Wahltermin im Februar Steinmeier löst Bundestag auf - Weg für Neuwahl frei
Bundespräsident Steinmeier hat den Bundestag für aufgelöst erklärt, um den Weg für die Neuwahl freizumachen. Diese soll am 23. Februar stattfinden. In schwierigen Zeiten brauche es eine handlungsfähige Regierung, sagte er.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die Auflösung des Bundestags bekannt gegeben. Mit seiner Entscheidung macht Steinmeier den Weg für die beabsichtigte Neuwahl am 23. Februar frei. Auf diesen Tag hatten sich die Fraktionsspitzen von SPD und Union geeinigt.
In schwierigen Zeiten wie jetzt brauche es für Stabilität eine handlungsfähige Regierung und verlässliche Mehrheiten im Parlament, sagte Steinmeier zur Begründung. "Die jetzige Regierung verfügt ausweislich der Abstimmung über die Vertrauensfrage über keine Mehrheit mehr, aber auch für eine anders zusammengesetzte Regierung habe ich in den Gesprächen keine Mehrheiten erkennen können. Deshalb bin ich überzeugt, dass zum Wohle unseres Landes Neuwahlen jetzt der richtige Weg sind", sagte Steinmeier.
Das Grundgesetz habe für diese Situation Vorkehrungen getroffen. Der Bundestag arbeite weiter, bis sich ein neuer Bundestag konstituiert habe. "Unsere Demokratie funktioniert, auch in Zeiten des Übergangs."
"Problemlösen muss wieder Kerngeschäft werden"
Steinmeier wies auf die lange Auseinandersetzung über das Ob und Wie einer Neuwahl und auf den nun bevorstehenden Wahlkampf hin. Anschließend werde es an der Zeit sein, "dass das Problemlösen wieder zum Kerngeschäft von Politik wird". Die Menschen erwarteten tragfähige Vorschläge für eine gute Zukunft und für ein Land, das sich in schwieriger Zeit behaupten könne.
Der Bundespräsident sagte, er glaube, die Menschen verstünden, dass auch schmerzhafte Wahrheiten dazugehörten. Die nächste Bundesregierung habe große Aufgaben vor sich. "Deshalb muss es in den kommenden Wochen um die besten Lösungen gehen für Herausforderungen unserer Zeit."
Er nannte die wirtschaftlich unsichere Lage, die Unternehmen in Schwierigkeiten bringe und Arbeitsplätze gefährde, die Kriege im Nahen Osten und in der Ukraine mit ihren Auswirkungen auch in Deutschland, die drängenden Fragen der Steuerung von Zuwanderung und Integration, den Klimawandel sowie das friedliche und sichere Zusammenleben in unserem Land.
Mahnung zu "Respekt und Anstand im Wahlkampf"
Die Debatte über die besten Lösungen könne natürlich auch mit Zuspitzungen und Schärfe geführt werden, gerade im Wahlkampf. "Das verträgt unsere freiheitliche Demokratie oder mehr noch, sie braucht den Wettstreit der Ideen", sagte Steinmeier. Er erwarte aber, "dass dieser Wettstreit mit Respekt und mit Anstand geführt wird, schon allein deshalb, weil nach der Wahl die Kunst des Kompromisses gefragt sein wird, um eine stabile Regierung zu bilden."
Steinmeier wandte sich zudem gegen Einflussversuche von außen. Auch dürfe im Wahlkampf Gewalt und nichts, was sie vorbereite, keinen Platz haben. "Verunglimpfung, Einschüchterung, Gewalt - all das ist Gift für die Demokratie. All das beschädigt unsere Demokratie. Wir müssen Gewalt ächten! Das erwarte ich von allen, die sich um Verantwortung bewerben."
Scholz hatte Vertrauensfrage gestellt
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte am 16. Dezember im Bundestag die Vertrauensfrage gestellt, nachdem im November die Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP nach rund drei Jahren zerbrochen war. Scholz hatte für seinen Antrag - wie von ihm beabsichtigt - keine Mehrheit erhalten.
Nach Artikel 68 Grundgesetz kann der Bundespräsident auf Vorschlag des Bundeskanzlers innerhalb von 21 Tagen den Bundestag auflösen, wenn dieser die Vertrauensfrage verliert. Artikel 39 schreibt vor, dass die Neuwahl dann innerhalb von 60 Tagen stattfinden muss. Steinmeier ließ sich mit seiner Entscheidung nur elf Tage Zeit. Er führte aber nach der Entscheidung des Bundestages über die Vertrauensfrage zunächst Gespräche mit den Vorsitzenden der Fraktionen und Gruppen. So wollte er herausfinden, ob es nicht doch noch einen Weg für eine stabile politische Mehrheit im Bundestag gibt.
Ausnahme in Geschichte der Bundesrepublik
Dass der Bundestag vorzeitig aufgelöst wird, ist ein Ausnahmefall in der Geschichte der Bundesrepublik. Die Vertrauensfrage von Scholz war erst die sechste seit 1949. In drei Fällen endete anschließend die Wahlperiode vorzeitig. Dies betraf die Kanzler Willy Brandt (SPD) 1972, Helmut Schmidt (SPD) 1982 und Gerhard Schröder (SPD) 2005.
Schröder hatte auch schon 2001 die Vertrauensfrage gestellt, aber nicht, um sie zu verlieren. Vielmehr wollte er so seine in Teilen widerspenstige rot-grüne Koalition für die Beteiligung der Bundeswehr am Anti-Terror-Kampf in Afghanistan hinter sich bringen.
Ähnlich disziplinierend war die Vertrauensfrage von Helmut Schmidt (SPD) 1982 angelegt, der damit die Zustimmung der SPD/FDP-Koalition zu seiner Sicherheits- sowie Arbeitsmarktpolitik erzwingen wollte. Beide SPD-Kanzler gewannen die Vertrauensfrage, der Bundestag wurde nicht aufgelöst.