Bilanz des G8-Gipfels in Heiligendamm Ein Riesenschritt nach vorne?
Viele Fragen bleiben nach dem G8-Gipfel offen: Wie geht es weiter mit dem Klimaschutz und mit der Afrika-Hilfe? Kanzlerin Merkel ist jedenfalls mit den Beschlüssen von Heiligendamm zufrieden und spricht von einem erfolgreichen Gipfel.
Von Anke Mai, BR, ARD-Hauptstadtstudio Berlin
War es die Abgeschiedenheit hinter einem zwölf Kilometer langen Stacheldrahtzaun, der sommerblaue Himmel über Heiligendamm oder einfach das persönliche Erfolgsrezept von Kanzlerin Angela Merkel: "Meeresluft ist klare Luft, die ordnet die Gedanken und konzentriert sie vielleicht auch ein bisschen auf das Wesentliche", gab sie zu verstehen.
In wesentlichen Punkten jedenfalls hat Merkel einen weiteren außenpolitischen Erfolg in ihrer Zeit als G8- und EU-Ratspräsidentin verbucht. Sie konnte wieder einmal vieles von dem durchsetzen, was sie sich vorgenommen hatte, obwohl man noch kurz vor dem Gipfel in Berliner Regierungskreisen gerade beim Klimaschutz nicht mehr mit einer Einigung gerechnet hatte. Das Wort Scheitern waberte über die Flure, am Ende aber war Merkel überzeugt: "Ich glaube, diesem Abkommen, dieser politischen Entwicklung, entkommt niemand. Das ist ein Riesenschritt nach vorne."
Schon in der Vergangenheit hatte sich ausgezahlt, dass die Chemie zwischen Merkel und US-Präsident George W. Bush stimmt. So konnte die Kanzlerin den US-Präsidenten zu einer Trendwende bewegen, wie sie selbst sagte. Künftige Klima-Verhandlungen sollen unter dem Dach der Uno gebündelt werden und über eine Reduzierung der Treibhausgase um 50 Prozent will Bush ernsthaft nachdenken.
"Dieser Moment kann sehr schnell verloren gehen"
Die Bilanz ist positiv, bescheinigte deshalb der Neuling auf dem G8-Gipfel, Frankreichs Präsident Nikolas Sarkozy der Bundeskanzlerin. Und auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon war zufrieden, warnte aber auch davor, jetzt in der Dynamik nachzulassen: "Dieser Moment kann sehr schnell verloren gehen. Wir müssen alles tun, um das zu verhindern."
Doch die Bedenken, dass den Versprechen von Heiligendamm keine Taten folgen könnten, lässt Angela Merkel nicht gelten. Ein Wermutstropfen mag sein, dass die sogenannten Schwellenländer wie China sich nicht auf feste Zusagen zur Reduzierung der Treibhausgase einlassen. Doch die Kanzlerin hat sie in den sogenannten Heiligendamm-Prozess eingebunden. Ihr Ziel war es, auf diese Weise den Dialog zu verfestigen und damit auch beim Thema Klimaschutz keinen mehr aus der Verantwortung zu entlassen: "Die Botschaft ist, dass wir ohne einander nicht mehr auskommen und die Globalisierung menschlich gestalten können", sagte Merkel.
Enttäuschung beim Thema Afrika
Das betrifft dann vor allem ihr letztes großes Ziel, mit dem sie sich allerdings in Heiligendamm nicht endgültig durchsetzen konnte. Gerade beim Schwerpunktthema Afrika enttäuschte sie dann doch diejenigen, die von ihr mehr erwartet hatten als die Absichtserklärung, ein Milliardenprogramm gegen Aids aufzulegen.
Die Kanzlerin hielt sich in Heiligendamm an das Machbare und unterstrich lieber die gute Atmosphäre, die schließlich auch dafür gesorgt hat, dass es im Raketenstreit zwischen USA und Washington nicht zum Eklat zwischen Bush und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin kam: "Es war vor allem wichtig, dass das Ganze in einer konstruktiven Atmosphäre stattgefunden hat. Es ist hier nie jemand in eine Ecke gestellt worden, das führt im übrigen auch nicht zu Lösungen. Aber damit sind natürlich nach zwei Tagen nicht alle Probleme der Welt gelöst."
Was geschieht mit dem Zaun?
Und so bleiben am Ende in Heiligendamm noch viele Fragen offen, wie es weiter geht mit dem Klima-Schutz und der Afrika-Hilfe oder welche Zukunft dem historischen Zaun von Heiligendamm droht. Angeblich interessieren sich Flughäfen und Zoos dafür. Doch wenigstens um diese Frage muss sich Merkel in der zweiten Halbzeit ihrer G8-Präsidentschaft nicht mehr kümmern.