ZDF-Recherche zu Influencer Ärger im "Kliemannsland"
Fragwürdige Maskendeals, intransparenter Umgang mit Spenden: Nach einer Recherche von Böhmermanns "ZDF Magazin Royale" steht der Influencer Kliemann unter Druck. Kliemann entschuldigte und verteidigte sich. Doch viele Fragen bleiben offen.
Der Influencer, Musiker und Unternehmer Fynn Kliemann steht nach einem TV-Beitrag des Satirikers Jan Böhmermann zum Geschäft mit Schutzmasken in der Kritik. Konkret ging es in dem Beitrag der Show "ZDF Magazin Royale" unter anderem um den Produktionsort von Schutzmasken, der möglicherweise bewusst nicht transparent gemacht wurde - statt in Europa sollen sie in Asien hergestellt worden sein.
Nur für Großkunden?
Kliemann verbreitete ein langes Statement, in dem er sein Handeln kritisch reflektierte. Darin hieß es: "Ich möchte mich in aller Form bei allen Personen, Organisationen, Institutionen entschuldigen, die nun 'auf den ersten Blick' enttäuscht und geschockt sind." Er bat zugleich um einen differenzierten Blick. Manches stimme nicht. Im Interview mit dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" betonte Kliemann, er sei kein Betrüger. "Die Produktion aus Bangladesch war nur für Großkunden gedacht. Ich wusste zwar darüber Bescheid, diese Masken wurden aber nie über meine Webseite verkauft oder von mir nach außen kommuniziert", sagte er im "Spiegel"-Interview.
In dem von ihm selbst veröffentlichten Statement hieß es zu einer mit ihm in Verbindung gebrachten Textilfirma: "Ich muss mir klar eingestehen, dass ich den Prozess nicht mehr überblicken konnte. Das darf niemals passieren und somit übernehme ich, auch wenn ich weder Produzent noch Verkäufer war, eine Verantwortung." Durch diese Versäumnisse, sich mit diesen Prozessen nicht eingehend befasst zu haben, habe er viele enttäuscht.
"Kartons ohne Bangladesch-Bezug"
Laut Recherchen des "ZDF Magazin Royale" erhielt Kliemann unter anderem aber auch E-Mails, in denen sein Geschäftspartner "Kartons ohne Bangladesch-Bezug" bestellte, die "neutral" beim Abnehmer ankommen sollten.
Auf seinem Instagram-Profil zeigten sich viele enttäuscht und posteten Kommentare. Wer Satiriker Böhmermann in Sozialen Netzwerken folgt oder ihm aufmerksam bei Podcasts zuhört, konnte die Spur sehen, die er schon länger gelegt hatte. So parodierte er den Influencer und Musiker Kliemann auf einem öden Parkplatz und gängelte vermeintliche Mitarbeiter.
Kliemann ist vor Jahren mit einem außergewöhnlichen Projekt bekannt geworden: Mit seinem "Kliemannsland" - einem Bauernhof nördlich von Bremen. Leute kommen vorbei und wohnen auch zeitweise dort. Es wird gebastelt, geschraubt, geplaudert, Musik gemacht.
Dass Böhmermann im Umfeld Kliemanns recherchierte, war auch daran zu sehen, dass der Influencer einen Fragenkatalog des Senders auf Instagram veröffentlichte und dazu Stellung nahm. Darin ging es um diverse Themen, auch um Spendengelder. Laut ZDF-Recherche wechselte Kliemann mehrfach die Organisationen, mit denen er zusammen arbeiten wollte - an wen die Spenden gehen sollten, war demnach unklar. Im "Spiegel" sprach der Influencer in diesem Zusammenhang davon, dass er nicht mehr so "planlos" arbeiten könne, wie er gestartet sei.
Erste Konsequenzen
Böhmermanns Veröffentlichungen führten bereits zu ersten Konsequenzen. Der Online-Händler About You, der zum Otto-Konzern gehört, teilte mit: "Das ZDF Magazin Royale Video hat uns erreicht und ist uns bekannt. Aktuell prüfen wir den Fall intern, um uns ein genaues Bild von dem Sachverhalt zu verschaffen." In einem ersten Schritt habe man Masken der Marke "Oderso" offline genommen. Kliemann ist laut Impressum des Shops Geschäftsführer. Zudem teilte die Stiftung Deutscher Nachhaltigkeitspreis mit, dass sie eine Auszeichnung aberkenne, die Kliemann 2020 erhalten habe.
Die betreffende Firma, die Böhmermann in Verbindung mit Kliemann setzt, ist die Textilmanufaktur Global Tactics. Firmengründer Tom Illbruck sagte zu dem Masken-Produktionsort-Vorwurf, Masken seien in dem betreffenden Zeitraum 2020 auch in Bangladesch produziert worden, nicht nur in Europa. Wenn zum Beispiel ein Großkunde keinen Wert darauf gelegt habe, dass die Masken explizit aus einem bestimmten Land oder explizit aus Europa kommen, "haben wir Masken angeboten, ohne explizit an jeder Stelle zu sagen, wo die Masken herkommen". Nachgefragt zu About You sagte Illbruck: "Nach dem, was uns an Dokumenten vorliegt, gibt es keine Absprachen mit About You, dass die Masken explizit aus Portugal gekommen sind und das ist an keiner Stelle schriftlich versichert worden."
Auch der Hamburger Sportverein FC St. Pauli verkaufte ab April 2020 "Mundbedeckungen" von Global Tactics. Der Verein teilte nun mit, man habe eine geplante weitere Zusammenarbeit mit dem Unternehmen nach Bekanntwerden der Vorwürfe gestoppt. Zudem hieß es in einer Stellungnahme auf der Vereins-Homepage: "Sollten sich die gegen Fynn Kliemann und Global Tactics erhobenen Vorwürfe bewahrheiten, wird der FC St. Pauli sämtliche zur Verfügung stehenden juristischen Konsequenzen prüfen lassen."