Tag der Arbeit Scholz warnt vor Arbeitskräftemangel
Zum Tag der Arbeit hat Kanzler Scholz die Betriebe zu mehr Ausbildung aufgefordert. Auch gezielte Einwanderung sei wichtig, um den Arbeitermangel zu bekämpfen. DGB-Chefin Fahimi kündigte harte Auseinandersetzungen um höhere Löhne an.
Bei einer Kundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) hat Bundeskanzler Olaf Scholz die Unternehmen aufgefordert, mehr junge Menschen auszubilden. "Manche Betriebe suchen händeringend Fachkräfte, aber manche Betriebe bilden auch nicht aus", sagte Scholz bei der DGB-Veranstaltung zum Tag der Arbeit in Koblenz.
"Es sollen sich alle zusammenreißen"
"Es sollen sich alle noch einmal zusammenreißen und alles dafür tun, dass die Zahl der Ausbildungsplätze in Deutschland weiter steigt", forderte Scholz, der teils mit Applaus, teils mit Buhrufen und Pfiffen empfangen wurde.
In Deutschland werde es "vielleicht für mehr als ein Jahrzehnt" kein Problem mit Arbeitslosigkeit geben. Stattdessen müsse dafür gesorgt werden, dass Betriebe genügend Arbeitskräfte fänden. Bereits jetzt sei die Rede vom Arbeitermangel als großem Problem der Zukunft.
Bedeutung der Einwanderung von Fachkräften
Scholz sagte, er habe "Rezepte, was man dagegen tun kann" und betonte die Bedeutung von Einwanderung für den Arbeitsmarkt: "Wir begrenzen die irreguläre Migration. Wir wollen, dass alles nach Regeln vor sich geht", sagte Scholz.
"Aber gleichzeitig sorgen wir dafür, dass auf reguläre Weise diejenigen, die wir als Arbeitskräfte hier in Deutschland brauchen, auch eine Chance haben." Dafür sei das neue Gesetz zur Einwanderung von Fachkräften wichtig, weil es die Zukunft der Wirtschaft sowie die Sicherheit der Arbeitsplätze und der Renten- und Sozialversicherung garantiere.
Der Bundeskanzler mahnte außerdem zu mehr Respekt vor jeder Arbeit: Es brauche nicht nur Ingenieure oder IT-Fachkräfte, sondern auch die Menschen, die in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen, Supermärkten oder auf dem Bau arbeiteten. Scholz rief die Betriebe auch zu tarifgebundenen Verträgen auf. Gegen den Fachkräftemangel seien gut bezahlte Arbeitskräfte vonnöten.
DGB-Vorsitzende kritisiert Regierung
Die Vorsitzende des DGB, Yasmin Fahimi, kritisierte, dass die Bundesregierung sich nicht genug um die Sorgen der Menschen kümmere. Bislang habe es auch von der SPD-geführten Regierung in Berlin zu viele Lippenbekenntnisse gegeben. "Diese Bundesregierung will anders sein? Dann wollen wir jetzt Taten sehen!", rief Fahimi bei der zentralen Mai-Kundgebung des DGB in Köln. Unter anderem dürfe der Staat keine Aufträge mehr an Unternehmen vergeben, die ihre Beschäftigten nicht nach Tarif bezahlen.
Politik und Arbeitgebern kündigte sie auch in Zukunft harte Auseinandersetzungen um Löhne und Arbeitnehmerrechte an. "Von allein und aus reiner Einsicht bewegt sich in den Chefetagen doch gar nichts für das Gemeinwohl, für eine gute Arbeitswelt oder gegen den Klimawandel", so Fahimi laut Redemanuskript. "Nur mit starken Gewerkschaften und unseren Tarifverträgen können wir der Profitgier etwas entgegensetzen."
Forderungen aus Teilen der Union nach einer Einschränkung des Streikrechts in besonders wichtigen Branchen wies Fahimi an die Arbeitnehmer gerichtet ab: "Ihr seid so systemrelevant, dass man Euch das Streikrecht absprechen will. Aber nicht so systemrelevant, dass man Euch ordentliche Löhne zahlen will", kritisierte sie.
Arbeitgeberpräsident warnt vor Populismus
Rainer Dulger, Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), warnte die Politik dagegen vor Populismus in der Arbeitsmarkt- und Tarifpolitik, speziell beim Mindestlohn und geplanten Tariftreue-Regelungen.
In einer Erklärung zum Tag der Arbeit sagte Dulger, dass Tarifautonomie gegenseitiges Verständnis und Vertrauen von Gewerkschaften und Arbeitgebern voraussetze. "Vor diesem Hintergrund verbieten sich Eingriffe in die Findung des Mindestlohns und damit in die Arbeit der unabhängigen Mindestlohnkommission ebenso wie neue Vorgaben für Tariftreue-Regelungen und gesetzliche Beschränkungen."
Erhöhung des Mindestlohns
Die Mindestlohnkommission aus Arbeitgeber- und Gewerkschaftsvertretern sowie Wissenschaftlern soll im Sommer einen Vorschlag zur Erhöhung des Mindestlohns vorlegen. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hatte im April gesagt, er erwarte eine "deutliche Steigerung" des 12 Euro hohen Mindestlohns. Zudem soll ein Bundestariftreuegesetz regeln, dass Firmen, die Staatsaufträge erhalten, nach Tarif bezahlen müssen.
Dulger forderte auch "ausbalancierte Tarifergebnisse", die die Lohn-Preis-Spirale nicht anheizen. "Zur Verantwortung der Sozialpartner in diesen herausfordernden Zeiten gehören Tariflohnabschlüsse, die Beschäftigung sichern und Unternehmertum nicht gefährden", sagte er. "Sozialpartnerschaft braucht eine klare Abgrenzung zum Populismus."