Interview mit dem Polizeipräsident von Köln Albers weist Kritik zurück - kein Rücktritt
Der Polizeipräsident von Köln, Albers, steht nach den Übergriffen auf Frauen an Silvester unter großem Druck. In einem Interview mit tagesschau.de verteidigte er den Einsatz am Kölner Hauptbahnhof und wies die Kritik zurück. Einen Rücktritt lehnte er ab.
tagesschau.de: Innenminister Thomas De Maizière hat gestern die Kölner Polizei hart kritisiert. Es könnte nicht ausreichen, erst den Bahnhofsvorplatz zu räumen und dann auf Anzeigen zu warten. Halten Sie diese Kritik für berechtigt?
Wolfgang Albers: Nein, wir haben nicht erst auf Anzeigen reagiert. Der verantwortliche Beamte zog sofort Kräfte zusammen als er mitbekam, dass Frauen körperlich bedrängt wurden. Die Polizei wurde sofort aktiv. Das heißt, sie wies Frauen auf den Bahnhofsvorplatz auf die Gefahr hin und begleitete sie in den Bahnhof. Wir haben nicht gewartet bis Anzeigen erstattet wurden. Als der Polizeiführer die Vorkommnisse bemerkte, reagierte er und das ist auch richtig so.
tagesschau.de: Aber die Kritik lautet ja, dass die Polizei viel zu langsam reagiert hätte. War die Polizei überfordert und hätte man nicht mehr Einsatzkräfte hinzuziehen müssen?
Albers: Als sich die Situation auf dem Vorplatz zuspitzte - da waren tausend völlig enthemmte Männer- räumte die Polizei den gesamten Vorplatz. Es war ein schwieriger Einsatz - die Polizeikräfte haben es mustergültig gemacht. Sie handelten sehr aktiv. Dann enstand die Situation, dass Einzelgruppen auf den Vorplatz kamen - auch in den Zugangsbereich zum Bahnhof. Als der Polizeiführer erfuhr, dass es dort Übergriffe gab, reagierte er sofort und zog Kräfte zusammen. Die begleiteten die Frauen bis zum Bahnhof. Dann war die Bundespolizei anwesend. Also, es war überhaupt nicht so, dass dort nichts getan wurde oder fehlerhaft gearbeitet wurde. Ich glaube, dass die Kräfte dort sehr ordentlich gearbeitet haben.
tagesschau.de: War es im Vorfeld der Polizei nicht bekannt, dass es Übergriffe dieser Art durch arabisch-marokkanische Banden schon gab?
Albers: Der Polizei ist natürlich bekannt, dass es die sogenannten "Antänzer" gibt. Das sind Menschen aus Nordafrika, die schon länger hier sind, die Taschendiebstähle begehen, aus denen sich zum Teil Raubtatbestände ergeben. Wir haben ein eigenes Kommissariat in Zusammenarbeit mit der Bundespolizei, in dem der Taschendiebstahl bekämpft wird. Und wir haben rund 450 Tatverdächtige im letzten Jahr festgestellt. Dieser Bereich wird intensiv bearbeitet. Aber das Phänomen, dass plötzlich tausend Menschen - junge Männer aus Nordafrika - an einer Stelle auftauchen, das war bisher nicht bekannt. Das war bisher nicht so in Köln. Dass vor allem dieses "Antanzen" zu sexuellen Übergriffen führte, das hat es bisher in der Form hier nicht gegeben.
tagesschau.de: Es gibt jetzt Kritik an der Polizei und das ist nicht das erste Mal (Anmerkung der Redaktion: z.B. am Einsatz der Polizei bei der Demo Hooligans gegen Salafismus im Oktober 2014). Ist es jetzt nicht Zeit, Verantwortung zu übernehmen? Wäre ein Rücktritt eine Option für Sie?
Albers: Ich trage Verantwortung an dieser Stelle. Und wir haben den Karneval vor uns. Eine schwierige Situation, glaube ich, gerade unter den jetzigen Bedingungen. Da ist mein Platz.
Das Interview führte Ingrid Bertram.