Pläne der Ampel-Regierung Wo es beim Recht auf Reparatur hakt
Weg von der Wegwerfgesellschaft: Die Bundesregierung will das Recht auf Reparatur stärken. Welche Regelungen gibt es schon? Was ist geplant? Und was bringt es überhaupt für den Klimaschutz?
Vom Smartphone über den Wasserkocher bis zum Kühlschrank: Wenn etwas kaputt geht, wird es oft einfach weggeworfen und ein neues Produkt gekauft. So werden Geld und Ressourcen verschwendet und das Klima belastet. Die Politik will deshalb das Recht auf Reparatur stärken.
Was steckt hinter dem Recht auf Reparatur?
Das Recht auf Reparatur ist nicht durch ein einziges Gesetz abgedeckt, es geht um ein Bündel von Maßnahmen und gesetzlichen Regelungen. Die Idee dabei: Reparaturen von Elektro- und Elektronikgeräten sollen einfacher und attraktiver werden, damit die Produkte länger genutzt und nicht so schnell weggeworfen werden.
Reparaturen sind derzeit oft langwierig und teuer, manchmal auch gar nicht möglich. Rund eine Million Tonnen Elektroschrott werden laut Umweltbundesamt in Deutschland pro Jahr entsorgt, dazu kommen Geräte, die einfach im Hausmüll oder, wie vor allem Handys, in der Schublade landen.
Welche Regelungen existieren schon?
Im Rahmen einer EU-Richtlinie sind Hersteller seit 2021 verpflichtet, Ersatzteile für bestimmte Geräte über einen Zeitraum von bis zu zehn Jahren anzubieten. Die Vorgabe bezieht sich zum Beispiel auf Kühlschränke, Spülmaschinen, Waschmaschinen und Fernseher. Die Hersteller müssen Reparaturanleitungen liefern. Und die Geräte müssen so gebaut sein, dass man sie mit herkömmlichen Werkzeugen auseinandernehmen kann.
Eine ähnliche Regelung für Smartphones und Tablets ist geplant. Akkus sollen einfacher ausgetauscht werden können, Sicherheits-Updates auch für ältere Modelle sollen zur Pflicht werden.
Welche Ideen gibt es im Ausland?
Beispiel Frankreich: Seit 2021 gibt es einen "Reparatur-Index". Eine Bewertungs-Ampel, ähnlich dem Energie-Label, zeigt an, wie leicht ein Gerät zu reparieren ist - von Rot (schlecht reparierbar) bis Grün (gut reparierbar). Der Index wurde zunächst für Waschmaschinen, Smartphones, Fernseher, Notebooks und Rasenmäher eingeführt. In die Bewertung fließt ein, wie gut die Geräte demontierbar sind, wie schnell Ersatzteile geliefert werden und was sie kosten.
Beispiel Österreich: Wer kaputte Elektro- und Elektronikgeräte reparieren lässt, bekommt 50 Prozent der Reparaturkosten vom Staat zurück, maximal 200 Euro pro Reparatur. Verbraucher können dafür online Reparatur-Bons beantragen, die dann in der Reparatur-Werkstätten eingelöst werden. Der so genannte "Reparaturbonus“ ist eine Förderaktion des österreichischen Klimaschutzministeriums. Auch in Deutschland wurden ähnliche Pilot-Projekte gestartet, zum Beispiel in Thüringen.
Sowohl der Reparatur-Index als auch der Reparatur-Bonus haben nicht nur einen konkreten Nutzen, sondern sollen auch mehr Aufmerksamkeit für das Thema bringen.
Was plant die Politik?
Die Ampel-Regierung verspricht in ihrem Koalitionsvertrag, das Recht auf Reparatur zu erweitern. Zum Ziel erklärt sie, die Nutzungsdauer von Produkten zu verlängern und eine Abkehr von der Wegwerfgesellschaft zu schaffen. Konkret will sich die Bundesregierung für mehr EU-weite Vorgaben einsetzen. Wenn das zu lange dauert, soll es nationale Regeln geben, zum Beispiel mit einem Reparatur-Index nach französischem Vorbild. Das Bundesverbraucherschutzministerium verspricht außerdem, unabhängige Reparatur-Initiativen, wie die schon bestehenden Repair-Cafés, zu stärken. Sie sollen einfacher an Ersatzteile herankommen.
Die EU-Kommission hat für 2023 einen Gesetzesvorschlag zum "Recht auf Reparatur“ angekündigt. Reparaturmöglichkeiten und die Kosten für Ersatzteile sollen transparenter werden. Hersteller müssten dann dafür sorgen, dass Ersatzteile genormt sind und verpflichtend für einen bestimmten Zeitraum zur Verfügung stehen.
Was bringt das Recht auf Reparatur dem Klimaschutz?
Konkrete Berechnungen sind kompliziert. Das Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration kommt aber in einer Studie für die EU-Kommission zu dem Ergebnis: Die Nutzungsdauer von Smartphones könnte sich im Durchschnitt von drei auf vier Jahre erhöhen, wenn die Handys haltbarer gebaut und besser reparierbar sind. Übertragen auf andere Geräte könnten die Elektroschrott-Menge und der CO2-Fußabdruck um ein Viertel gesenkt werden, schätzt Karsten Schischke, Ingenieur am Fraunhofer-Institut, im tagesschau-Zukunfts-Podcast mal angenommen.
Bei der Öko-Bilanz ist immer abzuwägen, was sinnvoller ist: Ein altes Gerät, das viel Energie verbraucht, reparieren lassen und weiterbenutzen? Oder ein neues sparsameres Gerät kaufen? Die Umwelt-Soziologin Tamina Hipp vom Zentrum Technik und Gesellschaft an der TU Berlin hat die Faustregel: Ein Wasserkocher oder Toaster sollte immer repariert werden, bei Waschmaschine oder Kühlschrank sollte man genauer hinschauen.