Bundeswehr in Litauen Die Zeitenwende-Brigade
Ein Bundeswehr-Vorkommando macht sich heute auf den Weg ins Baltikum. Die Aufgabe: Alles vorzubereiten für die dauerhafte Stationierung einer Brigade in Litauen. Für Verteidigungsminister Pistorius ein Leuchtturm-Projekt.
Wie wichtig dem Verteidigungsminister dieser erste Schritt ist, lässt sich schon daran ablesen, dass er das Vorkommando persönlich am Flughafen verabschieden wird. Die Litauen-Brigade, die dauerhafte Stationierung von Bundeswehrsoldaten im Baltikum, ist für Boris Pistorius ein längst fälliger Schritt.
Deutschland, so formulierte er es im November bei einer Veranstaltung, komme endlich der Forderung nach, eine aktivere Rolle innerhalb der NATO zu übernehmen. Es sei ein starkes Signal an die Verbündeten, vor allem an die baltischen Staaten, an Litauen. Und ein wichtiger Aspekt der Zeitenwende.
Klärung grundlegender Fragen
Bis die neue Brigade voll einsatzbereit sein wird, wird es allerdings noch etwas dauern. Zunächst geht es für das Vorkommando darum, die Voraussetzungen für die Stationierung zu schaffen. Denn anders als bisher werden die Soldaten hier nicht rotierend nur einige Monate verbringen, sondern längere Zeit. Grundlegende Fragen müssen deshalb geklärt werden: Wie müssen die Kasernen ausgestattet sein? Gibt es ausreichend Wohnraum für die Familien? Wie steht es um Kitaplätze und Schulen?
Von den Rahmenbedingungen dürfte auch abhängen, wie viele Soldatinnen und Soldaten sich für den Dienst in Litauen entscheiden. Das ist auch im Ministerium allen bewusst.
5.000 Kräfte bis 2027
Im Herbst soll dann der nächste Schritt folgen: Dann werden die Spezialisten des sogenannten Aufstellungsstabs anrücken - rund 150 Fachleute mit Erfahrung bei Stationierungen im Ausland. Läuft alles nach Plan, werden dann nach und nach größere Einheiten nach Litauen verlegt. Bis Ende 2027 soll die Brigade dann rund 4.800 Soldatinnen und Soldaten und 200 zivile Bundeswehrangehörige umfassen.
Haupteinsatzorte der deutschen Brigade sollen Rukla und der Truppenübungsplatz Rudninkai unweit der Grenze zu Belarus sein, der früher von der Roten Armee genutzt wurde. Leben sollen die Soldaten und ihre Familien in der Hauptstadt Vilnius und in Kaunas.
Offene Fragen bei Finanzierung
Der Verteidigungsminister sieht die Brigade auf einem guten Weg. Seinen Optimismus allerdings teilen aber nicht alle, vor allem nicht in der Union. Der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Jürgen Hardt, würde es zwar ausdrücklich begrüßen, wenn in den kommenden Jahren deutlich mehr deutsche Soldaten in Litauen ihren Dienst verrichten würden und Deutschland im besten Fall auch einen intensiveren Beitrag bei der Luftraumkontrolle leistet. Das aber müsse auch entsprechend finanziert werden. Dass dies gelingt, daran zweifeln viele Unionsabgeordnete.
Um welche Summen es konkret geht, das hat der Verteidigungsminister bislang offengelassen. Dass die Brigade nicht umsonst sei, wisse jeder, so Pistorius. So wie jeder wisse, dass sich die Bedrohungslage in Europa verschärft habe. Für den SPD-Politiker ist die Zeit gekommen, sich stärker einzubringen, etwas zurückzugeben. Lange Jahre sei Deutschland die Ostflanke der NATO gewesen, die von den Verbündeten geschützt worden sei. Heute gelte es nun, selbst Verantwortung zu übernehmen.
Dass Deutschland dazu bereit sei, hat Kanzler Olaf Scholz unlängst im Beisein der lettischen Premierministerin noch einmal betont. Denn eines sei klar: Ohne Sicherheit sei alles Nichts.