Bundestag debattiert EU-Verfassung Fraktionen betonen Bedeutung der EU-Verfassung
Eine Woche vor dem EU-Gipfel in Brüssel hat der Bundestag über die Zukunft der EU-Verfassung debattiert. Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) appellierte dabei an die polnische Regierung, den europäischen Verfassungsprozess nicht zu blockieren. Polen habe "eine große Verantwortung dafür, dass die Europäische Union vorankommt", sagte Kauder. Zugleich warnte er vor "markigen Tönen gegen Polen". Öffentlicher Druck vermindere nur die Möglichkeit der polnischen Seite, sich zu bewegen. Er setze darauf, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) als EU-Ratspräsidentin "die Polen bewegen" könne und diese "zur Einsicht kommen".
"Gestalten statt abschotten"
Die EU-Verfassung ist nach Ansicht des SPD-Außenpolitikers Hans-Ulrich Klose zur besseren Gestaltung der Globalisierung in Europa notwendig. Es sei besser, die Entwicklung zu gestalten, als sich abzuschotten. Regeln und Standards könnten mit einer EU-Verfassung besser entwickelt werden, sagte Klose. Er wünschte der Bundeskanzlerin mit ihrer zwischen "Hartnäckigkeit und Charme pendelnden Verhandlungsführung" viel Erfolg für den EU-Gipfel. Klose forderte außerdem ein klares Wort zu den Beitrittsverhandlungen mit der Türkei. Dies sei nach den Erklärungen des neuen französischen Regierungschefs Nicolas Sarkozy dringend geboten. Er erinnerte daran, dass sich die EU auf Verhandlungen "mit dem Ziel eines Beitritts geeinigt" habe. Dieses Ziel könne nicht von einem Mitgliedsland in Frage gestellt werden.
FDP-Chef Guido Westerwelle warnte ebenfalls vor einem Scheitern des bevorstehenden EU-Gipfels. Hier stehe Bundeskanzlerin Merkel und den folgenden zwei EU-Ratspräsidentschaften eine "unglaublich schwierige Aufgabe" bevor. "Wenn von Europa die Erweiterung übrig bleibt, aber nicht die Vertiefung, dann verliert Europa das Vertrauen der Bürger", sagte der FDP-Chef. Durch das Veto einzelner Staaten - "und mögen es unsere Nachbarn sein" - dürfe nicht der gesamte europäische Integrationsprozess abgebrochen werden.
Linksfraktion fordert Volksabstimmung
Die Linksfraktion im Bundestag hielt an ihrer Forderung nach einer Volksabstimmung über die künftige EU-Verfassung fest. Ein solches Referendum wäre ein gutes Mittel, die Menschen für Europa zu begeistern, sagte Linksfraktionschef Oskar Lafontaine im Bundestag. Die Menschen seien durchaus für die europäische Einigung zu gewinnen, "aber nur dann, wenn sie ihre Interessen auf der Ebene der Europäischen Union aufgehoben fühlen."
Die Grünen warnten vor zu großen Zugeständnissen bei der anstehenden Überarbeitung des EU-Verfassungsvertrages. "Wir brauchen eine verbindliche Grundrechtecharta", sagte Grünen-Fraktionschefin Renate Künast. Auch dürften die direkten Beteiligungsmöglichkeiten nicht ausgehebelt werden. Zudem müsse die Position eines europäischen Außenministers geschaffen werden, damit Europa handlungsfähiger werde.