverzüglich einleiten", sagt der AfD-Politiker Rüdiger Lucassen.
Aufstockung nicht ausgeschlossen
Nach jetzigem Stand scheint ein Beschreiten des Mittelwegs, eine Mission (EUTM) zu beenden oder herunterzufahren und die andere (MINUSMA) fortzusetzen, als der wahrscheinlichste Weg in die Zukunft.
Dass Deutschland seine Entscheidung nicht allein trifft, ist auch klar. Schließlich gilt es ja, die französische Lücke zu füllen: Man werde jetzt mit den Partnern darüber sprechen, sagt die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP): "Davon werden wir abhängig machen, ob wir uns dort weiter engagieren."
Die Bundesregierung hält sich also vorerst alle Türen offen. Selbst ein Aufstocken der deutschen Soldaten scheint nicht ausgeschlossen. Dem allerdings müsste im Mai - wenn die Mandate auslaufen - der Bundestag zustimmen. Einfach wird das nicht. Und die Franzosen geben mit ihrem Abzug gewiss keine argumentative Schützenhilfe dafür.