Im Rampenlicht stehen die Minister und Ministerinnen. Staatssekretäre wirken im Hintergrund. Hier Habeck mit dem inzwischen entlassenen Staatssekretär Graichen und Staatssekretärin Anja Hajduk.
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Staatssekretäre in Ministerien Mächtige Strippenzieher

Stand: 22.05.2023 13:51 Uhr

Staatssekretäre in den Ministerien stehen selten im Rampenlicht. Sie sind die Macher im Hintergrund - es sind politische Beamte mit viel Macht. Auf den Neuen im Habeck-Ministerium warten große Baustellen.

Von Torben Ostermann, ARD-Hauptstadtstudio

In der strengen Rangordnung des deutschen Beamtenwesens gibt es eine Gruppe, die ganz oben steht: die Staatssekretäre oder Staatssekretärinnen. Abgesehen von der politischen Führung eines Ministeriums, sind sie faktisch für alle Vorgänge im Haus verantwortlich. Es sind die Staatssekretäre, die politische Vorhaben und große Ankündigungen in Gesetze übersetzen müssen. Und dabei ist selbst die Farbe des Stiftes vorgegeben. In der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien ist genau festgelegt, dass der Staatssekretär in rot zu schreiben hat. Laufen Papiere von unten nach oben durch ein Ministerium, soll immer klar sein, wer welche Anmerkung gemacht hat. Ministerinnen und Minister unterzeichnen übrigens in grün.

Politisch nicht neutral

Staatssekretäre sind politische Beamte und genau an dieser Stelle wird es interessant, Kritiker würden sagen: heikel. Denn Staatssekretäre arbeiten an der Schnittstelle zwischen Politik und Verwaltung. Staatssekretäre sind der Allgemeinheit verpflichtet, aber politisch nicht neutral. Sie werden häufig wegen ihrer Parteizugehörigkeit und meistens auch wegen ihres beruflichen Hintergrunds ins Amt berufen. Bei allem, was sie tun, unterliegen sie dem Beamtenrecht.

Gleichzeitig erwartet die politische Führung, also der Minister oder die Ministerin, die Umsetzung der eigenen politischen Ziele. Im Fall von Patrick Graichen ist dieser Drahtseilakt offensichtlich nicht gelungen. Es waren die Verquickungen zwischen privatem und beruflichem Umfeld, die ihn am Ende zu Fall gebracht haben.

Ministerium als Gesetzesmaschine

Neben den verbeamteten Staatssekretären gibt es auch noch Parlamentarische Staatssekretäre. Sie haben in der Regel deutlich weniger Einfluss. Parlamentarische Staatssekretäre müssen Mitglieder des Deutschen Bundestages sein und sollen vor allem als Brücke zwischen Ministerium und Parlament dienen.

Seit Robert Habeck die Amtsgeschäfte im Bundeswirtschaftsministerium übernommen hat, gilt das Haus als Gesetzesmaschine. Die vier Staatssekretäre (drei Männer, eine Frau) haben gut zu tun. Der russische Angriff auf die Ukraine hat schnelles Handeln vor allem in Energiefragen zwingend gemacht. Zudem hat sich Grünen-Politiker Habeck vorgenommen, Klimapolitik vor allem auch in seinem Ministerium mit Nachdruck voranzutreiben. Sein Ziel: der konsequente Umbau der deutschen Wirtschaft im Sinne des Klimaschutzes.

Im Rampenlicht stehen die Minister und Ministerinnen (hier: Robert Habeck bei einer Pressekonferenz). Staatssekretäre wirken im Hintergrund.

Im Rampenlicht stehen die Minister und Ministerinnen (hier: Robert Habeck bei einer Pressekonferenz). Staatssekretäre wirken im Hintergrund.

Streit ums Heizungsgesetz

An vielen seiner Vorhaben gibt es Kritik. Allein das Gebäudeenergiegesetz (GEG) sorgt derzeit für so viel Aufregung und Verunsicherung, wie wohl kaum ein Gesetz in den vergangenen Jahren. Seit Wochen streiten Opposition, Koalition, Wirtschaftsverbände, echte und selbsternannte Energieexperten über die Heizungspläne aus dem Hause Habeck.

Das Gebäudeenergiegesetz ist der bisher konkreteste Teil der von der Bundesregierung eingeleiteten Wärmewende. Zukünftig soll ein Großteil der Energie fürs Heizen aus erneuerbaren Energien stammen. Federführend mit ausgearbeitet hat es der inzwischen Ex-Staatssekretär Graichen.

Weitere Baustelle: der Industriestrompreis

Ein weiteres Anliegen, mit dem sich Habecks neuer Staatssekretär beschäftigen muss, ist das Thema Industriestrompreis. Zu welchen Kosten kann die so wichtige deutsche Industrie künftig produzieren? Was technisch klingt, ist für Hunderttausende Arbeitsplätze von zentraler Bedeutung. Schließlich liegt es am Ende an den Produktionskosten, wo Unternehmen und Betriebe fertigen.

Maßgeblich vorangetrieben werden diese gigantischen Transformationsvorhaben von den Top-Beamten des Bundeswirtschaftsministeriums. Die Staatssekretäre sind dort die Manager, sind verantwortlich fürs Personal, für die Finanzen und letztendlich auch dafür, dass die Mitarbeitenden mit vernünftiger IT ausgestattet sind. Ein guter Staatssekretär muss also nicht nur politisch im Stoff sein sein, vielmehr muss er auch Personalführung und spröde Verwaltung können.

In der Öffentlichkeit wenig bekannt

Staatssekretäre sind der breiten Öffentlichkeit meistens weniger bekannt. Selbst Politikinteressierten gelingt es wahrscheinlich kaum, auch nur die Hälfte aller Staatssekretäre der insgesamt 16 Ministerien aufzuzählen. Warum auch? Die meisten Debatten zu politischen Vorhaben konzentrieren sich auf die politische Führung des jeweiligen Hauses, also den Minister oder die Ministerin.

Entsprechend außergewöhnlich ist der Fall Graichen. An ihm ist noch mal deutlich geworden, wie einflussreich Staatssekretäre faktisch sind. Sie bekommen meist kein öffentliches Lob, wenn etwas gelingt. Im Fall Graichen wäre da die Energiesicherheit im vergangenen Winter zu nennen. Fehler können hingegen schnell zur Versetzung in den einstweiligen Ruhestand führen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk Nova am 20. September 2018 um 18:42 Uhr und am 19. Mai 2023 um 07:47 Uhr.