Entscheidung des Bundesfinanzhofs Ist der Soli noch konform mit dem Grundgesetz?
Der damalige Bundeskanzler Kohl kündigte an, es werde für die Wiedervereinigung keine Steuererhöhungen geben - dann kam der Solidaritätszuschlag. Heute entscheidet der Bundesfinanzhof über den Soli.
Der Bundesfinanzhof in München, das oberste Bundesgericht in Finanzangelegenheiten, gibt heute seine Entscheidung über den Solidaritätszuschlag bekannt. Es geht um die Frage, ob es mit dem Grundgesetz vereinbar ist, dass für einen kleinen Teil der Steuerzahler der Soli noch fällig ist. Sollte der Bundesfinanzhof das verneinen, ginge der Fall weiter zum Bundesverfassungsgericht nach Karlsruhe.
Aber auch politisch ist das Verfahren brisant: Das von FDP-Chef Christian Lindner geführte Bundesfinanzministerium hat sich aus dem Verfahren zurückgezogen, Lindner würde den Soli am liebsten ganz abschaffen. Mehr als dreißig Jahre nach seit seiner Einführung.
Keine Steuererhöhungen zur Finanzierung der deutschen Einheit - dieses Wahlkampfversprechen muss Helmut Kohl Ende Februar 1991 kassieren: "Ich habe ihnen gesagt, an welchen Stellen wir uns geirrt haben, auch ich mich geirrt habe." Der damalige CDU-Bundeskanzler verweist auf den Zusammenbruch der Handelsbeziehungen im ehemaligen Ostblock und die Kosten des ersten Golfkriegs.
Auf 5,5 Prozent reduziert
"Diese Beträge stehen für zusätzliche Maßnahmen zugunsten der neuen Bundesländer nicht mehr zur Verfügung", sagte Kohl damals. Ein Jahr lang soll es daher einen Solidaritätszuschlag geben, in Höhe von 7,5 Prozent auf die Lohn- und Einkommensteuer sowie die Körperschaftsteuer der Unternehmen. "Es muss sich hier um eine einmalige Zusatzbelastung handeln", so der damalige Bundeskanzler.
Zwar endet der Soli wie versprochen nach einem Jahr, mit den Verhandlungen über einen Solidarpakt, zugunsten der neuen Länder kommt er aber wieder auf die Tagesordnung. Der damalige SPD-Vorsitzende Björn Engholm sagte dazu: "Wir sind auf dem Wege zur praktischen Umsetzung der deutschen Einheit einen großen Schritt weitergekommen."
Ab 1995 wird wieder der Aufschlag von 7,5 Prozent erhoben - das Geld fließt in den allgemeinen Bundeshaushalt. Von Anfang an wird über Korrekturen nachgedacht. "Wenn wir unsere Konsolidierungslinie im Finanzplan einhalten, halte ich 1998, vielleicht schon 1997 einen Abbau, nicht die Abschaffung, einen Abbau beim Solidaritätszuschlag für möglich", sagte Theo Waigel. Der Bundesfinanzminister von der CSU setzt 1997 die Reduzierung des Soli auf 5,5 Prozent durch.
Die FDP aber will den Soli ganz los werden. "Der Bundeskanzler selbst hat im letzten Jahr erklärt, dass der Soli bis zum Jahr 2000 wegfallen sollte", sagte der damalige Parteichef Guido Westerwelle.
Merkel tastet den Soli lange nicht an
Für Gerhard Schröder, den neuen Bundeskanzler ab 1998, ist das aber kein Thema. Mit dem Solidarpakt 2 wird das Fortbestehen des Soli 2001 politisch erneut begründet. "Die Einigung auf den Solidarpakt 2 gibt uns Deutschen in den nächsten Jahren die Chance, das zu vollenden, was die Menschen in den neuen Ländern seit dem Fall der Mauer so mutig und entschlossen auf den Weg gebracht haben", sagte Schröder.
Auch Schröders Nachfolgerin Angela Merkel von der CDU will den Soli lange nicht antasten. "Wir werden auf jeden Fall auf die Einnahmen aus dem Solidaritätszuschlag auch nach dem Auslaufen des Solidarpaktes angewiesen sein", sagte Merkel 2014.
Mit dem Auslaufen des Solidarpakts im Jahr 2019 kommt der Soli aber doch wieder auf die Agenda. Unter Olaf Scholz als Finanzminister wird er ab 2021 für die meisten Steuerzahler gestrichen - aber eben nicht für alle. "Das, was an Aufgaben zur Finanzierung der deutschen Einheit noch da ist, sollen die finanzieren, die dazu auch die breitesten Schultern haben", so Scholz.
"Das ist ein erhebliches verfassungsrechtliches Risiko, auch für den Bundesfinanzminister", warnt dagegen Kabinettskollege Peter Altmaier, CDU. Die FDP reicht sogar eine Klage in Karlsruhe ein, die aber noch nicht entschieden ist.
Eine wichtige Etappe
Bundesfinanzminister Christian Lindner setzt sich als FDP-Chef zugleich politisch für die vollständige Abschaffung des Soli ein. Es sei "auch eine Frage der Glaubwürdigkeit, dass eine einmal befristete Abgabe dann auch abgeschafft wird", so Lindner. Nämlich dann, wenn der politische Zweck, die Gestaltung der deutschen Einheit, entfallen ist.
Rechtlich muss darüber Karlsruhe entscheiden. Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs ist dazu eine wichtige Etappe.