Chinesische Hafenbeteiligung Unverantwortlich - oder eine Chance?
Die Diskussion um eine chinesische Beteiligung am Hamburger Hafen geht weiter. In der Union gibt es vermehrt Kritik - aber auch Verständnis. SPD-Chef Klingbeil bestritt, dass China Zugriff auf die kritische Infrastruktur bekäme.
In der Union mehren sich die Forderungen, Bundeskanzler Olaf Scholz den Verkauf von Anteilen des Hamburger Hafens an die chinesische Reederei zu verbieten. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt forderte Scholz auf, den chinesischen Einstieg "schnellstens zu unterbinden". Der Verkauf der Gasspeicher an Russland sollte "als mahnendes Beispiel dienen", sagte er der "Welt am Sonntag" "Einseitige Abhängigkeiten zu einer einzigen Region auf der Welt schaffen eigene Erpressbarkeit und ein Überlegenheitsgefühl auf der anderen Seite."
Röttgen befürchtet Abhängigkeit
Scholz führe die deutsche China-Politik in die falsche Richtung, sagte der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. "Er will dem chinesischen Staat den Einstieg beim Hamburger Hafen erlauben und damit unsere Abhängigkeit weiter steigern." Schon die bestehende Abhängigkeit der deutschen Wirtschaft von China sei "unverantwortlich. Sie weiter zu steigern gefährdet die Souveränität unseres Landes."
CDU-Chef Friedrich Merz warnte in einer Rundmail, eine chinesische Beteiligung an der Terminalgesellschaft berühre "zutiefst die Sicherheitsinteressen unseres Landes". Ein chinesischer Staatskonzern bekäme damit "Zugang zu wesentlichen Daten des Frachtverkehrs im Hamburger Hafen. Und das exakt zu dem Zeitpunkt, an dem die Kommunistische Partei in China ihren aggressiven Ton in der Außenpolitik erneut verschärft und mit einem Krieg gegen Taiwan droht."
Günther betont Chancen des Deals
Verständnis für die Verkaufspläne zeigte dagegen Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU). "Uns in Schleswig-Holstein ist wichtig, dass der Hamburger Hafen wirtschaftlich erfolgreich ist, dass dort auch investiert wird", sagte er im Bericht aus Berlin. "Und es wird ja auch sehr defensiv in dem Bereich gemacht: Es handelt sich um eine Teilgesellschaft des Hamburger Hafens. Es ist eine Minderheitenbeteiligung." Deshalb finde er das "schon nachvollziehbar".
SPD-Chef rät zur Abwägung
SPD-Chef Lars Klingbeil warnte davor, voreilige Schlüsse zu ziehen. Es gehe "um eine Minderheitenbeteiligung an einem Terminal" und "nicht darum, dass man die Chinesen in die kritische Infrastruktur reinlässt". Er rate dringend dazu, Fehler, die im Umgang mit Russland gemacht wurden, nicht zu wiederholen, sagte auch Klingbeil im Deutschlandfunk. Es dürfe gegenüber China nicht zu ähnlichen Abhängigkeiten kommen, etwa im technologischen Bereich.
Experte sieht mögliche Gefahr
Das chinesische Angebot bringt den Hamburger Hafen nach Einschätzung des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW Kiel) in eine schwierige Lage. "Wenn Cosco sagt, "ihr werdet zu einem bevorzugten Hafen, wenn ihr die Beteiligung annehmt", muss man natürlich die Frage stellen: Was ist, wenn diese Beteiligung nicht genehmigt wird?", sagte Rolf Langhammer vom IfW Kiel dem NDR.
Die chinesische Reederei Cosco will einen 35-prozentigen Anteil an dem Hamburger Containerterminal Tollerort übernehmen. Bis zum 31. Oktober läuft eine Prüffrist, bis zu der die Bundesregierung das Geschäft untersagen könnte. Tut sie dies nicht, kann der Verkauf erfolgen. Scholz hatte am Freitag beim EU-Gipfel Kritik an einer möglichen chinesischen Beteiligung zurückgewiesen.