Ministerpräsidentenkonferenz Worüber Scholz und die Länderchefs beraten
Heute tauschen sich die Länderchefs mit Bundeskanzler Scholz aus - etwa über Flüchtlingspolitik und die Nationale Sicherheitsstrategie. Ob am Ende des Bund-Länder-Treffens überhaupt Ergebnisse stehen, ist aber fraglich.
Von einem "guten Tag für den deutschen Föderalismus" sprach Bundeskanzler Olaf Scholz im Mai nach dem Flüchtlingsgipfel mit den Länderchefs. Man habe bewiesen: "Wenn wir uns zusammenraufen müssen, dann tun wir das auch."
Was für den einen ein guter Tag war, das waren für den anderen "die schwierigen Gespräche, die alle erwartet hatten". Der andere, das ist Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil, ebenfalls SPD-Politiker und Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz.
Unterschiedliche Blickwinkel
Scholz sagte vergangenen Monat eine zusätzliche Milliarde Euro vom Bund zu, um Geflüchtete unterzubringen und zu versorgen: "Eine konkrete Hilfe für dieses Jahr."
Viel zu wenig, fanden die Länder, die wieder zu Kopf-Pauschalen zurückkehren wollen. Sehr großzügig ist die Summe hingegen aus Sichtweise des Bundes. Dahinter steht die Rechnung: Die Finanzhilfen des Bundes an Länder und Kommunen liegen bei 15 Milliarden, wenn man das Bürgergeld für die Ukraine-Flüchtlinge einrechnet.
Es war zuletzt nicht immer einfach zwischen Bund und Ländern. Das liegt auch daran, dass die Perspektiven unterschiedlich sind und nicht zwangsläufig den Parteigrenzen folgen, sondern den Fragen von Zuständigkeit und Beteiligung.
Finanzhilfen für Flüchtlinge: Nur ein bisschen Lob
Im Gespräch mit dem ARD-Hauptstadtstudio machte Stephan Weil deutlich, dass heute in Sachen Finanzhilfen für Flüchtlinge nichts zu erwarten sei. "Zu diesem Thema ist keine Lösung des Streits zu erwarten, das muss man sehr offen und klar sagen."
Da ist zum einen das Verfahren: Im Mai hatte man vereinbart, erst einmal eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe aufzusetzen. Getreu dem Motto: Wenn du nicht mehr weiter weißt, dann bilde einen Arbeitskreis. Diese AG wird heute erste Ergebnisse vorstellen. Zwischenergebnisse, genauer gesagt.
Erst im November, so die Vereinbarung, will man dann beschließen, wer künftig wieviel zahlen wird. Zum anderen, sagte Weil, bewerteten Bund und Länder die aktuellen Zahlungen "sehr unterschiedlich". Da sei es natürlich noch schwerer, sich zu verständigen.
Ein bisschen Lob gibt es dann doch, nämlich von Henrik Wüst, NRW-Ministerpräsident und Verhandlungsführer für die Unionsseite. Die Vorbereitungen der Arbeitsgruppe liefen sehr ordentlich, sagte Wüst dem ARD-Hauptstadtstudio. Ein Lob mit einem Aber: Jetzt müsse man aber auch mal weiterkommen, fügte er hinzu.
Nationale Sicherheitsstrategie: Unerfüllte Zusagen
Regierungssprecher Steffen Hebestreit hat angekündigt, der Kanzler werde auch die Nationale Sicherheitsstrategie ansprechen. Die wurde schon länger erwartet, dann aber erst gestern präsentiert. Die Strategie schlägt vom sauberen Wasser bis hin zu Verteidigungsausgaben den ganz großen Bogen. Scholz erklärte gestern, dieses "integrierte" Vorgehen stehe für eine so ungewöhnliche wie wichtige Entscheidung. "Zum ersten Mal in der Geschichte unseres Landes haben wir eine Nationale Sicherheitsstrategie für die Bundesrepublik Deutschland erarbeitet."
Eine ganz neue Herangehensweise also, nicht so neu dagegen die Reaktionen von Länderseite: Kritik nämlich. Man sei bislang nicht einbezogen worden. Dabei heißt es auf Seite 29 wörtlich: "Soweit in dieser Sicherheitsstrategie Zuständigkeiten der Länder berührt werden, wahrt die Bundesregierung bei der Umsetzung die bestehenden Beteiligungs- und Mitwirkungsrechte."
Da gäbe es einige Punkte, findet der Niedersachse Weil, etwa den Katastrophen- und Zivilschutz. Aber er moniert, "diese Zusage harrt noch der Erfüllung". Und Wüst sagt dem ARD-Hauptstadtstudio: "Wenn das Ding Nationale Sicherheitsstrategie heißen soll, dann muss es mehr sein als nur ein Papier der Bundesregierung". Dann müsse "das Ding" auch eine echte gemeinsame Strategie darstellen.
Mehr Tempo für Deutschland?
"Wir werden wieder nicht zu Ergebnissen kommen beim Thema Planungsbeschleunigung." Die Betonung von Hendrik Wüst liegt auf den Worten "wieder nicht". Dabei brauche Deutschland doch mehr Tempo. Und der Bund habe bewiesen, dass es ein Deutschlandtempo gebe, etwa beim Bau der LNG-Terminals. Doch in Sachen Planungsbeschleunigung fehle noch die Einigung in der Bundesregierung, kritisiert Wüst.
Weil würde gerne beim Industriestrompreis weiterkommen. Doch auch er erwartet nicht mehr als nur einen Austausch, keine Ergebnisse. Es gibt zwar die Idee eines subventionierten Strompreises, die Wirtschaftsminister Robert Habeck eingebracht hat, doch einig ist sich die Bundesregierung noch nicht. Dabei habe die deutsche Industrie wegen der hohen Energiepreise große Probleme mit ihrer Wettbewerbsfähigkeit, insbesondere auf dem Weltmarkt, sagte Weil.
Vorwurf: Ampelstreitigkeiten bremsen
Es könnten also einmal mehr schwierige Gespräche werden - obendrein eher Beratungen als greifbare Ergebnisse. Für Wüst ist das der Anlass zu einer Generalkritik an der Bundesregierung. "Der Streit in der Ampel in Berlin führt an ganz ganz vielen Stellen zu Verzögerungen, zu Handlungsunfähigkeit. Und das ist nicht gut."
Ein guter Tag für den Föderalismus? Dieses Zitat von Scholz münzt Wüst so um: "Ob wir nach der Runde sagen können: Das war ein guter Tag für den Föderalismus, hängt von den Ergebnissen ab."
Wenn die Länderchefs und Bundeskanzler sich heute austauschen, dann ist das zudem eine reguläre Ministerpräsidentenkonferenz mit einer langen Tagesordnung, keines der vielen Sondertreffen von Corona bis hin zu Flüchtlingen. Auch das dürfte den Entscheidungsdruck verringern.