Klage wegen Hasspostings Karlsruhe gibt Künast recht
Immer wieder wird Grünen-Politikerin Künast im Netz beschimpft, nun hat sie vor dem Bundesverfassungsgericht einen wichtigen Erfolg erzielt. Auch Politiker müssten nicht alles aushalten, so das Gericht. Facebook muss reagieren.
Die Kommentare, die da über die Grünen-Bundestagsabgeordnete Renate Künast bei Facebook 2019 veröffentlicht wurden, waren heftig. Als "Stück Scheisse" wurde sie bezeichnet, als "Schlampe", "Drecksfotze" oder "Drecksau". Trotzdem tat sich die Justiz schwer, ihr beizustehen.
Das Landgericht Berlin fand zunächst, das seien alles zulässige Meinungsäußerungen, Künast habe diese Kommentare wegen einer missverständlichen Äußerung im Jahr 1986 zu Sex mit Kindern provoziert. Künast legte Beschwerde ein. Daraufhin verpflichtete das Landgericht Facebook immerhin, in sechs von 22 Kommentaren Auskunft zu geben, wer dahintersteckt, damit die Politikerin gegen diese Personen vorgehen konnte.
In der nächsten Instanz, beim Kammergericht Berlin, bekam sie etwas mehr Recht: Sie dürfe insgesamt wegen zwölf Äußerungen gegen Facebook vorgehen. Aber auch das Kammergericht fand nicht, dass sie die Daten von allen Nutzern zu bekommen habe. Äußerungen wie "kranke Frau" oder "Gehirn Amputiert" seien zwar ungehörig, überzogen, respekt- und distanzlos. Als Politikerin müsse sie das aber aushalten. Deswegen sei Facebook bei zehn von insgesamt 22 Postings eben nicht verpflichtet, die Daten herauszugeben.
Kritik an den Vorinstanzen
All das hat jetzt das Bundesverfassungsgericht aufgehoben. Die Instanzgerichte hätten nicht richtig abgewogen. Sie hätten zwar festgestellt, dass die Kommentare durchgängig erheblich ehrenrührige Herabsetzungen seien, hätten aber gemeint: Das habe alles noch einen Zusammenhang mit der damaligen Diskussion um Pädophilie und könnte daher nicht verfolgt werden.
So dürfe die Justiz nicht vorgehen, kritisiert jetzt das Verfassungsgericht. Selbst bei einem Bezug zu einer öffentlichen Debatte sei nicht alles erlaubt. Dabei weist es ausdrücklich darauf hin: Politiker müssten nicht alles aushalten. Es können nicht erwartet werden, dass sich jemand für Staat und Gesellschaft engagiert, wenn er nicht genügend geschützt wird. Da sich die Instanzgerichte nicht vor Künast gestellt hätten, sei sie in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt.
Kampf für Persönlichkeitsrechte im Netz
Mit dieser Entscheidung wird Facebook nun alle Nutzerdaten herausgeben müssen. Ein Erfolg für Künast, die mittlerweile an mehreren Stellen mit juristischen Mitteln für den Schutz der Persönlichkeit im Netz kämpft.
In einer ersten Reaktion auf Twitter schreibt sie, das sei ein guter Tag für die Demokratie. Das Verfassungsgericht schütze die Persönlichkeitsrechte derer, die sich engagieren. Damit würde Rechtsgeschichte im digitalen Zeitalter geschrieben. Denn dieser Richterspruch werde Auswirkungen auf Socialmedia haben und auch auf das künftige europäische Recht.
Az. 1 BvR 1073/20