Hubertus Heil spricht im Bundestag zum Rentenpaket II in erster Lesung

Debatte im Bundestag Heil verteidigt Rentenpläne gegen scharfe Kritik

Stand: 27.09.2024 12:27 Uhr

Im Bundestag ist es wie erwartet zum Schlagabtausch beim geplanten Rentenpaket gekommen. Die FDP will nachverhandeln, warnt vor zu hohen Kosten. Die CDU fordert einen Koalitionsbruch - und auch aus der Wirtschaft kommt Kritik.

Die zwischen Bundesarbeitsminister Hubertus Heil und Bundesfinanzminister Christian Lindner verhandelten Rentenpläne der Bundesregierung bleiben umstritten. Im Bundestag wurde der Gesetzentwurf in erster Lesung debattiert. Kritik kommt nicht nur aus der Opposition, sondern auch aus den eigenen Reihen.

Während SPD-Politiker Heil für den Entwurf der Regierung warb, pochte der FDP-Politiker Johannes Vogel erneut auf Änderungen. "Dieses Gesetz ist noch nicht fertig", sagte er. "Da müssen wir alle gemeinsam ehrlich und gründlich noch mal ran." Er sei sicher, Kompromisse und eine bessere Lösung seien möglich.

"Das Gesetzt so ist noch nicht zustimmungsfähig", Lukas Köhler, stellv. Fraktionsvorsitzender FDP, zur Diskussion um das Rentenpaket

tagesthemen, 27.09.2024 21:45 Uhr

Rentenniveau bis 2039 und Generationenkapital

Mit dem Rentenpaket II will die Ampelkoalition das durchschnittliche Rentenniveau für die kommenden 15 Jahre bei 48 Prozent des durchschnittlichen Einkommens festschreiben. Außerdem sieht der Text einen Einstieg in eine aktiengestützte Säule der Rentenversicherung vor - das sogenannte Generationenkapital.

Die Dividenden aus dem angelegten Kapital sollen später zur Finanzierung der Rentenzahlungen verwendet werden. Ziel ist es, den Beitragsanstieg zu dämpfen. Derzeit beträgt der Rentenbeitrag 18,6 Prozent des Bruttoeinkommens, in 15 Jahren wird er voraussichtlich bei mehr als 22 Prozent liegen.

Streitpunkt Aktienrente

Heil sagte im Bundestag, man habe eine "gemeinsame Verantwortung", noch in dieser Legislaturperiode die Weichen für das Alterssicherungssystem zu stellen. Es gehe darum, das Versprechen des Generationenvertrags zu erneuern, ohne die Generationen gegeneinander auszuspielen. Es gehe um die Stärkung der gesetzlichen Rente. Für die meisten Menschen im Land sei sie die wichtigste und für viele die einzige Absicherung im Alter. Die Rente zu privatisieren und die Absicherung für das Alter einseitig auf die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen "abschieben" zu wollen, halte er nicht für verantwortlich.

Vogel sagte, es stelle sich die Frage nach der Balance im Gesetzentwurf. Arbeitsminister Heil lege einen Vorschlag vor, der enorme Steigerungen der Rentenbeiträge gesetzlich festschreiben würde. "Ich bin überzeugt, Stabilisierung der Rente kann nicht bedeuten: Wir erhöhen einfach die Beiträge für die arbeitende Mitte und für die Jungen immer weiter. Das ist es nicht." Immer weiter steigende Beiträge bedeuteten immer weniger netto. Das sei auch ein Problem für den Wirtschaftsstandort Deutschland, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion. Er will einen stärkeren Systemwechsel zur Aktienrente als bislang vorgesehen.

Zuspruch von den Grünen, Kritik von CDU und Linken

Die Grünen unterstützen das Rentenpaket. Das sogenannte Generationenkapital sei immerhin "eine Innovation, die wir uns trauen", sagte die Abgeordnete Katharina Beck. Sie forderte aber, das Kapital auch "generationengerecht" anzulegen. Einziges Kriterium bislang sei Rendite.

Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Mathias Middelberg, bezeichnete das Generationenkapital als "Lachnummer", weil nur geringe Erträge zu erwarten seien. Eine Stabilisierung der Rente dürfe nicht bedeuten, die Beiträge für die arbeitende Mitte und die Jüngeren zu erhöhen, sagte er. Vogel habe eine pure Oppositionsrede gehalten. Es sei völlig unrealistisch, das zu erreichen, was Vogel wolle. Die FDP müsse die Koalition aufkündigen.

Auch die AfD-Abgeordnete Ulrike Schielke-Ziesing erklärte, mit einer "echten kapitalgedeckten Säule" der Rente wie in anderen Ländern hätten die Pläne nichts zu tun. Die Linken-Abgeordnete Heidi Reichinnek bezeichnete das Generationenkapital dagegen als "völlig falschen Weg". In Schweden, das als Beispiel für die Aktienrente oft herangezogen werde, zahlten beispielsweise auch alle Erwerbstätigen in die staatliche Rente ein, sagte sie. Dies sei richtig.

Wirtschaftsverbände kritisieren Reform als "unseriös"

Aus der deutschen Wirtschaft kommt scharfe Kritik an der geplanten Reform. Das damit verbundene Versprechen, ein Rentenniveau von 48 Prozent bis 2039 zu garantieren, sei angesichts der derzeitigen demografischen Herausforderung "schlicht kurzsichtig und unseriös", erklärte Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger. Leidtragende und Lasttragende seien die Jüngeren und die Arbeitgeber - so werde Arbeit "immer unattraktiver". Die Regierung sollte sich stattdessen auf "nachhaltige Reformen bei der betrieblichen und privaten Altersvorsorge konzentrieren", forderte Arbeitgeberpräsident Dulger.

Auch der Hauptgeschäftsführer des Maschinenbauverbands VDMA, Thilo Brodtmann, übte Kritik an dem Rentenpaket. Es mache "Versprechungen auf Kosten der Beitragszahler". Junge Menschen und Arbeitgeber "sollen Probleme lösen, die die Politik nicht strategisch angeht".

Der Verband der Jungen Unternehmer sprach von einem "Schlag ins Gesicht junger Leistungsträger". Die Reform belaste über alle Maßen Arbeitnehmer und vor allem junge Leistungsträger, während es Rentnerinnen und Rentner nicht mit in die Verantwortung nehme. Die Belastungen müssten vielmehr "gleichmäßig zwischen Jung und Alt verteilt werden".

Nach der ersten Beratung im Bundestagsplenum wird das Rentenpaket nun weiter im zuständigen Ausschuss beraten. Wann die abschließende Debatte und Abstimmung folgt, ist offen. Die Grünen gehen davon aus, dass das Rentenpaket II zügig vom Parlament verabschiedet werden wird.

In einer früheren Version hatten wir geschrieben, der Rentenbeitrag liege bei 18,5 Prozent des Bruttoeinkommens. Richtig sind 18,6 Prozent.

Mehr zum Hintergrund dieser und anderer Korrekturen finden Sie hier: tagesschau.de/korrekturen

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 27. September 2024 um 12:30 Uhr.