"Mobilitätsgipfel" im Kanzleramt Beratungen über die Verkehrswende
Beim "Mobilitätsgipfel" berät der Kanzler heute mit der Automobilindustrie über E-Autos und Ladesäulen. Interessensvertreter von Fahrrad, Bahn und ÖPNV fühlen sich ausgeladen.
Die Bundesregierung spricht nicht einfach von einem "Mobilitätsgipfel", die offizielle Bezeichnung kommt in feinstem Bürokratendeutsch daher. Es handele sich um "das erste Spitzengespräch der Strategieplattform Transformation der Automobil- und Mobilitätswirtschaft", erklärt Regierungssprecher Steffen Hebestreit.
Der Name dieses neuen Gipfelformats war schon einmal griffiger: Im Koalitionsvertrag ist nur von der "Transformation der Automobilwirtschaft" die Rede. Verkehrsverbände fanden die Fokussierung auf das Auto zu rückwärtsgewandt. Erst nach ihrer Kritik kam der Begriff "Mobilität" in den Namen dazu.
Doch Dirk Flege, der Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, ist immer noch nicht zufrieden: "Es ist also hier eine Umetikettierung vorgenommen worden, die wir gar nicht anders erklären können angesichts der sehr autolastigen Teilnehmerliste als einen Etikettenschwindel."
Erstmal sind die Autobosse eingeladen
Denn: Vor allem die Chefs der großen Autokonzerne - Mercedes, VW und BMW - werden heute mit Kanzler Olaf Scholz und einigen seiner Minister zusammensitzen. Außerdem sind Vertreter der Zulieferindustrie dabei. Diejenigen, die Lobbyarbeit für das Bus- und Bahnfahren machen, fühlen sich ausgegrenzt: "Welche Mobilitätswirtschaft ist das eigentlich, wenn Fahrrad, Bahn und ÖPNV nicht dabei sind?", fragt Wasilis von Rauch, Geschäftsführer des Bundesverbandes Zukunft Fahrrad.
Regierungssprecher Hebestreit versucht zu beruhigen: Bei Gipfeln dieser Art gehe es nicht nur um die Autobranche: "Es ist ja die erste Sitzung dieses Formats, das findet sich jetzt erst. Diese Sitzung hat diesen Fokus. Es wird weitere Sitzungen geben und da wird man sicherlich die ganze Bandbreite der Mobilität auch ansprechen."
Mehr Ladesäulen nötig - aber wie?
Heute soll die Elektromobilität im Mittelpunkt stehen. Die Bundesregierung will, dass Deutschland zu einem der führenden Märkte dafür wird. Das Ziel: Bis 2030 sollen 15 Millionen E-Autos in Deutschland unterwegs sein. Doch im Moment sind es erst rund 1,6 Millionen.
Eines der größten Probleme: Es geht nicht schnell genug voran mit dem Bau von neuen Ladesäulen für Elektroautos. Das soll ein Hauptthema des Treffens sein. Außerdem geht es darum, Lieferketten zu stärken, damit die Autohersteller überhaupt in der Lage sind, genügend Elektroautos zu fertigen.
Und die Branche dürfte ansprechen, welche Bedingungen sie braucht, um in Deutschland konkurrenzfähig zu produzieren. Denn das Arbeitsplätze ins Ausland verloren gehen, möchte die Bundesregierung auf jeden Fall verhindern. Der Chef von BMW, Oliver Zipse, kündigte vergangene Woche in den tagesthemen an, die Lage der Autobauer bei dem Spitzengespräch deutlich anzusprechen. "Bei Dingen, die wir nicht beeinflussen können, werden wir auf gewisse Gefahren hinweisen", sagte er. "Stichwort Rohstoffabhängigkeit. Stichwort Datenzugriff auf Fahrzeuge. Da sind wir schon lautstark, das sind Anforderungen an die Rahmenbedingungen."
Zwei Stunden sind für das Gipfeltreffen am Nachmittag angesetzt. Ob es in der Zeit gelingt, Beschlüsse zu fassen, ist fraglich. Wirklich konkret dürfte es erst bei den nächsten Treffen in diesem Format werden.