Wahl in Schleswig-Holstein Alle gegen Günther
Ein Ex-Grüner, der für die SPD antritt. Eine grüne Finanzministerin mit Blick für Soziales. Ein FDP-Spitzenkandidat, der nicht Kubicki heißt: Mit welchem Personal gehen die wichtigsten Parteien in die Schleswig-Holstein-Wahl?
Neben CDU und SPD haben in diesem Wahlkampf erstmals auch die Grünen in Schleswig-Holstein Anspruch auf das Regierungsamt erhoben - und eine eigene Kandidatin aufgestellt. FDP, AfD und SSW wollen möglichst stark im Parlament sein. Ein Überblick über Günthers wichtigste Herausforderer und Spitzenkandidaten.
Der Ex-Grüne: Thomas Losse-Müller (SPD)
Er will dahin, wo er schon einmal war: Thomas Losse-Müller geht für die SPD ins Rennen und möchte nach der Wahl in die Staatskanzlei an der Kieler Förde einziehen. Dieses Mal aber als oberster Dienstherr, als Ministerpräsident. Zuletzt hatte er hier als Chef der Staatskanzlei gearbeitet - bis 2017 unter Schleswig-Holsteins letztem SPD-Ministerpräsidenten Torsten Albig. Damals war der Volkswirt, der zuvor für die Deutsche Bank, Weltbank und Schleswig-Holsteins Finanzministerium gearbeitet hatte, noch Grünen-Mitglied. In der Zwischenzeit wechselte er die Partei und war als Unternehmensberater tätig. Er sei 2020 in SPD eingetreten, weil das für ihn die Partei sei, die den gesellschaftlichen Zusammenhalt organisiere und in der alle Teile der Gesellschaft vertreten seien, erklärt der 48-Jährige.
Mit rotem Parteibuch wirbt Losse-Müller mit sozialen Themen, Digitalisierung und Klimaschutz um die Stimmen der Wähler im nördlichsten Bundesland und für eine Landesregierung ohne CDU. Er verspricht eine gebührenfreie Kita-Grundbetreuung, die Wiedereinführung der Mietpreisbremse, kostenlose Tablets für Schüler ab der 8. Klasse und schnelleren Ausbau der erneuerbaren Energien. "Ich bin im Maschinenraum gewesen in den vergangenen 20 Jahren und weiß, wie dieses Land und die Unternehmen funktionieren", sagt Losse-Müller.
Frau der Zahlen: Monika Heinold (Grüne)
Als Losse-Müller noch als Staatssekretär im grün-geführten Finanzministerium arbeitete, hatte er eine Chefin: Monika Heinold. Seit zehn Jahren ist die gelernte Erzieherin nun die "Frau der Zahlen" im Norden - jetzt fordert sie Ministerpräsident Günther heraus. Mit Heinold haben die Nord-Grünen erstmals eine Kandidatin für den Ministerpräsidentenjob aufgestellt. Schließlich war die Partei bei der Europawahl 2019 stärkste politische Kraft im Land. Auf dem Wahlzettel ist die 63-Jährige klar die grüne Nummer 1, doch die Partei hat ein Duo aufgestellt. Neben Heinold ist auch Landtagsvizepräsidentin Aminata Touré Spitzenkandidatin.
Heinold ist seit 2012 Finanzministerin in Kiel - erst in einer Koalition mit SPD und SSW, zuletzt im Jamaika-Bündnis mit Regierungschef Günther und der FDP. Zuvor war sie 16 Jahre lang Abgeordnete im Landtag. Sie sagt, sie sei wegen des Themas soziale Gerechtigkeit in die Politik gegangen und habe dann gemerkt, wie entscheidend dafür die Finanzpolitik sei. Also arbeitete sie sich ein, gegen Widerstände, die es wegen ihres Geschlechts und ihres Berufs gab, erzählt sie. Heinolds Wahlversprechen: Sie will Klimaschutz als Ministerpräsidentin zur Chefinnen-Sache machen und diesen sozial gerecht gestalten.
Kein Kubicki: Bernd Buchholz (FDP)
Zum ersten Mal seit einer gefühlten Ewigkeit wirbt die FDP nicht mit Wolfgang Kubicki als Spitzenkandidat um Stimmen. Die sechs Landtagswahlen zuvor war stets Kubicki Zugpferd und Gesicht der Partei im Norden. Mittlerweile ist er aber ganz nach Berlin gewechselt.
Doch auch Buchholz ist in Schleswig-Holstein kein Unbekannter. Der 60-Jährige ist seit 2017 Wirtschafts- und Verkehrsminister, früher war er Anwalt, Verlagsmanager und in den 1990er-Jahren schon einmal Mitglied im Landtag.
Buchholz mag mindestens zwei Arten von Terminen: Wohlfühltermine wie Spatenstiche, aber auch schwierige Missionen. Er hat sichtbar Spaß daran, mit Gewerkschaftern zu diskutieren, die für einen FDP-Minister wie ihn nicht allzu viel übrig haben. Buchholz verspricht, sich als Minister auch zukünftig für den Ausbau der Infrastruktur einzusetzen und neue Unternehmen anzusiedeln. Er ist überzeugt, dass die aktuelle Landesregierung aus CDU, Grünen und FDP für mehr Lebensqualität gesorgt hat, daran will er anknüpfen.
Konstante in einer zerstrittenen Partei: Jörg Nobis (AfD)
Zum zweiten Mal nach 2017 tritt Nobis als AfD-Spitzenkandidat in Schleswig-Holstein an. Der 46-Jährige ist damit eine Konstante innerhalb des lange zerstrittenen Landesverbandes, der weiterhin keinen Vorsitzenden hat. Zunächst war Nobis Fraktionschef, nach dem spaltungsbedingten Verlust des Fraktionsstatus führt er die parlamentarische Gruppe der verbliebenen drei AfD-Vertreter.
Auf Plakaten und in Reden verspricht Nobis, sich für bezahlbare Energie einzusetzen - etwa durch die Absenkung der Energiesteuer. Mit der Corona- und Flüchtlingspolitik der Landesregierung geht Nobis hart ins Gericht.
Der Vielredner: Lars Harms (SSW)
Lars Harms ist das Gesicht des SSW, der Partei der dänischen und friesischen Minderheit im Land. Sie ist von der Fünf-Prozent-Hürde befreit. Der 57-Jährige sitzt seit 20 Jahren im Landtag und leitet seit 2012 dessen Fraktion. Harms ist nicht nur zu Minderheiten-Themen sprechfähig, fast 450 Reden hat er gehalten. Zuletzt rückte er immer mehr das Soziale in den Fokus. Er fordert einen Mindestlohn von 13 Euro und wirksame Maßnahmen gegen steigende Preise. Den Bau des LNG-Terminals in Brunsbüttel lehnt die Partei ab.