Wandel der Arbeitswelt Männer in Teilzeit - immer noch eine Seltenheit
Teilzeit wird in Deutschland immer beliebter - aber immer noch geht es dabei um deutlich mehr Frauen als Männer. Die Gewerkschaften wollen, dass sich das ändert - die Arbeitgeber sehen auch Probleme.
Nach sechs Stunden ist Schluss. Feierabend für den Brandenburger Daniel Jähnichen. Der alleinerziehende Vater arbeitet als Ausbilder im Schönborner Armaturenwerk. Vor zwei Jahren hat er seine Arbeitszeit auf 30 Stunden reduziert. Er wollte mehr Zeit für seinen dreijährigen Sohn haben. "Geld ist halt nicht alles. Wenn ich hier acht Stunden arbeiten würde, müsste mein Sohn zehn Stunden in die Kita gehen. Wir haben jetzt mehr Zeit zusammen. Das kann mir kein Geld der Welt ersetzen."
Männer wie Jähnichen sind immer noch eine Ausnahme. Er war der Erste in dem mittelständischen Unternehmen, der einen Teilzeitantrag gestellt hat.
Für seinen Chef kam die Bitte völlig unerwartet. Dementsprechend hat er damals reagiert. "Ich war erst einmal geschockt und musste darüber nachdenken, wie wir das handeln können", erzählt Geschäftsführer Thomas Ebert heute, zwei Jahre später. Am Ende hat er zugesagt. Er wollte seinen Mitarbeiter halten. Er habe ihn ausgebildet und Wissen vermittelt. Das solle im Unternehmen bleiben, so Ebert.
Berliner Männer arbeiten weniger
Montags oder freitags frei oder nur vier Stunden am Tag arbeiten: Der Anteil derer, die das machen, ist in den vergangenen Jahren gestiegen. Im vergangenen Jahr waren es 30 Prozent der Angestellten. Der Unterschied zwischen Männern und Frauen ist weiterhin groß. Während knapp jede zweite Frau (49 Prozent) 2022 in Teilzeit arbeitete, lag die Quote unter den Männern lediglich bei 13 Prozent.
Interessant sind auch die regionalen Unterschiede. In Berlin ist der Anteil von Männer in Teilzeit mit 24 Prozent überdurchschnittlich hoch. In Brandenburg, wo Jähnichen lebt und arbeitet, sind es 14 Prozent. Die niedrigste Quote hat Baden-Württemberg mit 9,4 Prozent.
Die Familiensoziologin Uta Brehm vom Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) sieht für die verhältnismäßig hohe Teilzeitquote bei Männern in Berlin mehrere Ursachen. "In Berlin haben wir auf der einen Seite ein Milieu, was sehr progressiv ist und sehr auf Gleichstellung und auch Beteiligung der Väter an der Familienarbeit ausgerichtet ist", so Brehm. Ein weiterer Grund sei, dass in Berlin die Arbeitslosigkeit im Bundesländervergleich relativ hoch ist und damit die unfreiwillige Teilzeiterwerbstätigkeit eine größere Rolle spielt.
"Ich wurde unter Druck gesetzt"
"Ich kann allen Vätern nur empfehlen, weniger zu arbeiten", erzählt Heiner Fischer am Telefon, während man im Hintergrund seine beiden Kinder hört. Der Krefelder brennt für das Thema seit einem Streit mit seinem damaligen Arbeitgeber, einem Sportverband. "Schon meine siebenmonatige Elternzeit kam nicht gut an, ich wurde unter Druck gesetzt, mir wurde ein schlechtes Gewissen gemacht. Als ich später Teilzeit beantragt habe, war das Tischtuch dann völlig zerrissen."
Fischer kündigt. Zunächst arbeitet er in Teilzeit in einem Krankenhaus, später macht sich der Sozialarbeiter selbstständig. Heute berät er Väter und Unternehmen zum Thema Vereinbarkeit und "aktive Vaterschaft", bietet Online-Gesprächskreise an. "In vielen Unternehmen sitzen immer noch alte, weiße Männer an der Spitze. Meine Aufgabe ist es, ihnen den versteckten Gewinn für ihr Unternehmen deutlich zu machen."
Fischer verweist darauf, dass beispielsweise die Loyalität zum Arbeitgeber wachse. Der profitiere außerdem von den daheim erlernten "Soft Skills". "Erst wenn wir die Väter in die Familien bringen, erlauben wir es den Müttern, ihre Arbeitszeit zu erhöhen."
Ein Mittel gegen den Fachkräftemangel?
Eine Position, die auch beim Deutschen Gewerkschaftsverband (DGB) vertreten wird. Die stellvertretende Vorsitzende Elke Hannack berichtet, dass viel zu viele Unternehmen nicht begriffen hätten, dass Teilzeit auch ein Instrument der Werbung und Findung von Personal sei. "Unternehmen sollten es mehr Männern ermöglichen, in Teilzeit zu gehen. Dann könnten Frauen gleichzeitig ihr Arbeitszeitvolumen erhöhen. So ließe sich auch die Fachkräftesicherung besser bewerkstelligen."
Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) berichtet, dass die Wünsche nach Teilzeit vor allem für kleine und mittlere Unternehmen eine Herausforderung seien. Laut Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter finden sie wegen des Personalmangels oft nur schwer Ersatz für die, die weniger arbeiten. Dann müsste die Arbeit auf das Kollegium verteilt werden. "Die Politik ist gefragt. Kommunen und Länder müssen endlich für eine bessere Kinderbetreuung sorgen. Die Betreuungssituation muss so gut sein, dass Arbeitnehmer die Wahl haben, ob sie in Vollzeitarbeit wollen oder nicht."