Klimaprotest der "Letzten Generation" Verkehr in München und Berlin blockiert
Sie hatten es angekündigt: Aktivisten der "Letzten Generation" haben sich in Berlin und München auf Straßen festgeklebt und für Behinderungen im Verkehr gesorgt. NRW-Innenminister Reul will eine härtere Gangart gegen die Aktivisten prüfen.
Aktivisten der "Letzten Generation" haben - wie im Vorfeld angekündigt - in München bei einem Klimaprotest an mehreren Stellen den Verkehr blockiert. Neun Menschen klebten sich Polizeiangaben am Stachus auf der Fahrbahn fest - einem zentralen Verkehrsknotenpunkt in der Innenstadt. Die Fahrbahn war für etwa zweieinhalb Stunden gesperrt, teilte die Polizei auf Twitter mit.
Auf den Autobahnen A9 und A 96 kletterten mehrere Aktivisten auf Schilderbrücken. Die A9 in Richtung München sei ab Kreuz München-Nord gesperrt, auf der A96 laufe der Verkehr mit reduzierter Geschwindigkeit, so die Polizei.
Protestaktion vor Berliner Hauptbahnhof
Auch in Berlin setzten die Klimademonstranten ihre Blockaden wie angekündigt fort und sorgten erneut für Behinderungen im Berufsverkehr. Zuerst registrierte die Polizei eine Protestaktion vor dem Hauptbahnhof in der Invalidenstraße mit sieben Menschen. Fünf davon hätten sich an der Fahrbahn festgeklebt, sagte eine Polizeisprecherin. Zuvor hatte die "Berliner Morgenpost" berichtet.
Weitere Aktionen folgten an der Wilhelmstraße, Ecke Hallesches Ufer und der Potsdamer Straße, Ecke Varian-Fry-Straße. Dort hatten sich laut Polizei jeweils vier Aktivisten festgeklebt. Die Berliner Verkehrsinformationszentrale sprach von einer weiteren Protestaktion auf der B1 im Bereich Tiergarten in Höhe Stresemannstraße, die für Stau sorge.
Weitere Aktionen angekündigt
Bereits in den vergangenen Wochen hatten Aktivisten der Klimaschutz-Gruppe Straßen blockiert und auch den Flugverkehr am Hauptstadtflughafen BER lahmgelegt. In Bayern kamen einige Protestierende vorbeugend ins Gefängnis, weil sie weitere Störungen angekündigt hatten. Die Gruppe fordert unter anderem ein Tempolimit von 100 Kilometern pro Stunde auf Autobahnen und ein 9-Euro-Bahnticket für ganz Deutschland.
Zuletzt hatte die "Letzte Generation" nach einer kurzen Unterbrechung ihrer Proteste neue Aktionen angekündigt. "Der Widerstand wird stärker werden. Und er hört auch nicht an Weihnachten auf - und auch nicht im neuen Jahr", sagte Sprecherin Carla Hinrichs.
Söder: Verständnis der Bevölkerung nimmt ab
Der Umgang mit den Klimaaktivisten ist politisch umstritten. Vergangene Woche hatte sich die Innenministerkonferenz darauf verständigt, bis April ein Lagebild zu erstellen und damit mehr über die Gruppe zu erfahren.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagte im Bayerischen Rundfunk, im Grunde gelte in Bayern das Motto "Leben und leben lassen". Wenn aber Rechtsgüter verletzt würden oder wenn Eigentum beschädigt werde, gehe der Protest zu weit. Er denke, das Verständnis in der Bevölkerung für solche Aktionen nehme ab.
Reul: "Der Staat kann nicht einfach zugucken"
Aus Sicht von Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul muss der Staat bei den Aktivisten der "Letzten Generation" wachsam sein und nach einer eingehenden Prüfung möglicherweise eine härtere Gangart einlegen. "Der Staat kann nicht einfach zugucken und das weiterlaufen lassen", sagte der CDU-Politiker im Deutschlandfunk. Bei den Aktionen der Klima-Protestgruppe handele es sich nicht mehr um einzelne spontane Taten, sondern es gebe eine bundesweit straffe Organisation. Unter den Aktivisten seien einige Linksextreme, "die sagen, es geht um viel mehr, es geht um die Überwindung des Systems".
Man könne aber nicht alle verdächtigen. "Es sind eine Menge Menschen dabei, die ein normales, gutes Anliegen haben", die aber "noch nicht ganz begriffen haben, dass es bei uns Regeln gibt, an die man sich halten muss", sagte Reul. Die Klima-Bewegung "Fridays for Future" sei anders, ihre Anhänger hätten die gesetzlich vorgegebenen Grenzen in der Regel eingehalten. Bei der "Letzten Generation" hingegen seien Grenzen überschritten.
Kriminelle Vereinigung?
Mit ihrem organisierten Vorgehen komme die Gruppe "in die Nähe von dem Verdacht, eine kriminelle Vereinigung zu sein", sagte Reul. Bevor man so eine Ansage mache, müsse man aber gründlich prüfen.
Moderate Töne hatte unlängst der Chef des Bundesverfassungsschutzes, Thomas Haldenwang, angeschlagen. Er hatte gesagt, er erkenne gegenwärtig nicht, dass sich die Gruppierung gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung richte. Daher sei sie kein Beobachtungsobjekt für den Verfassungsschutz. Die Aktivisten begingen Straftaten, sagte er unter Verweis auf Straßenblockaden und Angriffe auf Kunstwerke. "Aber das Begehen von Straftaten macht diese Gruppierung nicht extremistisch." Einen "Nonsens" nannte es der Verfassungsschutzchef, dass CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt vor dem Entstehen einer "Klima-RAF" gewarnt hatte.