Geplatzte Pkw-Maut Neues Gutachten belastet Scheuer
Die Aufarbeitung der geplatzten Pkw-Maut gewinnt an Brisanz: Ein neues Gutachten belastet offenbar Verkehrsminister Scheuer. Und der Untersuchungsausschuss kritisierte die mangelnde Transparenz seines Ministeriums.
Nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" und des Magazins "Der Spiegel" belastet ein Gutachten den Bundesverkehrsminister schwer: In dem Papier der Kanzlei Chatham heißt es demnach, Scheuers Ministerium habe in mehrfacher Hinsicht gegen das geltende Vergaberecht verstoßen. So sei bereits zweifelhaft, ob es angesichts der Unsicherheit, ob eine Pkw-Maut europarechtlich zulässig ist, überhaupt ein Vergabeverfahren hätte geben dürfen.
Auch beim Vergabeverfahren an sich nahm es das Verkehrsministerium den Medien zufolge möglicherweise nicht immer so genau: Dass das Verkehrsministerium allein mit dem Konsortium "Paspagon" um die Firmen Kapsch und CTS Eventim verhandelt habe, die später den Zuschlag erhielten, sei unzulässig gewesen, heißt es in dem Papier, das auch dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegt. Zweifel bestünden auch, ob das Angebot der ausgewählten Betreiber wirtschaftlich gewesen sei und ob der Zuschlag so überhaupt hätte erfolgen dürfen. Es bestünden zudem Zweifel daran, dass die Gespräche ordnungsgemäß protokolliert und aktenkundig gemacht worden seien.
Kritik an mangelnder Transparenz
Der Untersuchungsausschuss zur gescheiterten Pkw-Maut forderte zum Beginn der öffentlichen Anhörungen erneut das Verkehrsministerium auf, die Arbeit des Gremiums nicht zu erschweren. Der Ausschussvorsitzende Udo Schiefner von der SPD sagte, die Anfang Dezember vorgenommene Einstufung zahlreicher Unterlagen als Verschlusssache solle weitgehend zurückgenommen werden. "Maximale Transparenz bedeutet, dass nur verschlossen bleibt, was verschlossen bleiben muss", sagte Schiefner. Das Ministerium hatte wiederholt "maximale Transparenz" zugesagt.
Schiefner sagte weiter, der berechtigte Schutz von Interessen der Bundesrepublik oder die Wahrung von Betriebsgeheimnissen müsse sichergestellt sein. "Die Arbeit des Ausschusses darf jedoch nicht unangemessen erschwert werden", so die Forderung. Die Staatssekretärin habe zugesagt, alle relevanten Unterlagen schnell darauf prüfen zu lassen, ob die vorgenommene Einstufung als Verschlusssache gerechtfertigt sei oder geändert werden könne.
Ein Schaden in Höhe von 560 Millionen Euro?
Die Opposition wirft Scheuer schwere Fehler zu Lasten der Steuerzahler vor. Der Bund hatte Verträge zur Erhebung und Kontrolle der Pkw-Maut 2018 geschlossen - bevor endgültige Rechtssicherheit bestand. Der Europäische Gerichtshof hatte das Projekt gestoppt. Direkt nach dem Urteil des EuGH Mitte Juni kündigte der Bund die Verträge. Die für die Pkw-Maut vorgesehenen Betreiber Kapsch und CTS Eventim hatten vor Weihnachten ihre Forderungen an den Bund auf 560 Millionen Euro beziffert. Als wahrscheinlich gilt nun ein Schiedsverfahren.