Neue Rechtschreibung Rechtschreibreform und Schluss?
Seit dem 1. August gelten bundesweit einheitliche Rechtschreibregeln. Ein zehn Jahre langer Streit um die deutsche Rechtschreibung ist damit beendet – zumindest auf politischer Ebene. Glasklare Regeln für das Schreiben gelten aber auch jetzt noch nicht. Ausgerechnet der Duden sorgt für Diskussionen.
Von Christian Behrmann für tagesschau.de
In Schulen und Behörden gelten seit dem 1. August 2006 bundesweit einheitliche Rechtschreibregelungen. Nach zehn Jahren Streit gilt die Rechtschreibreform nun als abgeschlossen. Das neue Regelwerk möchten Politik und Verbände möglichst nicht mehr antasten, zu sehr sind sie von dem jahrelangen Sprachkampf zermürbt.
Frühere Reformgegner akzeptieren Neuerungen
Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Ute Erdsiek-Rave, äußerte im Februar 2006 die Hoffnung, dass es durch die Korrekturvorschläge des Rates für Rechtschreibung zu einem „deutschen Rechtschreibfrieden“ komme.
Der Rat wurde im Jahr 2004 eingesetzt, um den jahrelangen Rechtschreibstreit zu beenden. In vielen strittigen Fragen drehte er die Reform wieder zurück. Betroffen war die Getrennt- und Zusammenschreibung, die Groß- und Kleinschreibung, die Zeichensetzung und die Silbentrennung.
Der Duden ist das wohl wichtigste Wörterbuch der deutschen Sprache und wurde erstmals am 7. Juli 1880 von Konrad Duden veröffentlicht. Er erscheint im Dudenverlag Mannheim in 12 Bänden, darunter sind Titel wie "Die deutsche Rechtschreibung", "Die Grammatik" oder "Das Synonymwörterbuch". Die aktuelle 24. Auflage des Dudens für deutsche Rechtschreibung ist am 22. Juli 2006 erschienen.
Der Rechtschreibfrieden scheint zumindest insoweit erreicht, dass auch Gegner der Reform wie der Springer-Verlag und der "Spiegel" seit dem 1. August nach den neuen Regeln schreiben. Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung", die im Jahr 2000 zur alten Rechtschreibung zurückgekehrt war, hat sich allerdings entschlossen, weiterhin nach den alten Regeln zu schreiben.
Rechtschreibrat kritisiert Duden
Zu erneuten Auseinandersetzungen ist es mit dem Erscheinen der 24. Auflage des Duden gekommen. Dieser gibt für 3000 Wörter mehrere mögliche Schreibweisen an und empfiehlt eine Variante. Der Vorsitzende des Rechtschreibrats, der ehemalige bayrische Kultusminister Hans Zehetmair, kritisierte, der Duden unterlaufe mit diesen Empfehlungen Beschlüsse des Rechtschreibrats. Als Beispiel führte er dabei die vom Duden empfohlene getrennte Schreibweise von "sitzen bleiben" an.
Der Verlag widersprach den Vorwürfen. Der Duden entspreche komplett dem Regelwerk, so Verlagssprecher Klaus Holoch. Mit den Empfehlungen wolle der Duden einen Beitrag zur Vereinheitlichung der deutschen Sprache leisten, damit wieder mit gleicher Rechtschreibung kommuniziert werden kann. Diese Auseinandersetzung zeigt, dass auch mit dem 1. August noch kein Schlusspunkt bei der Rechtschreibung gefunden wurde.
Was kommt nach der Reform?
Die wichtigste Aufgabe des Rates für deutsche Rechtschreibung ist mit der Reform nun abgeschlossen. Nun will sich der Rat langfristigen Aufgaben widmen - der Bewahrung einer einheitlichen Rechtschreibung im deutschen Sprachraum, der Beobachtung der Sprachpraxis und der Weiterentwicklung des orthografischen Regelwerks im notwendigen Umfang. Bis Ende Juli 2007 läuft die Frist, während der die in puncto Getrennt- und Zusammenschreibungen, Groß- und Kleinschreibung sowie Zeichensetzung überarbeiteten Schreibweisen in den Schulen nicht als Fehler angerechnet werden.
Sprachbeobachtung ersetzt politisches Verfahren
Nach dem jahrelangen Rechtschreibstreit dürfte bei der Duden-Redaktion in Mannheim nun endlich wieder Ruhe einkehren. Nachdem der Duden in den vergangenen 15 Jahren fünf Mal in überarbeiteter Form erschienen ist, beabsichtigt der Verlag, zu einem Rhythmus von vier bis fünf Jahren zurückzukehren. In dieser Zeit will die Duden-Redaktion die Entwicklung der Sprache kontinuierlich beobachten – und auch der Duden selbst wird weiter unter Beobachtung stehen.